Wird`s noch was oder kann man das vergessen? Das ist die Frage, die sich für ein 25-Millionen-Projekt im Herzen der Stadt Leer am Denkmalsplatz stellt. Dort hat ein Projektentwickler vor etwa fünf Jahren erstmals seine Pläne vorgestellt, aus der OLB an der Mühlenstraße und den angrenzenden Geschäften bis hin zur Ledastraße eine attraktive Kombination aus Einkaufen und Wohnen zu schaffen. Vor zwei Jahren wurden dann daraus Überlegungen, lieber ein Hotel plus Drumherum zu bauen. Passiert ist nichts. Ob das so bleibt? Es sieht nach einem „Neustart“ aus.
Bisher kein Bauantrag gestellt
Zu den Hintergründen: Bei allen Überlegungen, die die Duisburger Fokus Development AG als Projektentwickler in den vergangenen Jahren öffentlich, im Rathaus oder der Politik vorgestellt hat, ist es stets bei Überlegungen geblieben. „Wir haben weder eine Bauvoranfrage noch einen Bauantrag jemals vorliegen gehabt“, sagt Bürgermeisterin Beatrix Kuhl. Bis heute kündigt der Projektentwickler auf seiner Homepage auf dem etwa. 4.000 Quadratmeter großen Grundstück den Bau eines Geschäftshauses mit ca. 8.000 Quadratmetern Gesamtmietfläche und ca. 15 Mieteinheiten an, die jeweils einen eigenen straßenseitigen Zugang erhalten. Das Nutzungskonzept sieht demnach bis heute auf drei Ebenen Einzelhandel, Dienstleistungen und Büros vor (www.fokus-development.de/leer). Zwischenzeitlich war die Rede davon, dass die Gewerbeflächen zugunsten eines Hotels mit bis zu 100 Betten auf 2.500 Quadratmeter reduziert werden.
Bürgermeisterin: Eine große Enttäuschung
Bürgermeisterin Kuhl sagte auf Nachfrage, dass sie mehrfach versucht hat, den Fokus-Chef, Andrej Pomtow, zu erreichen, „schließlich ist das Areal ja wichtiges Verbindungsstück für die Leeraner Fußgängerzone“. Vergebens. Seit Monaten habe es keinen Kontakt mehr gegeben. Ob es stimme, dass der Investor seine Pläne noch einmal überdenke und nun verstärkt auf Wohnungen setze? Das habe sie auch gehört. Kuhl: „Für mich ist das eine große Enttäuschung, dass es nicht vorwärts geht und es keinen Informationsfluss gibt. Das Projekt wäre eine tolle Botschaft für die Stadt Leer.“
OLB bleibt gelassen – und ist noch Eigentümer
So, wie es Kuhl geht, geht es offenbar auch einem der Immobilieneigentümer auf dem Areal, der Oldenburgischen Landesbank (OLB). Dort hat man seit langer Zeit auch nichts mehr von der Fokus Development AG bzw. den Architekten msp aus Dortmund bzw. dem Konzeptverantwortlichen Peter Trimp aus Hilversum in den Niederlanden gehört. „Wir sind bei dem Thema gelassen“, sagt Britta Silchmüller, bei der OLB für die Unternehmenskommunikation verantwortlich. 2018 war bereits einmal angekündigt worden, dass das Gebäude abgerissen und die OLB-Filiale in Containern übergangsweise unterbracht wurde. Zwar gebe es Absprachen, dass die OLB bei einer Neunutzung in dem neuen Gebäudekomplex eine Filiale betreiben werde, aber „wir sind bis heute Eigentümer von Grundstück und Gebäude“. Angesichts der Aufgaben, die mit der Bewältigung der Pandemie-Folgen verbunden sei, habe das Thema in Leer derzeit „keine Priorität“. Insofern warte man die weitere Entwicklung ab.
Projektentwickler: Klares Ja zu Vorhaben
Und was sagt die Fokus Development AG? Wenig. Nachdem es einige Tage auf eine Anfrage keine Rückmeldung gab, reagierte Vorstandsmitglied Andrej Pomtow, dann nach einem Handytelefonat auf den Fragenkatalog. „Ja, wir verfolgen das Projekt trotz der zeitlichen Verzögerungen und der durch die Pandemie beschleunigten Veränderungsprozesse im Einzelhandel weiter.“ Der COO wörtlich: „Aktuell sind wir an dem Standort interessiert und bleiben es auch.“
Keine Infos zu „Binnenplanung“
Nach Darstellung von Pomtow würden sich die einzelnen Nutzungsbausteine „jedoch verändern, auch um dem politischem Wunsch nach mehr Wohnen in der Stadt Rechnung zu tragen.“ Zu den Details der „Binnenplanung“, wie Pomtow die Neukonzeption nennt, wolle er keine Auskünfte geben. „Bitte haben Sie jedoch Verständnis dafür, dass wir diese Planungen zunächst der Verwaltung vorstellen und besprechen wollen.“ Auf die Fragen nach einem konkreten Zeitplan, zu Vereinbarungen mit Ankermietern und einem Datum, bis wann spätestens ein erster Spatenstich erfolgen müsse, wollte er sich nicht äußern. „Gerne komme ich zum gegebenen Zeitpunkt aber gerne darauf zurück.“
Die MEINUNG
Butter bei die Fische
Mehrere Jahre ist im Prinzip nichts passiert. Nicht mal eine offizielle Bauvoranfrage für das Projekt hat es gegeben. Wichtige Partner für ein städtebauliches Projekt dieser Größenordnung – der Immobilieneigentümer OLB und die Stadt Leer als zuständige Genehmigungsbehörde – haben ewig nichts vom Projektentwickler gehört. Das ist eine merkwürdige Vorgehensweise, auch wenn in der Pandemie vieles anders ist. Viel heiße Luft also?
Immerhin scheint das Projekt von Seiten des Projektentwicklers nicht abgeschrieben zu sein. Das ist nach Jahren des Stillstand eher ungewöhnlich, zeigt aber die grundsätzliche Attraktivität des beplanten Areals. Ein „Neustart“ wird angestrebt. Um dafür ganz offenbar keine Erwartungshaltung zu wecken oder sich unter Zeitdruck zu setzen, wird nur gesagt, „Wir sind weiter interessiert“. Auch das ist wieder eine sehr spezielle Vorgehensweise.
Kurzum: Wenn es die Fokus Development AG wirklich ernst meint, dann sollte sie an ihrem Informationsmanagement schleunigst arbeiten. Zumindest die Stadt und die OLB sollten wissen, woran gearbeitet wird. Sonst entsteht der Eindruck, dass das Verhalten der Fokus Development statt eines Neustarts nur ein „Ich muss wohl irgendetwas dazu sagen“-Lippenbekenntnis ist. Andere Entwickler sind da professioneller.
Es geht hier nicht um irgendein Areal in der Ledastadt, sondern um 1a-Lage, die zentraler kaum sein kann. Und die Leeraner Innenstadt bzw. die Mühlenstraße braucht neue Akzente. Wohnungen und etwas Handelsflächen wären top. Also: Klare Kommunikation und zeitnah „Butter bei die Fische“.
Das waren die ersten und bisher letzten veröffentlichen Pläne für die Neugestaltung des Areals. Sie sind Geschichte – der Projektentwickler arbeitet an einer Lösung mit Wohnungen.
Grafik: Fokus Development AG
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