„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Ina Jäckel, Pastorin in Leer und TV-Publikumsliebling
LEER Sie ist gemeinsam mit ihrem Mann Benjamin Pastorin der Ev.-Lutherischen Kirchengemeinde Loga, die seit Jahresbeginn der Zusammenschluss der Petrus- und Friedenskirche ist: Ina Jäckel. Mehr bekannt ist die 39-Jährige durch die Fernsehserie „Dingenskirchen“, ihre TV-Auftritte und ihre Social-Media-Aktivitäten. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht die vierfache Mutter über ihre „Bauchentscheidung nach einer schaflosen Nacht Pastorin zu werden“, äußert sich zur Kritik an ihrer medialen Präsenz, beschreibt, was sie bei Kirchenaustritten denkt und verrät, dass Singen für sie die größte Herausforderung ist. Weitere Themen sind die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, ihr größter Fehler und ihr Lebensmotto.
Mein Wunsch, Pastorin zu werden, ist gewachsen, weil …
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich bin schon als Kind sehr regelmäßig zum Kindergottesdienst gegangen. Da habe ich mich wohl gefühlt. Das Mitarbeiter -Team war ganz toll. Nach meiner Konfirmation habe ich selbst auch im Team mitgemacht, ich war gern auf Jugendfreizeiten dabei. Trotzdem habe ich nie mit dem Gedanken gespielt, Pastorin zu werden. Als Jugendliche wollte ich Innenarchitektin werden – oder Deutschlehrerin. Dafür bekam ich damals keinen Studienplatz, der Numerus Clausus war sehr hoch. Mich für Theologie an der Uni einzuschreiben, war eine Bauchentscheidung nach einer schlaflosen Nacht. Mit den ersten Schritten an der Uni in Göttingen war für mich klar: Ich will Pastorin werden.
„Dingenskirchen“ – dazu fällt mir ein…
Fernsehen. Menschen. Kirche. Fragen. Antworten. Bei „Dingenskirchen“ geht es ja darum, dass ich als Pastorin über den Tellerrand schaue: Raus aus der Komfortzone, raus aus der Kirchengemeinde – dahin, wo die Menschen sich in ihrem Alltag aufhalten. Dann über die großen Fragen reden: Liebe, Luxus, Arbeit, Leben, Hoffnung. Ich mag das total. Ich lerne Menschen kennen, die ich sonst nie kennengelernt habe. Das ist super spannend, was diese zu erzählen haben.
Mich als Pastorin in den digitalen Medien zu positionieren, halte ich für notwendig, weil…
… ich das als Auftrag der Kirche sehe: da sein, wo die Menschen sind, zuhören, von Gott und vom Glauben erzählen, und vor allen Dingen auch ansprechbar sein. Eine Stimme sein für die, die das nicht können, für Nächstenliebe, überhaupt für Liebe in allen Facetten, für Mitmenschlichkeit und Toleranz. Wenn wir als Kirche gehört werden wollen, müssen wir auch da reden, wo Leute sind und zuhören. Das geht vor Ort, wir müssen aber auch in den sozialen Medien präsent sein. Instagram z.B. ist ein tolles Medium. Da kann man so viel machen, um zu zeigen, was Kirche macht, wofür wir stehen, was Pastoren tun. Den Austausch mit den Menschen liebe ich sehr. Auch Seelsorge funktioniert super über Social Media. Die digitalen Medien bieten einen niedrigschwelligen, unverbindlichen Zugang, und das halte ich für ganz wichtig.
Wenn ich an meine Live-Auftritte im TV zurückdenke, dann…
… denke ich zuerst an das Rote Sofa. Puh- da mir da schlecht vor Aufregung. Solche Live—Auftritte sind nochmal etwas ganz anderes als Dingenskirchen-Drehtage. Ich war unfassbar nervös.
