Städte- und Gemeindebund: Kreishaus-Führungskultur „verzögert, verhindert oder blockiert verschiedenste Projekte“

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KREIS LEER Der Kreisverband Leer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB) hat sich in einem Schreiben an die Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen im Leeraner Kreistag deutlich gegen die aktuelle Führung im Leeraner Kreishaus positioniert. Der NSGB Leer, dem neun kreiseigene Kommunen angehören, sieht eine ausreichend wirtschaftliche Entwicklung des Kreises gefährdet und fordert die Kreistagsmitglieder auf, bei Bestätigung der derzeitigen Führungspositionen die Meinung der kreisangehörigen Kommunen in die Überlegungen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dem Landkreis Leer einzubeziehen.

Nachfolgend lesen den Brief vom 20. Januar 2025, der – so die Recherche – zwischenzeitlich in der Politik auf Kreis- und Gemeindeebene und im Kreishaus sowie in den Rathäusern der Kommunen kursiert, im vollständigen Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 den Kommunen des Niedersächsischen Städte-und Gemeindebundes im Kreisverband Leer ist eine Rückkehr zu einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit in allen Angelegenheiten mit dem Landkreis Leer und den handelnden Personen außerordentlich wichtig.

Nur gemeinsam können wir den Herausforderungen, vor denen wir alle stehen, begegnen und versuchen Losungen zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger zu erarbeiten und die Chancen zu nutzen, die uns u. a. die aktuelle Energiewende bietet. Als ein Aspekt für den erforderlichen wirtschaftlichen Fortschritt wird partei-und organisationsübergreifend der Bürokratieabbau genannt. Auf der gleichen Stufe steht unseres Erachtens aber auch unbürokratisches Verwaltungshandeln. Dieser Aspekt ist mit handelnden Personen verbunden, die im täglichen Miteinander genau darum ringen sollten.

Eine Behördenkultur entwickelt sich entsprechend der Führungskultur. Manchmal gebietet es der Sachverhalt, die Komplexität der Interessenlagen oder die rechtlichen Probleme eine sehr gründliche Sachverhaltsermittlung und Rechtsanwendung. Manchmal muss man in heutigen Zeiten aber auch ganz einfach unbürokratisch, zweckmäßig aber dennoch rechtmäßig arbeiten, um „die Fälle lösungsorientiert vom Tisch“ zu bekommen. Zu einer zeitgemäßen effektiven Behörde gehören nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels beide aufgezeigten Arbeitsweisen. Wann welche Vorgehensweise geboten ist, ist eine Frage von Führung.

Viele aktuelle und vergangene Probleme und Unstimmigkeiten zwischen den Kommunen und dem Landkreis, als auch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und dem Landkreis sind mittelbar mit der Führungskultur der Kreisverwaltung verbunden, da, auch wenn rechtlich korrekt, verschiedenste Projekte verzögert, verhindert oder blockiert werden, weil die „Bedenkenträger“ statt die ,,lösungsorientierten Macher“ in der Kreisverwaltung die Linie vorgeben.

Die aktuelle Kreisführung stützt unseres Erachtens zu wenig die ,,lösungsorientierten Macher“ im eigenen Hause und beugt sich zu häufig den ,,Bedenkenträgern“ im eigenen Hause. Einem ,,Bedenkenträger“ zu sagen, dass man es anders anordnet als vom ,,Bedenkenträger“ vorgetragen, bedingt fachliche Expertise aber auch Verantwortungsübernahme trotz vorgebrachter Bedenken. Ob man das macht und verantwortet ist vielfach eine Frage der Persönlichkeit und des Selbstverständnisses vom eigenen Amt.

Wenn wir das schreiben, ist uns durchaus bewusst, dass es einfach ist, Verantwortung einzufordern, wenn man sie selber nicht zu tragen hat. Wir Unterzeichner glauben zumindest, dass wir das so schreiben dürfen, weil es genügend Beispiele in unserer eigenen Behörde gibt, wo wir im eigenen Verantwortungsbereich entsprechend handeln. Diese Verantwortungsübernahme darf nach dem eigenen Selbstverständnis auch von der Behördenleitung und der Stellvertretung erwartet werden, weil sie ent­sprechend hoch besoldet wird.

Die aktuelle Führungsspitze des Landkreises hat es gemeinsam in den letzten 8 Jahren nicht verstanden, die Arbeitskultur des Landkreises durch die ,,lösungsorientierten Macher“ der eigenen Verwaltung zu prägen, sondern es verstärkt zugelassen, dass die ,,Bedenkenträger“ die Linie vorgeben.

 Wir haben Sorge, dass der Landkreis Leer bei Bestätigung der derzeitigen Führungspositionen einen zu geringen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises beitragt und bitten Sie die hier vorgebrachte Meinung der kreisangehörigen Kommunen in Ihre Überlegungen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dem Landkreis Leer einzubeziehen.

 Uns ist bewusst, dass dieses Schreiben als Anma8ung und Zumutung verstanden werden muss, da es eine interne Angelegenheit der Kreispolitik betrifft. Der Kreisverband des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes hat uns aber einstimmig beauftragt das Thema Führungspositionen schriftlich an die Kreistagsfraktionen heranzutragen.

 Ostrhauderfehn 20. Januar 2025

 Günter Harders, 1. Vorsitzender NSBG-Kreisverband Leer

Geert Müller, 2. Vorsitzender NSBG-Kreisverband Leer

Holger HartwigStädte- und Gemeindebund: Kreishaus-Führungskultur „verzögert, verhindert oder blockiert verschiedenste Projekte“