ulbauoffensive, Wärmeplanung, Digitalisierung, Innenstadtstärkung, Gewerbe- und Wohngebietsentwicklung – das sind die größten „Baustellen“, die auf einen Mann warten, der im Rathaus der Stadt Leer sehnlichst erwartet wird: Jens Lüning. Nach Jahren der Führungslosigkeit – erst war die Stelle unbesetzt, dann folgte mit Rainer Kleylein-Klein ein millionenschweres Missverständnis – soll Lüning den Baubereich führen und als Mitglied der Führung im Rathaus Akzente setzen. Dabei kommt es weniger auf Visionen, wie z.B. „Leer muss in die Höhe wachsen“ seines gescheiterten Vorgängers an, sondern auf die Umsetzungsfähigkeiten vorhandener Projekte.
„Rote Zahlen werden 2025 bei uns Realität und bundesweit droht ein unkontrolliertes Krankenhaussterben“
„Auf einen Tee mit …“ – Daniela Kamp, Geschäftsführerin der Klinikum Leer gGmbH
LEER Seit September 2024 ist Daniela Kamp in große Fußstapfen getreten: Sie hat die Geschäftsführung der Klinikum Leer gemeinnützige GmbH übernommen. Die 48-jährige Betriebswirtin mit Schwerpunkt Gesundheitswesen kennt das kreiseigene Unternehmen bestens – seit 2001 hat sie in verantwortlichen Positionen, zuletzt als Kaufmännische Leiterin und Prokuristin, die positive Entwicklung des Klinikums mitgestaltet. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht die gebürtige Meppenerin über „Rote Zahlen“ in 2025, die Baumaßnahmen am Standort Leer und über die Schaffung einer Fachklinik für Psychatrie am Standort Weener. Weitere Themen sind die Mini-Klinik auf Borkum, die Krankenhausreform und erklärt, warum der Klinikverbund bei der Personalbeschaffung gute Karten hat.
Geschäftsführerin des Klinikverbundes zu sein, bedeutet für mich …
… eine große Verantwortung, die ich gerne und sehr bewusst übernommen habe. Die Häuser zu führen, macht viel Freude.
Die Nachfolge eines langjährigen erfolgreichen Geschäftsführers anzutreten heißt …
… in große Fußstapfen zu treten. Holger Glienke hat den Klinikverbund 20 Jahre lang stark geprägt und ein sehr gut aufgestelltes Haus hinterlassen. Wir haben über 20 Jahre sehr gut zusammengearbeitet. Ich bin zwar anders, aber trotzdem zuversichtlich, dass sich unser Klinikverbund weiterhin gut entwickeln wird.
Mit zwei Frauen an der Spitze gemeinsam ein weibliches Führungstrio eines Klinikverbundes zu bilden, ist …
… toll. Wir haben einen kurzen Draht und verstehen uns sehr gut. Etwas salopp formuliert ist unser Haus in weiblicher Hand (lacht). Das war nicht immer so, gerade in meiner Anfangszeit war ich bei vielen Besprechungen und Verhandlungen die einzige Frau.
Die größte Herausforderung für unsere drei Häuser ist, dass …
… wir eine nicht ausreichende Betriebskostenfinanzierung haben. Die deutschen Krankenhäuser haben keinen Inflationsausgleich für ihre steigenden Kosten, beispielsweise im Energie- oder Personalbereich erhalten. Dieser wäre dringend erforderlich. Der Basisfallpreis wurde nur anteilig erhöht und die Finanzierungslücke liegt zwischen 6 und 10 Prozent.
Rote Zahlen sind für unsere Klinik-GmbH und die Tochtergesellschaften …
… in 2025 leider Realität. Wir werden erstmals seit über zwei Jahrzehnten ein negatives Jahresergebnis ausweisen. Bislang konnten wir die erhöhten Kosten kompensieren. Das schaffen wir nicht mehr. Wir befinden uns dabei in „bester Gesellschaft“ mit vielen anderen Häusern. Wenn die Rahmenbedingungen nicht grundsätzlich angepasst werden, droht bundesweit ein unkontrolliertes Krankenhaussterben.
