Die Liste der geplanten Vorhaben in der Stadt Leer ist lang: Neubau ARAL/Synagoge am Bummert, Wohnbebauung Scheltenweg, Wohnhaus Hajo-Unken-Straße/Ubbo-Emmius-Straße, Neugestaltung Areal OLB-Gröttrup, Neugestaltung Sobing in der Altstadt, Modernisierung der Innenstadt/Fußgängerzone und noch einiges weitere in der „Pipeline“. Viel Arbeit – und viele Beispiele, wo die Stadt in den vergagenenen Jahren bei Herausforderungen im Genehmigungsverfahren nicht vorwärts gekommen ist.
In der kommenden Wochen wird nun eine wichtige Weiche gestellt, damit die bauliche Stadtentwicklung wieder deutlich mehr Schwung aufnehmen kann. Der Stadtrat wählt einen neuen Baurat und beendet die seit 2020 bestehende Vakanz. Im vierten Anlauf hat der neue Bürgermeister Claus-Peter Horst einen Fachmann aus neun Bewerbungsgesprächen gefunden: Rainer Kleylein-Klein. Er – Anfang 40 – ist derzeit in leitender Funktion beim Landkreis Gifhorn und verantwortet dort im Dezernent Bauordnung die technische Bauaufsicht und Ortsplanung. Horsts Vorschlag an den Rat hat ein Rechtsreferedariat hinter sich und ein Masterstudium Denkmalpflege (Abschlussarbeit 2016: Das kommunale Denkmalkonzept Unterrodach – ein städtebaulich denkmalpflegerischer Fachbeitrag zum Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept) absolviert. Kleylein-Klein ist parteilos und soll – eine Wahl am Donnerstag vorausgesetzt, aber die dürfte wohl ein Selbstgänger sein, da sonst der neue Bürgermeister von der ihn unterstützenden SPD-Grünen-Mehrheit blamiert würde – so zügig wie möglich in Leer anfangen. Starttermin könnte bereits Mitte des Jahres sein, denn Kleylein-Klein kommt aus einer Behörde. Bürgermeister Horst muss gut „verhandeln“ und die Dringlichkeit für Leer unterstreichen, dann dürfte er Kleylein-Klein zügig für die nächsten acht Jahre an Bord haben.
Auf den neue Baurat kommt einiges zu – nicht nur die aktuellen Projekte. Er wird ein aktiver, zupackender und entscheidungsfreudiger Mann mit Power sein müssen. Themen wie energetische Sanierung bei Bestandsgebäuden, die Konzeption von neuen Baugebieten und – wie überall – die Digitalisierung stehen auf der Agenda. Darüber hinaus sollen Änderungen der Niedersächsischen Bauordnung seit Jahresbeginn für mehr Tempo sorgen. Im Kreis Leer sind Unterlagen nur noch bei der Stadt bzw. direkt beim Kreis (die beiden einzigen Bauaufsichtsbehörden im Kreis) einzureichen. Die übrigen Gemeinden sind nicht mehr bei der Antragsannahme beteiligt. Innerhalb von drei Wochen nach Auftragseingang muss im Rathaus oder in der Kreisverwaltung eine Vorprüfung tattfinden, ob die Unterlagen vollständig sind. Im Gegenzug ist eine so genannte Rücknahmefiktion geregelt worden. Das bedeutet: Wenn bei unvollständigen Anträgen die noch fehlenden Unterlagen nicht fristgerecht durch den Bauherrn bzw. Architekten eingereicht werden, können Anträge zurückgegeben und die bis dahin entstandenen Gebühren berechnet werden. Zudem durch das Land ist festgelegt, dass der gesamte Prozess nach einer Übergangsfrist bis spätestens Ende 2023 komplett papierlos abgewickelt werden muss.
Es bleibt zu hoffen, dass die vielen Projekte in der Ledastadt mit der personellen Power und strafferen Strukturen zügig auf den Weg gebracht werden. Denn Zeit ist im Moment auf dem Bau nicht mehr nur Geld. Wegen des Ukraine-Krieges sind nicht die Preise für die Materialien nach der Corona-Krise ein zweites Mal enorm angezogen – nein, es ergeben sich zunehmend auch mehr Lieferengpässe. Wie sagte ein Bauunternehmer diese Woche: „Wir bestellen, was wir kriegen können – selbst, wenn wir dann sehen müssen, wo wir das wie lagern. Hauptsache, wir haben das Material.“ Vor allem Stahl und Metalle werden bereits knapp, da das größte Werk der Ukraine in Mariupol nicht produziert und auch aus Russland keine Lieferungen mehr erfolgen. Insofern: Daumen drücken, dass für die geplanten Projekte der Stadtentwicklung in Leer in den nächsten zwei Jahren möglichst viel zusammenpasst und aus den Planungen Stein für Stein Zukunft mit Lebens- und Wohnqualität wird.