DIE KOLUMNE – Kinderklinik Leer: Der Chefarzt geht, viele Fragen bleiben

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Ende März ist Schluss: Dann wird es für einen unbekannten Zeitraum am Klinikum Leer keine kinderpneumologische und -allergologische Ambulanz mehr geben. Der einfache Grund dafür: Chefarzt Dr. Daniel Schüler packt seine Sachen. Er hat Kolleginnen und Kollegen und die Fachärzte der Region am Donnerstag über seinen Abschied aus der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin informiert. Zurück bleiben verunsicherte Eltern. Sie müssen Lösungen finden, wenn ihr Nachwuchs diese medizinische Hilfe künftig benötigt.

Der Abgang des anerkannten Chefarztes wirft Fragen auf. Dr. Schüler schreibt zwar, dass er „aus persönlichen Gründen und im Einvernehmen mit der Klinikleitung das Klinikum Leer verlassen wird“, aber das gehört zum Business dazu. Hinter den Kulissen soll es bereits längere Zeit rumort haben. So ist Dr. Schüler dem Vernehmen nach nicht die einzige Spitzenfachkraft, die der Kinderklinik den Rücken kehrt bzw. mit „Überlastungserscheinungen“ zu kämpfen hat.

Die Entwicklung – es hat sich rumgesprochen und dabei gibt es auch viel Legendenbildung – beunruhigt nicht nur viele betroffene Eltern, sondern auch den Förderverein Kinderklinik Leer e.V. Dieser unterstützt seit 1999 (!) mit viel Engagement das „Drumherum“ der medizinischen Behandlung, beispielsweise mit Auftritten von „Klinikclowns“, die für gute Laune sorgen. Dem Vorstand des Fördervereins dürfte die gute Laune selbst vergangen sein. Er hat erst Mitte der zurückliegenden Woche über Umwege erfahren, dass es eine „Fachkräftelücke“ an der Spitze der Kinderklinik geben wird.

Was sagt die Geschäftsführerin des Klinikums Leer, Daniela Kampen, zu der Entwicklung? Zunächst einmal nichts. Eine Bitte um ein Gespräch zu dem Thema Ende dieser Woche hat sie – aus terminlichen Gründen – abgelehnt. Stattdessen wird das Ausscheiden des Chefarztes kurz bestätigt und weiter heißt es auf die Anfrage: „Wir sind derzeit dabei eine Presseinformation zu der Thematik vorzubereiten, die voraussichtlich am Montag veröffentlicht wird. Gerne beantworten wir dann auch Ihre weiteren Fragen“. Kann man so machen, passt aber perfekt ins Bild.

Eine Feststellung wird nämlich in der schriftlichen Antwort aus dem Krankenhaus doch noch getroffen. Zitat: Auch wenn die Übergangszeit sicherlich herausfordernd wird, ist nicht vorgesehen, das Leistungsspektrum oder die Kinderklinik als solche einzuschränken.“ Nicht vorgesehen bedeutet, dass es nicht ausgeschlossen werden kann. Dabei hat doch der scheidende Chefarzt deutlich kommuniziert, das bestimmte Angebote nicht mehr möglich sind. Zitat: „Die kinderpneumologische und -allergologische Ambulanz in der Klinikum Leer gGmbH ist ab dem 1. April geschlossen. Vereinbarte Termine (…) können somit nicht mehr gehalten werden.“ Diese unterschiedliche bzw. seitens der Klinikleitung noch nicht erfolgte Kommunikation in Richtung Öffentlichkeit und Patienten ist ein Desaster. Ganz so einvernehmlich scheint die Trennung dann wohl doch nicht gewesen zu sein.

Die Sorgen der betroffenen Eltern sind verständlicherweise groß. Zwar ist hinter den Kulissen zu vernehmen, dass das Klinikum übergangsweise mit „Leihärzten“ den Betrieb am Laufen halten will, aber auf Dauer wird das nicht funktionieren. Einen versierten Chefarzt für die Provinz – und das ist und bleibt Leer nun einmal, selbst wenn man Ostfriesland mag – wird nicht so einfach zu finden sein. Bereits aktuell sind auf der Homepage der Klinik 12 (!) freie Arztstellen ausgeschrieben.

 Fest steht: Geht es um die Gesundheit, kommt es wesentlich auch auf eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient an. Nicht weniger wichtig ist es, dass ein Krankenhaus mit Situationen, die auf die ärztliche Betreuung von Kranken Auswirkungen haben, ebenfalls gut kommuniziert – so frühzeitig wie möglich, so transparent wie möglich, so eindeutig wie möglich. Das schafft Vertrauen. Das Klinikum Leer verliert in diesen Tagen weit mehr, als nur medizinische Qualität.

Holger HartwigDIE KOLUMNE – Kinderklinik Leer: Der Chefarzt geht, viele Fragen bleiben