Meinen Kritikern, die meinen, ich sollte mich auf die Arbeit in meiner Gemeinde konzentrieren, antworte ich…
… „Komm vorbei, begleite mich eine Woche, dann reden wir weiter!“ Es gibt tatsächlich Menschen, die mir sowas sagen. Ich frage mich immer, auf welcher Grundlage da überhaupt ein Urteil zustande kommt, wie ich meine Arbeitszeit verteile. Ich lade herzlich ein zum Hospitieren.
Nicht noch einmal medial machen würde ich…
Mir fällt auch nach reiflicher Überlegung nichts ein!
Wenn ich an das Durchschnittsalter der Besucher der Gottesdienste denke, dann …
… muss ich erst einmal sagen, dass das durchaus unterschiedlich ist. Es kommt darauf an, was für eine Art Gottesdienst stattfindet. Je nach Art und Anlass des Gottesdienstes sitzen in der Kirche zwischen ca. 50 („normaler“ Sonntagsgottesdienst), 180 (Familienkirche oder Jugendgottesdienste) und 350 Menschen (Heiligabend oder Konfirmation). Insofern ist das Durchschnittsalter ja mal so und mal so.
Wer mir erzählt, dass er aus der Kirche austreten will, dem antworte ich, …
… erstmal: „Danke, dass du mir davon erzählst! Hast du dich schon entschieden? Oder hast du vielleicht Fragen? Kann ich dir bei der Entscheidung weiterhelfen?“ Für mich als Pastorin ist es nämlich ganz schade, dass ich in der Regel gar nichts von den Überlegungen mitbekomme. Auch von dem Austritt erfahre ich ja erst viel später, wenn die Daten vom Standesamt wieder in der Gemeinde ankommen. Ich fände es für mich tatsächlich ganz erhellend, einmal die Gründe im direkten Gespräch zu erfahren.
Die größte Herausforderung als Pastorin für zwei Gemeinden ist …
Es ist nur eine Gemeinde. Seit dem Jahreswechsel sind wir fusioniert. Ich habe in dieser neuen großen Gemeinde eine halbe Stelle, und das hauptsächlich für die Arbeit mit Familien, Kindern, Konfirmanden und Jugendlichen.
Die größte Herausforderung für mich als Pastorin ist …
…das Singen. Ich kann und mag es nicht besonders gern. Weil bei kirchlichen Veranstaltungen aber immerzu gesungen wird, komme ich oft nicht drumherum zu singen – oder, und das ist dann wirklich schlimm: ein Lied anzustimmen! Gott bewahre! Da ist bei mir Hopfen und Malz verloren. Die Leute müssen da dann durch. Wie heßt es auf Plattdeutsch: Een Bietje scheef, hett Gott leev!
Zur Zusammenarbeit mit meinem Mann Benjamin in unseren Gemeinden fällt mir ein, dass …
… ich total glücklich bin, dass wir so ein tolles Team sind. Wir mögen und können unterschiedliche Dinge unterschiedlich gut, wenn mal einer von ausfällt, kann der bzw. die jeweils andere auch einspringen. Wir ergänzen uns schon ziemlich gut.
Wenn mir jemand sagt „Warum lässt Dein Gott zu, dass in der Ukraine und im Gaza-Streifen Krieg geführt, gemordet und sinnlos zerstört wird“, dann reagiere ich darauf mit …
… der gleichen Ratlosigkeit. Ich weiß auch nicht, warum die Dinge so sind, wie sie sind oder – um bei dem Kriegsbeispiel zu bleiben –, warum Menschen so handeln, wie sie handeln. Darüber haben sich ja schon viele Gedanken gemacht: Warum gibt es überhaupt so schlimme Dinge? Wie kriegt man das zusammen: einen Gott, der seine Schöpfung und vor allem die Menschen liebt, und dann passieren aber so schreckliche Dinge in der Welt und Menschen tun einander so furchtbares Leid an. Ich stelle mir die Frage auch, wenn ich sehe, wie viel Leid manche Menschen ertragen müssen. Ich glaube an einen Gott, der danebensteht und weint. Mich persönlich tröstet das- auch wenn ich keine zufriedenstellende Antwort darauf habe, warum Gott es geschehen lässt….
