„Auf einen Tee mit…“: Heute mit Ulf Thiele, CDU-Landtagsabgeordneter
STALLBRÜGGERFELD/HANNOVER „Een van uns“ – das ist das Motto, mit dem Ulf Thiele (CDU) für den Kreis Leer Politik im Niedersächsischen Landtag macht. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der 51-Jährige, der 2003 erstmals das Mandat für das Parlament in Hannover erhielt, über die Bedeutung des Ostfriesland-Planes, wer sein politisches Talent als Erstes erkannte, die Premierenrede im Landtag, seine größte politische Fehlleistung, seine Zeit in der Jungen Union und warum er (bisher) kein Ministeramt übernahm. Weitere Themen sind sein Engagement für die plattdeutsche Sprache und als Vorsitzender des Fördervereins Schutzengel-Huus e.V.
Wenn mir jemand als Schüler gesagt hätte, dass ich einmal über 20 Jahre Berufspolitiker sein werde, dann …
… hätte ich das nicht geglaubt, obwohl mir das meine Oma schon als ich ein kleines Kind war prognostiziert hat. Mir war es wohl schon in die Wiege gelegt, dass ich gerne viel rede. In der Familie liegt das eher nicht, lediglich ein Großonkel war Bürgermeister von Remels.
An meine erste Rede im Landtag erinnere ich mich, weil…
… ich sehr aufgeregt war und meine Knie zitterten. Es ging um das Thema Küstenschutz. Erst später habe ich erfahren, dass man bei der ersten Rede Welpenschutz hat und aus dem Plenum auf freche Kommentare und Zwischenfragen verzichtet wird.
Meine Zeit in der Jungen Union hat bis heute Spuren hinterlassen, weil…
… ich dort gelernt habe, wie man Netzwerke für politische Ziele einsetzt, um dieser besser oder schneller zu erreichen. Auch weiß ich aus dieser Zeit, wie man ein Argument nicht nur sagt, sondern es sehr schlagkräftig rüberkommt. Zudem freue ich mich über Freundschaften, die seit dieser Zeit Bestand haben.
Der Posten des Generalsekretärs hat mich verändert, weil…
… es sehr zeitaufwändig war neben dem Abgeordnetenmandat. Diese Aufgabe hat mich klar erkennen lassen, warum eine funktionierende Demokratie ohne Parteien nicht denkbar ist.
Mein (politisches) Vorbild ist…
Ich habe nie eines haben wollen, weil Vorbilder auch immer bedeuten, dass man auf ausgetretenen Pfaden läuft. Die Welt und die Anforderungen wandeln sich und jeder muss seinen eigenen Weg finden. Vor einigen Weggefährten habe ich großen Respekt und schätze sie sehr, beispielweise Rudolf Seiters, der mit seiner konsequenten und verbindlichen Art viel durchsetzen konnte.
Mit einem Ministeramt sollte es bisher nicht sein, weil …
… ich Politik nie der Karriere wegen gemacht habe. Wenn es dann für einen so kommt, muss man sich zudem gut überlege, ob die Aufgabe wirklich zu einem passt. Ich habe Aufgaben nie angestrebt, sondern mich ihnen gestellt, wenn sie an mich herangetragen wurden. Diese Herangehensweise halte ich für besser als spitze Ellenbogen, wenn es um Posten geht. Zudem bin ich überzeugt, dass ich in der letzten Legislaturperiode als Vizefraktionschef und finanzpolitischer Sprecher sowohl für Ostfriesland als auch für die Weichenstellung der Landes-CDU mehr erreichen konnte, als es mit einer fachbezogenen Ministeraufgabe möglich gewesen wäre.
Wenn ich mir einen Traumjob in der Politik aussuchen könnte, dann würde ich…
… Landtagsabgeordneter für den Kreis Leer bleiben wollen. Das macht mir seit 20 Jahren bis heute Freude und ist eine große Verantwortung.
