Aufgeschnappt – 27. Juni 2021

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Von hochgekochten Gerüchten

So richtig „hochgekocht“ ist in den vergangenen Tagen die politische Gerüchteküche in der Stadt Leer. Worum es ging? Um die Kandidatenliste der CDU für die Stadtratswahlen im September. Auf der Liste, die vor der gestrigen Mitgliederversammlung kursierte, stand ein Kandidat, der erst wenige Tage zuvor in zweiter Instanz wegen des Besitzes von Kinderpornografie verurteilt worden sein sollte. Dieser Bewerber – so die Gerüchte – arbeite mit seiner beruflichen Expertise aus vielen Jahren Medienerfahrung und in der Unternehmenskommunikation für einen großen Konzern zudem seit Jahren als Arbeitnehmer für den hiesigen CDU-Landtagsabgeordneten Ulf Thiele und berate und unterstütze die Bürgermeisterin der Stadt Leer, Beatrix Kuhl. Das das für Diskussionen sorgt, ist verständlich.

Zu den recherchierten Fakten: Ja, es hat eine zweitinstanzliche Verurteilung – zum Schutz der Betroffenen – in einem nichtöffentlichen Verfahren gegeben. Das Urteil, das dem Vernehmen nach eine Geldstrafe in geringem Ausmaß nach sich ziehen wird, ist noch nicht rechtskräftig. Ja, der Verurteilte hat für Ulf Thiele gearbeitet. Dieser bestätigte auf Anfrage, das man sich in der zurückliegenden Woche im gegenseitigen Einvernehmen auf eine Beendigung der Zusammenarbeit verständigt habe. Nein, der Betroffene hat die Bürgermeisterin Kuhl nicht unterstützt, wie die Christdemokratin auf Anfrage unmissverständlich klargestellt hat. Und was ist mit der Kandidatur? Die wird es nicht geben. Warum, wieso, weshalb dann die gesamte Aufregung? Nun, im offiziellen Sprachjargon aus dem Parteiumfeld heißt es sinngemäß: Der Name des Parteimitglieds sei auf eine vorab kursierenden Kandidatenliste auf dem letzten Listenplatz gekommen. Dies sei ohne Wissen und Zustimmung des Parteimitglieds geschehen. Dieser habe, als er davon gehört habe, unmissverständlich deutlich gemacht, dass er an einem Listenplatz kein Interesse habe und auf eine Kandidatur verzichte. Gut so, auch wenn das Ganze ein bißchen merkwürdig wirkt. Denn wenn diese Kandidatur zustande gekommen wäre, dann hätte man selbst als überzeugter Christdemokrat nur dazu aufrufen müssen, die Leeraner CDU nicht zu wählen. Sei´s drum. Es ist jetzt alles gesagt. Im Interesse des familiären Umfeld des Betroffenen sind alle aufgefordert, sich zu dem Thema am besten nicht mehr zu äußern – und wenn, dann bitte nur mit Fakten und nicht mit Gerüchten.

Zum Abschluss noch ein Wort zu den Listen (klicken Sie hierDie CDU-Kandidaten – die Übersicht der Namen), die die Mitglieder gestern aufgestellt haben. Sie spiegeln letztlich den Machtkampf zwischen dem weitgehend zurückgetretenen Stadtverbandsvorstand um Ulf-Fabian Heinrichsdorf und der amtierenden Bürgermeisterin Kuhl wider. Erneut waren es die Kuhl-Anhänger, die sich – wie schon bei der Entscheidung zwischen Kuhl und Andre Willems in der Frage der Bürgermeisterkandidatur-Unterstützung -, die sich durchsetzen, als es um die Position des Ex-Vorsitzenden Heinrichsdorf ging. Der steht nun auf dem letzten Platz, nachdem er zunächst auf Platz 1 verzichtet und dann in der Abstimmung um Platz 2 gegen Hiltrud Richmond unterlag. Fazit: Ruhiges politische Fahrwasser geht anders…