Pfarramt, Großfamilie mit vier Kindern und multimediale Präsenz bekomme ich unter einen Hut, indem…
… ich ganz schön viel improvisiere und meine Eltern, Schwiegereltern und auch Freunde um Hilfe bitte. Anders geht’s nicht.
Mein Lebensmotto ist…
… sowas wie: Heiter scheitern. Einfach machen, könnt ja gut werden.
Mein Lieblingsplatz in Leer ist…
… auf einer Bank im Hammrich.
Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…
… zu schnelles Fahren im Parallelweg in Leer.
Ich kann mich so richtig aufregen über…
… richtig viele Dinge! Ich rege mich leidenschaftlich gern auf. Zu den weniger schlimmen Dingen gehören: mein Wecker, Werbung beim Filmschauen, Schmatzgeräusche, Obst in würzigen Salaten (eklig!), Besserwisserei, Chaos im Haus, wenn im Ruheabteil des Zuges laut telefoniert wird. Und über die Bahn, die dauernd zu spät kommt. Ernstere Dinge, wo mir der Kragen platzt sind, wenn Menschen vorschnell über andere urteilen oder andere abwerten, wenn gelogen wird, Engstirnigkeit, verächtliches Reden, Schwarz-weiß-Denken, wenn nicht zugehört wird, unsinnige Sparmaßnahmen, Geiz, Feindseligkeit, Hasskommentare und Ungerechtigkeit. Da kann ich nicht anders als mich aufzuregen.
Ich kann mich so richtig freuen über, …
… wahnsinnig viele Dinge! Sonnenschein, Meeresrauschen, das Lachen meiner Kinder, ein warmes Bad, kluge Fragen, Menschen, die sich begeistern lassen, über eine richtig gute Pizza, leckeren Wein und ein großes Stück Käse. Ich freue mich auch, wenn der Wäscheberg zwischendurch mal kleiner wird, wenn ich Feierabend habe, wenn mich meine Lieben umarmen, wenn Bettwäsche zusammenpasst und es etwas Veganes auf einer Speisekarte gibt. Und über neue Ohrringe. Und wenn ich andere zum Lachen bringen kann.
Der schönste Moment eines Tages ist…
… morgens beim Wachwerden, wenn durch das geöffnete Fenster Vogelgezwitscher dringt, das Bett ist warm, das Haus noch ganz ruhig. Ein Augenblick, in dem ich nichts tun muss.
Kraft kann ich tanken, wenn…
… ich alleine bin – spazieren gehen, einen Abend an der Nähmaschine oder mit einem guten Buch auf dem Sofa. Auch ein Tag in der Sauna tut mir gut. Oder ein paar Stunden am Meer oder im Wald – und dann natürlich im Urlaub mit meinen Lieben.
Ich sollte mal wieder…
… einen ganzen Tag in der Sauna verbringen, einen neuen Nagellack in Pink kaufen, den Keller aufräumen, schwimmen gehen, Fotos ausdrucken, meine Freundin anrufen… Die Liste, was man alles sollte, ist ja immer lang. Ich fange mit dem Nagellack an, das ist leicht.
Mein größter Fehler ist, dass …
… ich sehr kritisch mit mir selbst bin. Da wünsche ich mir manchmal mehr Leichtigkeit.
Wenn ich einen Tag lang ein anderer Mensch sein könnte, dann wäre ich gerne…
… Taylor Swift. Das stelle ich mir wahnsinnig aufregend vor! Und das Plus wäre: Ich könnte echt richtig gut singen!
Ina Jäckel ist Pastorin in Leer und bekannt geworden durch ihre TV-Serie „Dingenskirchen“.
Foto: Privat