Von Holger Hartwig*
Kennen Sie das Lied „Morgen“ von Johannes Oerding? Musikalisch ist es so wie es ist – der Text hingegen hat es in sich:
Der Tag, an dem ich sauber mach‘
Der Tag, an dem ich früh erwach‘
Der Tag, an dem ich mich gesund ernähr‘
Der Tag, an dem ich nicht mehr rauch‘
Trainier‘ für einen Waschbrettbauch
Der Tag, an dem ich meine Steuer erklär‘
Und du fragst, wann dieser große Tag wohl ist
Das Datum steht doch schon ganz lange fest
Und du fragst wann dieses Wunder wohl passiert
Ich hab’s mir im Kalender rot markiert
Lass es morgen, oder der Tag danach
Oder der Tag danach, oder der Tag danach
Lass es morgen, oder der Tag danach
Oder der Tag danach, oder der Tag danach
(…)
Lass es morgen oder am dreißigsten Februar
In jedem vierten Jahr
Und zwar um 25 Uhr, mach‘ dir das klar, yeah
Das, was Johannes Oerding dort besingt, kenn jeder. Es betrifft viele Dinge des Alltags. Doch wie sieht es bei den „großen Dingen“ aus? Oft nicht viel anders. Zu Jahresbeginn sind die Ziele und Wünsche oft ein Gesprächsthema. Auf die Frage, was er so vorhat, entgegnete mir ein Coaching-Kunde: „Noch fünf Jahre, dann gehe ich in Rente. Dann habe ich viel Zeit. Dann werde ich mir die Welt anschauen, auf Safari gehen. Dann werde ich mir Zeit für meine Hobbys nehmen. Dann werde ich…“.
Da war er also wieder einmal, der „Klassiker“ des „Verschiebens in die Zukunft“. Viele Pläne, aber das „Pflichtbewusstsein“ an erster Stelle. Der Gedanke, dass er in fünf Jahren krank und wehleidig und damit nicht mehr mobil sein könnte oder – so wie der gemeinsame Schulfreud bereits seit vielen Jahren – „die Wurzeln von unten anschaut“, ist ihm nicht gekommen. Er sei fit und gesund und er müsse erst noch – so begann sein nächster Satz, den er nicht zu Ende bringen durfte. „Stell` Dir jetzt doch mal vor, dass Du ab morgen nichts mehr von Deinen Plänen und Wünschen umsetzten kannst – warum auch immer. Wie fühlt sich dieser Gedanke an?“ Knappe Antwort: „Scheiße.“ Dann habe er zwar viel gearbeitet in seinem Leben, aber zu wenig „erlebt“.
Mit dieser Erkenntnis ging das Gespräch dann weiter hin zu einem der Klassiker im Coaching: zu der Zeitreise in die Zukunft. Die Fragestellung für den nächsten, kurzfristigen Coaching-Termin lautete: „Was möchtest Du noch auf jeden Fall erleben?“ verbunden mit schwierigen Aufgaben: Was steht auf den ersten Plätzen? Wie kannst Du sicherstellen, dass Du es auf jeden Fall „schaffst“? Zum Schluss dann die Einordnung, was im nächsten Monat, in diesem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren und in 30 Jahren „erledigt“ sein soll.
Eine Woche später trafen wir uns wieder – und die Überraschung war perfekt. Der Kunde hatte bereits seine Afrika-Reise mit Safari fest gebucht, denn die stand ganz weit oben auf seiner Liste mit Wünschen. Viele weitere Ziele und wann sie angegangen werden, waren klar und deutlich formuliert, und unter der langen Liste hatte er groß geschrieben „Tu´s gleich“.
Und zum Schmunzeln noch dieses Bild, das vor wenigen Tagen bei Facebook die Runde machte:
Zum Reinhören Johannes Oerding hier klicken:
https://www.youtube.com/watch?v=6u7pu-By9QE
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er unterstützt Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.
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