Von einer „Vollsperrung“

Am Donnerstag hat die Stadtverwaltung eine Medieninfo zum Umbau der Kreuzung am Bummert herausgegeben. Darin wurden zwei Mitteilungen versandt. Zum einen die offizielle Bekanntmachung, zum anderen eine Presseinformation. Auf den ersten Blick ist das ok. Aber wer sich die Mühe machte, beide Mitteilungen zu lesen, der war genauso schlau wie vorher. Warum? In der offiziellen Bekanntmachung heißt es: „Aus diesem Grund ist es erforderlich, die Kreuzung gem. § 45 StVO für jeglichen Kraftfahrzeugverkehr voll zu sperren. Die Sperrung beginnt ab dem 30.06.2021 und dauert voraussichtlich bis zum 30.11.2021 (…) Die Fahrradfahrer können den Kreuzungsbereich leider auch nicht passieren.“ In der zweiten Mitteilung heißt es: „Fußgänger und Radfahrer können den Bummert während der gesamten Bauzeit passieren. Dort, wo es im Baustellenbereich eng wird, müssen Radfahrer jedoch absteigen. Hier ist gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich.“ Und eine Vollsperrung nach Definition der Stadtverwaltung ist, wie beide Texte beim genauen Lesen erkennen lassen, auch dann eine „Vollsperrung“, wenn im ersten Bauabschnitt die Autos aus Richtung Ubbo-Emmius-Straße noch in den Kreuzungsbereich einfahren können, um in die Heisfelder Straße einzubiegen, Für Klarheit sorgte dann letztlich eine grafische Aufarbeitung, die eine knappe Stunde später folgte (klicken Sie hier). Was soll´s. Spätestens, wenn die Bauarbeiten Ende Juni beginnen, werden alle wissen, was gemeint war. Dann werden auch die betroffenen Anwohner, die die geplanten Umleitungen aus der Zeitung erfuhren und nicht vorab informiert wurden, wissen, was das für sie bedeutet. Auf jeden Fall starke Nerven müssen sie haben. Spannend wird es eh, da ja parallel – wie sollte es auch anders sein – der Stadtring ab Mitte Juli bis Mitte Oktober auch saniert wird. Was soll´s. Ende des Jahres (warum dauert eine Baustelle heutzutage eigentlich immer eine gefühlte Ewigkeit?) wird das Dauerthema Bummert – hoffentlich – Geschichte sein und dann werden alle Verkehrsteilnehmer – inklusive der vielen tausend Schüler – fein und artig die Signale der neuen, großen Ampelanlage befolgen und der statistische Unfallschwerpunkt ist endlich entschärft…


Von einer neuen Fluglinie

Na, diese Nachricht wird die Verantwortlichen des Flugplatzes Leer-Nüttermoor ja so richtig gefreut haben. Seit vielen Jahren wird der Flugplatz mit Steuergeldern bezuschusst und durch Fördermittel modern gehalten (lesen Sie hier den Hintergrundbericht Flugplatz Leer: Das besondere Geschäftsmodell). Ein wesentlicher Faktor dafür: die Meyer Werft. Sie nutzt den Flugplatz seit vielen Jahrzehnten. Vor Corona-Zeiten waren in Nüttermoor zwei Maschinen fest „stationiert“. Während der Pandemie war es dann nur noch eine. Nun hat die Werft medial mit Freude verkündet, dass sie ab September die neue feste Fluglinie vom Flughafen Groningen-Eelde nach Turku nutzen werde. Man habe gemeinsam mit Green Airlines den Grundstein für die Linie gelegt und freue sich „als europäisches Unternehmen über jegliche Verbesserung der regionalen Infrastruktur“, hieß es von der Werft. Was das für den Flugplatz im Kreis Leer bedeutet? Auf jeden Fall eine wirtschaftliche Schwächung, denn der Betrieb wird auch dadurch finanziert, dass dort stationierte Maschinen betankt werden. Erfahren haben die Flugplatz-Verantwortlichen von dem Thema dem Vernehmen nach übrigens aus der Zeitung. Dazu lässt sich feststellen: Es gab Zeiten, da hatte die Werft ein besseres Netzwerkmanagement und dachte mehr für die Region mit. Es bleibt also spannend beim Flugplatz und bei den nächsten Gesellschafterversammlungen – auch mit Blick auf den neu zu fassenden Gesellschaftervertrag…


Von Rückenwind und Mathematik

So ein Ergebnis als Parteiloser bei einer Abstimmung einer Partei zu erreichen, ist nicht selbstverständlich. Bürgermeisterkandidat Claus-Peter Horst hat am Samstag bei der Mitgliederversammlung der SPD laut Darstellung in seinem Facebook-Account 99 Prozent Zustimmung von den 68 anwesenden Mitgliedern bekommen. 99 Prozent bei 68 abgegeben Stimmen? Da kann also nur ein Mitglied nicht für ihn gestimmt haben. Das macht dann 98,52 Prozent. Also aufgerundet dann 99 Prozent und damit korrekt. Bei der SPD intern funktioniert das Aufrunden problemlos (was aber so nicht nötig gewesen wäre, denn auch 98,52 sind mehr als beachtlich). Herr Horst sollte sich nur nicht zu sehr an Aufrundungsmöglichkeiten gewöhnen. Denn bei der Wahl im September könnte es sein, dass es auf jede Nachkommastelle ankommt…

 

Digitaltipp: Video zum Bummert

Seien wir ehrlich: Ein Tag ohne Tee ist für einen Ostfriesen absolut undenkbar. In gewisser Weise ist er für Wer nachvollziehen möchte, warum die Kreuzung am Bummert fünf Monate für den Bau einer Ampel gesperrt sein wird, der kann sich das Video (hier klicken) ansehen, das der Politik 2018 präsentiert wurde. Es zeigt die Verkehrssituation am Bummert aus der Vogelperspektive dargestellt.

Munter holln und einen schönen Sonntag. Bis nächste Woche HH


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    Holger HartwigAufgeschnappt – 27. Juni 2021