{"id":3312,"date":"2022-10-02T09:00:19","date_gmt":"2022-10-02T07:00:19","guid":{"rendered":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/?p=3312"},"modified":"2022-10-01T09:38:48","modified_gmt":"2022-10-01T07:38:48","slug":"die-kolumne-investieren-nach-der-krise-leer-will-mit-zukunftsquartier-punkten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/startseite\/die-kolumne-investieren-nach-der-krise-leer-will-mit-zukunftsquartier-punkten\/","title":{"rendered":"DIE KOLUMNE – Investieren nach der Krise: Leer will mit Zukunftsquartier punkten"},"content":{"rendered":"

Die (Bau)Wirtschaft liegt fast am Boden, weil die Kosten steigen und steigen, die Zinsen sich in schneller Geschwindigkeit nach oben entwickeln. Zudem bricht der Konsum durch Rekordwerte bei der Inflation ein. Und was macht die Stadt Leer? Sie beschlie\u00dft, Weidefl\u00e4chen im Stadtteil Heisfelde zwischen Tulpenstra\u00dfe, Lupinen-, Distel- und Wollgrasweg bis zur Eisinghauser Stra\u00dfe zu einem modernen, innovativen, \u00f6kologisch-nachhaltigen Wohn- und Gewerbestandort zu entwickeln. Und das Ganze wird dann auch noch einstimmig von der Politik beschlossen, ohne dass in den Wochen zuvor \u2013 anders als in den vergangenen Jahrzenten meist geschehen \u2013 eine Information \u00f6ffentlich \u201eausgeplaudert\u201c wurde. Ist das nachvollziehbar? Ja. Ist das gut so? Ebenfalls ja.\u00a0Warum?<\/p>\n

Die Stadt Leer handelt in der Zeit der Wirtschafts- und Energiekrise antizyklisch. Das ist ein in der Theorie bekanntes Handeln, in der Politik aber eher selten zu finden. Gerade dann, wenn es am wenigsten sinnvoll erscheint, wird investiert. Denn die Wirtschaftsgeschichte zeigt: Nach jeder Talsohle geht es wieder aufw\u00e4rts. Darauf setzen die Verantwortlichen in der Ledastadt. In Leer wird dabei \u201egeklotzt\u201c: Die zu beplanende Fl\u00e4che ist 630.000 Quadratmetern gro\u00df \u2013 das sind satte 88 Fu\u00dfballpl\u00e4tze.<\/p>\n

Mit Blick auf die Gewerbefl\u00e4chen, die als G\u00fcrtel am Rand des Gebiets entstehen werden, gilt: \u00a0Nach Jahren der totalen Flaute, als viele Firmen sich weder erweitern noch neuansiedeln konnten, weil es keine Fl\u00e4chen gab, wird wieder Wirtschaftswachstum erm\u00f6glicht f\u00fcr Branchen, die nicht so gut f\u00fcr das erweiterte Gebiet in der Benzstra\u00dfe (ebenfalls beschlossen und mit F\u00f6rdermillionen abgesichert) geeignet sind. Das hatte B\u00fcrgermeister Claus-Peter Horst vor einem Jahr in seinem Wahlkampf vollmundig versprochen. Alle waren neugierig, welches Areal er als gelernter Stadtplaner im Blick hatte \u2013 jetzt wird es Realit\u00e4t.<\/p>\n

Die f\u00fcr neuen Wohnraum auserkorene ist einige der wenigen in der Stadt, die \u00fcberhaupt entwickelt werden kann. Leer hat im Westen und S\u00fcden mit Marschboden einen eher schlechten Baugrund, und im Osten mit Wallhecken-Strukturen, die man nicht zerst\u00f6ren will. Zwar steht diese Ausdehnung im Gegensatz zu der Ank\u00fcndigung von Stadtbaurat Rainer Kleylein-Klein, dass die Stadt in die H\u00f6he wachsen soll, aber nun soll in den n\u00e4chsten 10 bis 20 Jahren dort ein Quartier entstehen, dass sich mit der Innenstadtentwicklung und dem Gedanken der Nachhaltigkeit vereinbaren l\u00e4sst. \u00a0Wie viele Grundst\u00fccke das Gebiet haben wird, steht nach der ersten politischen Entscheidung nat\u00fcrlich noch nicht fest. Klar ist hingegen: Das Areal soll nicht nur Einfamilienh\u00e4user haben, sondern auch modernen und bezahlbaren Wohnraum in Mehrfamilienh\u00e4usern. Man darf gespannt sein, wie das planerisch gelingt \u2013 ein zweites \u201eEvertskamp\u201c ist auf jeden Fall zu vermeiden. Dort gab es nach der Fertigstellung in den 1990er Jahren lange Diskussionen, dass \u201eHochh\u00e4user\u201c mit zwei bis drei Stockwerken direkt neben schicken Einzelh\u00e4usern errichtet wurden.<\/p>\n

