{"id":4167,"date":"2024-03-24T08:54:38","date_gmt":"2024-03-24T07:54:38","guid":{"rendered":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/?p=4167"},"modified":"2024-03-24T09:19:43","modified_gmt":"2024-03-24T08:19:43","slug":"truegerische-sicherheit-und-martialische-schlaege","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/hartwig-am-sonntag.de\/startseite\/truegerische-sicherheit-und-martialische-schlaege\/","title":{"rendered":"Tr\u00fcgerische Sicherheit und martialische Schl\u00e4ge"},"content":{"rendered":"

7. Konzert \u00a02023\/24: Lisa Ferschtman, Ivan Karizna und Enrico Pace zu Gast in Leer<\/p>\n

Von Barbara Fischer*<\/p>\n

LEER <\/strong>Nicht ein Schlag, nein, viele Schl\u00e4ge, unbarmherzig, brutal, innervierend, kalt, in ihrer Rohheit gef\u00fchllos. Gnadenlos. Nein, eine milde Vorfr\u00fchlingsahnung verbreitete das \u201eGrand Duet“ f\u00fcr Violoncello und Klavier von Galina Ustvolskaya nicht. Im Gegenteil: Schmerz, Qual, den Tod vor Augen pr\u00e4gen die Grundstimmung des Werkes. Dabei hatte alles so gut angefangen, bei diesem vorletzten Saisonkonzert des Vereins junger Kaufleute in Leer.<\/p>\n

Ein Sonntagabend und Schubert, das passte gut zusammen. Verhalten die ersten T\u00f6ne vom Fl\u00fcgel, mit denen Enrico Pace das Publikum in die Violinsonate A-Dur, genannt \u201eGrand Duo“, mit hineinnahm. Still verhalten blieb es aber nicht lange; gleich vorgezogenem Aprilwetter wechselten unvermittelt Licht und Schatten, Rasanz und Liedhaftes, Gewitter und Sonnenschein. Das war so recht etwas f\u00fcr die schwungvolle und frische Herangehensweise von Lisa Ferschtman und Pace, die das zweihundert Jahre alte Werk in moderne, hellwache Expressivit\u00e4t f\u00fchrten. Luft holen, Innehalten, nach innen horchen. Nach soviel agiler Aufbruchsstimmung gaben J\u00f6rg Widmanns \u201eVier Strophen vom Heimweh“ f\u00fcr Violine und Violoncello (Ivan Karizna) in ihrer klangvollen Beinahe-Unh\u00f6rbarkeit ein St\u00fcck mentale Sicherheit zur\u00fcck. Eine tr\u00fcgerische Sicherheit, die wie aus dem Nichts durch diese martialischen Schl\u00e4ge zertr\u00fcmmert wurde. Ustvolskayas \u201eGrand Duet“ ist ein Werk, das die H\u00f6rermeinungen spaltet, von \u201eDas hatten wir doch alles schon mal“ \u00fcber \u201eWas soll das?“ bis zu einem (klingenden) Finger auf dem wunden Punkt. Die eigene Verfassung steuerte die Reaktion auf die Begegnung mit Kl\u00e4ngen, die Leid, Angst, Panik, Wut und Hass auszudr\u00fccken scheinen, die eine Null-Linie zwischen Existenz und Nicht-mehr-sein beschreiben, und dem kurzfristigen \u201eHimmel“ zwischen Schrapen und S\u00e4gen nur ein hauchd\u00fcnnes Leben g\u00f6nnen.<\/p>\n

Wer schreibt solch eine Musik und warum, f\u00fcr wen? Muss Musik im Konzertsaal immer gefallen? Darf, kann, soll sie provozieren? In jedem Fall ist es gut, das Werk einmal geh\u00f6rt und erlebt zu haben, und die eigene Bereitschaft, dieses oder Vergleichbares zuzulassen, auszuhalten, zu \u00fcberdenken. Das Trio Ferschtman, Karizna und Pace lie\u00df weder locker noch nach, sowohl die gro\u00dfe Form mit dem Trio c-Moll von Schostakowitsch als auch die kleine wie in zwei weiteren kurzen Duos von Widmann konditionsstark und spannungsvoll zu interpretieren, das Publikum mental und in der Konzentration herauszufordern. Am Schluss dieses geballten, aber so gut gebauten Programmes stand das Trio c-Moll von Brahms: noch einmal gro\u00dfe Gesten, noch einmal orchestrale Klangf\u00fclle, noch einmal gro\u00dfe Emotionen.<\/p>\n

Es gab viel zu h\u00f6ren an diesem intensiven Abend, fast zuviel. So stimmte die Zugabe, das Menuett aus Schumanns \u201eFantasiest\u00fccken“, auf eine gewisse Art vers\u00f6hnlich.<\/p>\n

\"\"* Hinweis:\u00a0Diese Konzertkritik wird auf\u00a0Hartwig am Sonntag\u00a0ver\u00f6ffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein unter\u00a0www.vjk-leer.de<\/a><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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