Wer sagt, dass bei einem guten Krankenhaus immer ein Baukran steht, dem antworte ich, dass …
… das ein Zeichen für Fortschritt ist. Wir entwickeln uns weiter und sichern den wirtschaftlichen Erfolg. Zu sagen, dass ein Krankenhaus auch immer eine Baustelle ist, weckt sicherlich falsche Assoziationen. Allerdings muss auch ein Krankenhaus permanent nicht nur medizinisch und organisatorisch, sondern auch baulich an sich arbeiten.
Die wichtigsten Investitionen in den kommenden Jahren sind aus meiner Sicht …
… der aktuelle Neubau, in den wir bis zum dritten Quartal 2027 etwa 60 Millionen Euro investieren werden. Wir gestalten in zwei Bauabschnitten den Eingangsbereich neu, schaffen zusätzliche OP-Kapazitäten, weitere Stationen, eine ambulante Rehabilitation sowie neuen Parkraum. Wir setzen damit die vielen Investitionen der letzten Jahre fort. Insgesamt haben wir seit fast 20 Jahren pro Jahr durchschnittlich etwa zehn Mio. Euro investiert. In Summe sind das etwa 170 bis 180 Mio. Euro Investitionen in unsere Häuser in Leer, Weener und auf Borkum.
Für das Rheiderland-Krankenhaus ist es wichtig, dass …
… wir dort eine Fachklinik für Psychiatrie etablieren können. Wir hoffen auf den Bescheid vom Ministerium in Hannover, in Weener in einem mehrstufigen Verfahren ein psychiatrisches Fachkrankenhaus errichten zu dürfen. Im zweiten Quartal 2025 wird der Neubau in Weener fertig sein, dann sind wir startklar und könnten mit 52 Betten den Betrieb aufnehmen. Später könnten wir durch weitere Um- und Neubaumaßnahmen sukzessive bis zu 120 Betten in Betrieb nehmen.
Die kleinste Klinik Deutschlands mit nur acht Betten auf Borkum betreiben wir …
… als Haus für die Erstversorgung der Insulaner, Kurgäste und Urlauber. Es ist ein rein internistisches Haus und das Land Niedersachsen hat es als sogenanntes Sicherstellungshaus als bedarfsnotwendig eingestuft. Wir erhalten für den Betrieb des Hauses einen Sicherstellungszuschlag, weil sich die hohen Vorhaltekosten nicht durch die normalen Krankenhausleistungen finanzieren lassen.
Ausreichend Personal werden wir immer finden, wenn wir …
… mit unseren Mitarbeitenden wertschätzend umgehen, auf Augenhöhe kommunizieren und gute Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung bieten. Neben diesen Aspekten stellen wir fest: Die Bewerber, die in unser Haus kommen, sind beeindruckt, weil es keinen Investitionsstau gibt und wir wirtschaftlich gut aufgestellt sind. Vielfach berichten auch Mitarbeitende Freunden und Verwandten vom Klinikum als guten Arbeitgeber.
Die aktuelle Krankenhausreform ist …
… erforderlich. Aber: Das, was wir jetzt sehen, ist unstrukturiert und wenig ausgegoren. Die versprochene Auswirkungsanalyse der Reform liegt nicht vor. Es ist aus meiner Sicht grob fahrlässig, dass ein Land bei so etwas Wichtigem wie die medizinische Versorgung der Bevölkerung in die Ungewissheit gestürzt wird. Vorbild war eine Veränderung in Nordrhein-Westfalen, aber dabei ging es auch stark um den Abbau von Bettenkapazitäten. Die Situation und die gewählten Kriterien sind für ein Flächenland wie Niedersachsen nicht einfach übertragbar. Die Reform benötigt zeitnah eine Anpassung bzw. Überarbeitung.