Die Stadt w\u00e4re gut beraten, sich bei der Entwicklung des Quartieres deutschlandweit umzusehen. Dann ist das Ziel des modernsten Stadtteils in jeglicher Hinsicht erreichbar. Gerade in den Metropolen wird viel Geld in die Hand genommen, um durch umfangreiche Ideenwettbewerbe mit Profis aus aller Welt die besten L\u00f6sungen zu entwickeln, die f\u00fcr manch einen heute noch absolute Utopie erscheinen. Es geht um eine lange Liste an Zukunftsthemen: nachhaltige nicht-fossile Energieversorgung bzw. auch -erzeugung, soziale Vereinbarkeit verschiedener Wohnformen f\u00fcr jedes Alter, ausreichend Allgemeinfl\u00e4chen f\u00fcr die Lebensqualit\u00e4t, E-Mobilit\u00e4t, digitale und moderne Sicherheitstechniken mit Steuerung der Beleuchtung, Entsorgung etc. Auch bei der Wahl der Baustoffe gehen die Kommunen mittlerweile teilweise so weit, dass sie die Wiederverwertung von Rohstoffen aus Abrissen (\u201eKreislaufwirtschaft\u201c) und \u00f6kologische Fassaden- und Dachgestaltungen mit Gr\u00fcn vorschreiben. Hauptsache, der Bau und die Erschlie\u00dfung bleiben f\u00fcr ostfriesische Verh\u00e4ltnisse bezahlbar. Wie das gelingen kann? \u2013 Schon heute alle F\u00f6rderprogramme w\u00e4lzen, die die \u00f6ffentlichen Teile \u201esubventionieren\u201c. Insgesamt also eine mehr als spannende Herausforderung f\u00fcr die Leeraner Stadtverwaltung. Man w\u00e4chst bekanntlich an den Aufgaben.<\/p>\n

Einen kleinen Wermutstropfen bringt diese Stadtentwicklung dennoch mit sich: Wie schon seit \u00fcber 20 Jahren, wird die Stadt nicht selbst als Entwicklungstr\u00e4ger auftreten. Das bedeutet: Eine der wichtigsten Einnahmequellen neben der Gewerbesteuer bleibt ein weiteres Mal ungenutzt. Andere St\u00e4dte \u2013 so Papenburg mit dem Kapit\u00e4nsviertel, wo mehrere hunderte Grundst\u00fccke erschlossen und mit Ertrag verkauft wurden \u2013 nutzen den Verkauf vom Grundst\u00fccken als Einnahmequelle. Immerhin: Das neue Gebiet wird mit der Nieders\u00e4chsischen Landgesellschaft (NLG) erschlossen, die dem Land Niedersachsen, Kommunen sowie einigen Banken geh\u00f6rt, und daher nicht gewinnorientiert agiert. Das wird sich auf die Preise pro Quadratmeter gut auswirken \u2013 in Zeiten steigender Baukosten ein wichtiger Faktor f\u00fcr Bauherrn.<\/p>\n

Erfreulich ist, dass die Stadt mit der NLG einen Partner hat, der auf Partnerschaft setzt. Das betrifft vor allem die Mitsprache bei der Vergabe der Fl\u00e4chen. Vor allem aber muss sie nun ihre Hausaufgaben machen, um mit ihrem Einfluss durch Bau- und Genehmigungsrecht zu erreichen, dass das neue Quartier wirklich zu den modernsten in jeglicher Hinsicht weit und breit wird. Man darf also gespannt sein, was am Stadtrand ab fr\u00fchestens Mitte 2024 aus dem Boden \u201ewachsen\u201c wird.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Die (Bau)Wirtschaft liegt fast am Boden, weil die Kosten steigen und steigen, die Zinsen sich in schneller Geschwindigkeit nach oben entwickeln. Zudem bricht der Konsum durch Rekordwerte bei der Inflation ein. Und was macht die Stadt Leer? Sie beschlie\u00dft, Weidefl\u00e4chen im Stadtteil Heisfelde zwischen Tulpenstra\u00dfe, Lupinen-, Distel- und Wollgrasweg bis zur Eisinghauser Stra\u00dfe zu einem<\/p>\n","protected":false},"author":3,"featured_media":2481,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[38,37],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3312"}],"collection":[{"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/3"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=3312"}],"version-history":[{"count":1,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3312\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":3313,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/3312\/revisions\/3313"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/2481"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=3312"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=3312"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=3312"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}