DIE KOLUMNE – Nach millionenschwerem Missverständnis: Neustart für Baubereich mit Erfolgsdruck

Artikel teilen

ulbauoffensive, Wärmeplanung, Digitalisierung, Innenstadtstärkung, Gewerbe- und Wohngebietsentwicklung – das sind die größten „Baustellen“, die auf einen Mann warten, der im Rathaus der Stadt Leer sehnlichst erwartet wird: Jens Lüning. Nach Jahren der Führungslosigkeit – erst war die Stelle unbesetzt, dann folgte mit Rainer Kleylein-Klein ein millionenschweres Missverständnis – soll Lüning den Baubereich führen und als Mitglied der Führung im Rathaus Akzente setzen. Dabei kommt es weniger auf Visionen, wie z.B. „Leer muss in die Höhe wachsen“ seines gescheiterten Vorgängers an, sondern auf die Umsetzungsfähigkeiten vorhandener Projekte.

Die Erwartungen sind hoch, schließlich will die Politik bis zur Wahl 2026 damit glänzen, dass aus den vielen Planungen – Modernisierung einiger Schulen, Erweiterung des Gewerbegebietes Benzstraße, Neubau des Feuerwehrhauses Nüttermoor, Sanierung der Fußgängerzone – Baustellen werden und auch erste Bänder zur Eröffnung durchschnitten werden können. Ebenso kommt es für Lüning darauf an, dass er aus den ersten Ansätzen der Wärmeplanung für die gesamte Stadt ein kluges Umsetzungskonzept macht. Er wird derjenige sein müssen, der umsetzt, was bisher niemand in der Geschichte einer Kommune machen musste. Er muss mit Unternehmen klären, ob und wie sie bereit sind, Abwärme in Netze einzuspeisen. Er muss Ideen entwickeln, wo was wie neu angepackt werden kann. Dabei wird es seine Herausforderung sein, die neue Klimafolgenschutzmanagerin in die Denkstrukturen im Haus und in der Politik fest zu integrieren. Bisher wird nämlich in der Politik viel vom Klimaschutz geredet, aber mit der Umsetzung hapert es noch, sonst wäre z.B. die Planung eines neuen, teilweise zweigeschossigen Baugebiets am Stadtrand zwischen Wallhecken nie beschlossen worden.

Nicht zu unterschätzen ist die Aufgabe, den Baubereich zu digitalisieren. Die Digitale Bauakte ist seit einiger Zeit im Probelauf. Nach vorheriger Rücksprache werden alle Unterlagen digital angenommen. Ziel ist es, im Laufe des Frühjahrs 2025 möglichst nur noch digitale Anträge anzunehmen. Das wird auch erforderlich sein – ebenso wie die Integration von Künstlicher Intelligenz und die Digitalisierung aller wesentlichen Bauunterlagen. Warum? Bereits heute sind fünf Stellen in Lünings Baubereich unbesetzt. Tendenziell werden es eher mehr werden – es sei denn, Lüning kann ehemalige Kollegen für sich begeistern. Helfen bei den nicht tagesaktuellen Aufgaben könnte, dass das Volumen an Bauanträgen seit dem Höchststand 2021 (mit 348) auf in 2024 auf 256 zurückgegangen ist. Zu hoffen ist, dass es gelingt, die gesamte Stadt mit Bebauungsplänen auszustatten. Etwa 30 „B-Pläne“ sind zum Teil in Arbeit. Die aktuellen Beschlüsse zur Weststadt, die vorsehen, dass Einzelfallentscheidungen für Projekte im Verwaltungsausschuss getroffen werden sollen, unterstreichen die Notwendigkeit für klarere städtebaulich Fakten.

Lünings Vorteil, aber genauso Nachteil, könnte sein, dass er das Innenleben des Leeraner Rathauses aus eigener Erfahrung kennt. Er kehrt bekanntlich in neuer Rolle zurück. Einst war er Mitarbeiter im Bereich Gebäude- und Energiemanagement. Kann er Führung? Schafft er den Schritt vom Mitarbeitenden in einer Verwaltung in die Chefrolle? Beherrscht er die Diplomatie im Umgang mit Politik und Bürgern? Kann er sich freischwimmen und wird zur Entlastung des Bürgermeisters Claus-Peter Horst? Oder wird er ein gut bezahlter Stelleninhaber und alles Wichtige wird weiterhin mit „CPH“ besprochen? Bereits das erste Quartal 2025 wird es zeigen. Viel Zeit zur großen Eingewöhnung wird Lüning nicht haben. Was er braucht? Geschick, Glück und Lernbereitschaft, denn die gut gelebte Chefrolle für 60 Mitarbeitende fällt nicht einfach so vom Himmel. Was ihm helfen muss? Ein Umfeld, das begreift, dass es vom 2. Januar darauf ankommt, den „neuen Alten“ zu unterstützen. Ein weiteres millionenschweres Missverständnis kann sich die Stadt nicht erlauben. Es wäre auch für den Bürgermeister ein Desaster, dass ihm bei einer möglichen Wahl 2026 auf die Füße fallen würde. Zusammengefasst: keine einfache Ausgangslage.

Rathauschef Claus-Peter Horst und der neuer Bauamtsleiter ab 1. Januar 2025: Jens Lüning (rechts). Foto: Stadt Leer

Holger HartwigDIE KOLUMNE – Nach millionenschwerem Missverständnis: Neustart für Baubereich mit Erfolgsdruck