Von der Politik wünsche ich mir, dass …
… Krankenhausbehandlungen wieder auskömmlich bezahlt werden und Krankenhausgesetze, die gut ausgearbeitet und vorbereitet werden mit einer längeren Halbwertzeit. Das schafft die dringend benötigte Planungssicherheit und würde allen Kliniken sehr helfen.
Zu dem Miteinander von Klinikum und Borromäus-Hospital als Krankenhäuser im Kreis Leer fällt mir ein, dass …
… es viele Anknüpfungspunkte gibt, wie wir gemeinsam besser sein könnten.
Wenn ich auf meinem Fahrrad sitze, dann …
… fahre ich gerne durch den Landkreis in die unterschiedlichsten Richtungen. Ich fühle mich hier in der Region sehr wohl und bin ein Leer-Fan.
Mein Hund ist …
… (lacht) süß und begleitet uns fast überall hin. Er geht mit seiner platten Hund-Schnauze schnarchend durchs Leben. Das wird oft als Knurren missverstanden.
Ein Fehler von mir ist …
… zu pingelig zu sein, wenn ich bestimmte Vorstellungen habe, und diese nicht so umgesetzt werden, wie ich es mir vorstelle. Bei bestimmten Themen – z.B. Bürokratie – kann ich mich in Rage reden; hier sollte ich gelassener reagieren.
Meine Familie ist für mich …
… sehr wichtig. Sie ist Ruhepol und Rückzugsort.
Sport ist für mich …
… befreiend. Er hilft mir, den Kopf frei zu bekommen und Anspannung abzubauen.
Mein Lebensmotto ist …
Ich habe keines. Ich habe zu vielen Situationen im Leben zwar einen passenden Spruch, würde aber sagen, dass ich eine moralische Werteschnur habe, an die ich mich halte.
Mein Lieblingsplatz im Kreis Leer ist …
… im Hammrich, in der Altstadt, am Hafen. Ich genieße es, mit dem Fahrrad oder auch zu Fuß unterwegs zu sein. Es gibt viele Plätze im Kreis, die mir gefallen und an denen ich mich wohl fühle.
Ich kann mich so richtig aufregen über …
… bürokratische Unnötigkeiten, z.B. wenn mehrere Statistiken für das gleiche Thema ausgestellt werden müssen.
Ich kann mich so richtig freuen über …
… Erfolge, die wir gemeinsam im Team erreicht haben und über positive und motivierte Mitarbeitende, die sich mit Freuden einbringen und tatkräftig mit guten Ideen unser Team bereichern.
Mein letztes Urlaubziel war …
… Schottland.
Ich habe das letzte Mal gelogen, als …
Ich sage es einmal so: Es gibt sicherlich Situationen, in denen man etwas weglässt oder nicht alles sagt, was man denkt.
Das letzte Buch, das ich gelesen habe, handelte von …
… dem Zusammenhang bzw. der Nicht-Vereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und den Klimafolgen. Das war hochinteressant.
Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzlerin sein könnte, dann würde ich gerne als erstes …
… das Gesundheitswesen grundlegend reformieren, indem ich beispielsweise nach dem skandinavischen Vorbild die doppelte Facharztstruktur mit freier Arztwahl abschaffen und das Krankenkassensystem neu aufstellen würde.
Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir …
… für meine Familie Gesundheit, für mich etwas mehr Zeit mit meiner Familie, und für uns alle mehr Stabilität im Gesundheitswesen.
Daniela Kamp gestaltet seit 2001 die Entwicklung der Klinikum Leer gGmbH in verantwortlichen Positionen mit. Seit September 2024 hat sie die Geschäftsführung der kreiseigenen gGmbH übernommen.
Foto: Klinikum Leer gGmbH
DIE KOLUMNE – Stadt sagt Nein zu Verträgen: Tennet-Ansiedlung droht das Aus
Schlimmer geht nimmer – das sollte meinen, wer von außen auf die Beziehung zwischen der Stadt und dem Kreis Leer schaut. Stress mit Klage bei der Höhe der Kreis- und Sonderumlage, seit Jahren kein wirkliches Vorankommen beim EWE-Campus und auf der Arbeitsebene bei Planungs- oder Baugenehmigungen immer wieder Konfrontationen. Die werden nicht öffentlich, weil private Investoren beteiligt sind. Jetzt kommt es doch noch schlimmer: Die Vertreter der Stadt Leer werden – Stand heute – in der in Kürze anstehenden Gesellschafterversammlung der Leer-Nord GmbH den vom Kreis entwickelten Verträgen mit Tennet nicht zustimmen. Im Klartext: Die millionenschwere Ansiedlung droht zu scheitern.
„Die menschliche Verbundenheit und Freude, die wir mit dem Hafen und unseren Aktivitäten schaffen, ist gewaltig“
Auf einen Tee mit … – Heute mit Eilert Stöter, Vorsitzender des Schipper Klottje Leer e.V.
LEER Er ist einer der prägenden Köpfe, wenn es in Leer um Traditionen auf und neben dem Wasser geht: Eilert Stöter. Der 73-Jährige Rentner, der viele Jahre beim Backring Nord in Logabirum die Geschäfte führte und bis heute Geschäftsführer der Prahm Holding ist, engagiert sich seit Jahrzehnten im Vorstand des Püntenvereins, der Schippergilde „Friedrich“ und des Schipper-Klottje Leer. Beim Schipper-Klottje ist er nun zum Vorsitzenden gewählt worden. Sein Verein verantwortet aktuell den „Wiehnachtsmarkt achter d´ Waag“. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht Stöter über die Arbeit des Vereins, den Muesumhafen und die neue Uferpromenade. Weitere Theme sind die Bedeutung des Wirkens der Eheleute Lore und Günther Prahm und seinen ganz persönlichen „Herzensmoment“ auf dem Weihachtsmarkt an der Waage.
Das Beste an unserem „Wiehnachtsmarkt achter d´ Waag“ ist …
… die super Atmosphäre vor traumhafter Kulisse. Da passt wirklich an den vier Adventssonntagen alles zusammen.
DIE KOLUMNE: „Leer-kann-mehr“-Bürgermeister wird zum Leeraner „Schuldenmeister“
Das, was in diesen Tagen im Leeraner Rathaus final vorbereitet und durch die Politik beschlossen wird, ist ein radikaler Kurswechsel. Über zwei Jahrzehnte wurde alles getan, um von den „Miesen“ herunterzukommen. Nun sollen bis 2029 die Schulden der Stadt von derzeit 55,7 Mio. Euro auf über 112 Mio. Euro (!) ansteigen. Damit wird die Stadt einen Kreditbestand so hoch wie noch nie haben. Kurzum: Der „Leer-kann-mehr“-Bürgermeister Claus-Peter Horst wird vom Bürger- zum „Schuldenmeister“.
„Leer muss langfristig als Wohn- und Lebensort attraktiv bleiben – damit sichern wir die Zukunft der Innenstadt“
„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Jan-Wilhelm Dörries, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Leer e.V.
LEER Seit Oktober hat er den Vorsitz der Werbegemeinschaft Leer übernommen: Jan-Wilhelm Dörries. Der 40-Jährige ist Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung der Leeraner Kaufhausgruppe Ceka. Der gebürtige Leeraner spricht in der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ über die Bedeutung der Adventszeit für die Kaufleute in Leer, die Einzigartigkeit der Weihnachtsverlosung und die größte Herausforderung – die Vermeidung von Leerstand.
„Erste Hilfe? Es sollte eine Pflicht sein, regelmäßig die Kenntnisse aufzufrischen“
Auf ein Tee mit… – Heute mit Markus Wucherpfennig, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Leer
LEER/PAPENBURG Seit zwei Jahren ist Markus Wucherpfennig eines der Gesichter der Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Kreis Leer. Zum einen ist der Papenburger seit 2022 Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes, zum anderen seit 1. April Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der Familienvater, der seit seinem Zivildienst mit dem DRK verbunden ist und Notfallsanitäter und Fachwirt Gesundheit und Soziales ist, über die Vielfalt des DRK-Angebotes, die Rettungsdienstschule in Leer sowie den Neubau der Rettungswache in Leer und den „BIK-Bus“.
DRK-Kreisgeschäftsführer zu sein, ist für mich eine Herausforderung, weil…
… ich für ein großes Spektrum an Themen, die wir als Kreisverband abdecken, die Verantwortung trage. Wir haben jeden Tag mit Menschen, Institutionen und ehrenamtlich aktiven Helfern in den Ortsvereinen zu tun. Die Arbeit an der Spitze eines funktionierenden Mitarbeiterteams ist abwechslungsreich und sehr interessant.
Aufwühlendes Programm als Glücksgriff
Verein Junger Kaufleute: Amantis-Trio zu Gast im Theater an der Blinke
Von Barbara Fischer*
LEER Nicht versäumen, bitte: In vier Sätzen von Bonn nach Wien inklusive Stadtbummel durch die Gassen unter fachkundiger Führung und obligatorischem Kaffeehaus-Besuch. Zu buchen beim Amatis Trio oder beim Verein junger Kaufleute in Leer. Empfohlen wird ebenso die Teilnahme an einem Ausflug an den Fuß der Schweizer Alpen vom selbigen Veranstalter, wie auch das Top-Erlebnis einer überwältigenden Werk-Expressivität zum Abschluss dieses außerordentlichen Kurztrips.
Das Theater an der Blinke hätte daher etwas besser besetzt sein können; ein Teil der Gäste war vielleicht enttäuscht, den Sänger und Rezitator Thomas Quasthoff nicht erleben zu können, da dieser krankheitsbedingt absagen musste. Einem anderen Teil mag das eigentlich geplante Programm mit Musik aus den 1920ern sowie Feldpostbriefen aus dem Ersten Weltkrieg unbequem oder auch belastend gewesen sein.
Das Amatis Trio jedoch „pur“, mit einem zwar völlig anders gelagerten, doch nicht minder ansprechendem oder aufwühlenden Programm hören zu können, entpuppte sich als großer Glücksgriff. „It’s a joy“, so fasste Cellist Samuel Shepherd das Beethovensche Klaviertrio Es-Dur op. 1, Nr.1 zusammen, das mit Wohlklang und einer Fülle kleiner und kleinster Motive aufwartet. Nicht nur für das Publikum besaß das Werk hohen Unterhaltungswert, auch die drei Musiker (neben Samuel Shepherd auch Lea Hausmann, Violine und Mengjie Han, Klavier) beguckten, bestaunten die unzähligen „Figürchen“ mit Genuss und Charme, lächelten sie gleichsam an, kosteten das gemeinsame Spiel mit ihnen mit kunstvollem Humor und großer Freude aus, ein Gang durch eine klingende Wunderkammer. Auch das „Vallée d’Obermann“, eine Erzählung in Tönen von Franz Liszt ist reich an Besonderheiten, doch bei weitem nicht so heiter und unbeschwert wie das vorher Gehörte. Düsternis, Affekte und Effekte, eine (ebenfalls) ideenreiche Klangsprache, mentaler Tiefgang mit inneren Zwistigkeiten forderten eine gestalterische Interpretation mit langen Bögen, die den Fortgang der Geschichte bis zu ihrem abrupten Abbruch spannungsvoll gewährleisteten.
Das Amatis Trio wechselte mühelos vom Kabinett in eine Galerie und ließ ein opulentes Hell-Dunkel-Gemälde mit reichlich Dramatik entstehen. Vom Einzelbild quasi zum Zyklus: ihre Wandlungsfähigkeit, aber auch das Können, ein Abendprogramm in kontinuierlichem Crescendo nicht nur zu konzipieren, sondern musikalisch immer breiter werdend mit Leben und Inhalt zu füllen, bewiesen die Künstler mit Mendelssohns Klaviertrio Nr. 2 C-Moll. Geschlossenheit, perfekte Balance, absolute Gleichberechtigung, gegenseitige Achtung und gemeinsame Achtsamkeit für die Mendelssohnsche Sprache zwischen Kantilenen, Expressivität und eindrucksvollem Gehalt wie dem Choral im letzten Satz sorgten für große Begeisterung beim Publikum. Jeder applaudierte „für zwei“, um dieses großartige Erlebnis entsprechend zu würdigen. Verzicht auf das eine, doch Gewinn statt Verlust: das Amatis Trio machte es möglich.
* Hinweis: Diese Konzertkritik wird auf Hartwig am Sonntag veröffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein unter www.vjk-leer.de
DIE KOLUMNE – Landkreis Leer: Personalaufbau als Mittel gegen Führungs- und Strukturschwäche?
Wäre die Kreisverwaltung Leer ein Unternehmen, dann würde sie sich über eine steigende Zahl an Kunden und damit Mehrarbeit freuen. Wäre die Kreisverwaltung ein Unternehmen, dann würde sie feststellen, dass leider jeder dieser Kunden ein „wirtschaftliches Minusgeschäft“ ist. Aufwand und Ausgaben decken Kosten und Einnahmen nicht. Wäre die Kreisverwaltung ein Unternehmen, dann würde sie angesichts dieser Faktoren die Kunden reduzieren bzw. deren Betreuung wirtschaftlicher gestaltet. Aber: Die Kunden der Kreisverwaltung sind keine „normalen“ Kunden. Sie gehören zur steigenden Zahl der Leistungsempfänger im Bereich Teilhabe und Soziales. Was ein Unternehmen machen würde? Überlegen, wie die Mehrarbeit effizienter organisiert werden kann. Gesagt – getan. Der Kreis hat das auch gemacht: Er hat eine Organisationsuntersuchung und Stellenbemessung im Amt für Kinder, Jugend und Familie vornehmen lassen. Allerdings: Anders als bei einem Unternehmen, das wirtschaftlich nicht klarkommt, lautet die Lösung für die Kreisverwaltung: Neueinstellungen.
„Wir wollen als Theatergruppen beitragen, dass ein Zweisprachenland bleibt“
„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Marina Bohlen, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ostfriesischer Volkstheater
HATSHAUSEN/AYENWOLDE Sie hat auf der Bühne gestanden, viele Jahre den Bürgerverein Hatshausen-Ayenwolde geführt und auch als Lehrerin die plattdeutsche Sprache auf die unterschiedlichste Weise gefördert: Marina Bohlen. Heute ist die 65-jährige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ostfriesischer Volkstheater, einem Zusammenschluss von 48 Volksbühnen der Region, die aktuell in vielen Dörfern plattdeutsche Theaterstücke aufführen. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht Bohlen über die Ostfrieslandtournee des plattdeutschen Kindertheaters, die Herausforderungen mit Nachwuchs und die Bedeutung der Theater für den Erhalt des Zweisprachenlandes Ostfriesland.
Die Arbeitsgemeinschaft Ostfriesischer Volkstheater ist …
… ein Zusammenschluss, der gemeinsam stark ist. Wir organisieren Kurse, informieren in einem Flyer über die vielen Termine und Theaterstücke in Ostfriesland und helfen einander aus, wenn beispielsweise ein Schauspieler ausfällt und Ersatz gefragt ist. Zudem organisieren wir regelmäßig Großprojekte und fördern das plattdeutsche Kindertheater.