Für den Kreis Leer im Landtag zu sitzen, bedeutet für mich …
… die Chance zu haben, für meine Heimat und die Menschen hier etwas zu bewegen. Aktuell geht es darum, Ostfriesland für den Strukturwandel, den wir erleben, möglichst gut aufzustellen.
Der Ostfriesland-Plan, den ich maßgeblich mit auf den Weg gebracht habe, ist…
… eine gute Grundlage, um die Chancen, die sich zum Beispiel mit der Energiewende ergeben, ergreifen zu können. Ziel muss es sein, dass mehr Menschen in Arbeit kommen, junge Leute eine Perspektive für sich in Ostfriesland sehen und es gelingt, unseren Wohlstand zu erhalten und gleichzeitig den Klimaschutz voranzubringen.
Politik in Hannover und Politik im Kreis Leer auf kommunaler Ebenen unterscheidet sich durch…
… die Komplexität der Themen, die Größe der Apparate und manchmal auch durch das Beharrungsvermögen der Verwaltungen. Das ist deutlicher ausgeprägt als auf der kommunalen Ebene. Obwohl: Auch der Landkreis Leer könnte gerne etwas dynamischer werden.
Über meine Mitstreiter in Hannover aus dem Kreis Leer denke ich, dass …
… es gute Kollegen sind, die sich für die Region austauschen – auch wenn wir inhaltlich oft unterschiedlicher Auffassung sind.
2027 – nach fünf Jahren im Landtag – möchte ich sagen können, dass …
… es gelungen ist zu zeigen, dass wir als Opposition die Regierung zu einer besseren Politik angetrieben haben und wir die Verantwortung wieder übertragen bekommen, weil wir es besser können.
Als ausgebildeter Verlagskaufmann denke ich über die Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, dass…
… durch die vielen Informationskanäle für viele Menschen die Unterscheidung, welche Informationen faktenbasiert oder welche interessengetrieben – sprich Fake – sind, kaum mehr möglich ist. Es gab Zeiten, da hat guter Journalismus auf überschaubar wenigen Informationskanälen den Menschen hervorragende Möglichkeiten gegeben, sich zu orientieren und Zusammenhänge zu erkennen. Im lokalen Bereich schreitet der Konzentrationsprozess voran und ich bin mir noch nicht sicher, ob und welche Medien künftig aus unserer direkten Nachbarschaft, dem Lebensumfeld, berichten.
Mein größter bisheriger Erfolg ist…
Das sollen andere beurteilen.
Meine größte Fehlleistung bisher ist….
… die verlorene Landtagswahl 2013, bei der ich als Generalsekretär den Regierungswechsel zu SPD nicht mitverhindern konnte. Wir haben damals zwar eine tolle Aufholjagd geleistet, aber hatten keine Antwort auf die damalige Schwäche unseres Koalitionspartners, der FDP.
Als Vorsitzender des Fördervereins Schutzengel-Huus e.V wünsche ich mir am meisten, dass …
… das Haus um Ostern herum in diesem Jahr eröffnet wird und wir dann zusammen mit vielen Menschen, die geholfen haben, erleben dürfen, dass Kinder und Familien in ihrer schwierigen Situation einen Ort vorfinden, der ihnen dabei hilft, mit der schweren Behinderung eines Kindes gut umgehen zu können und den Alltag zu bewältigen.
Mich als Mitglied der Landessynode der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover zu engagieren, bedeutet mir…
… einen Dienst zu tun, der auch ein Beitrag leistet, Menschen die gläubige Christen sind, in ihrer Kirche zu halten. Ich bin überzeugt: Der christliche Glaube bedarf einer festen und auch organisierten christlichen Gemeinschaft.
Sport ist für mich…
… über viele Jahre gelebte Leidenschaft für den Fußball, die ich wegen einer Knieverletzung beenden musste. Ich darf leider keinen belastenden Sport mehr treiben.
Mein Lebensmotto ist…
Aufrichtig zu sein, kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht.
Plattdeutsch ist für mich…
… Heimat, Lebensgefühl und Auftrag zugleich. In meiner Arbeit als Aufsichtsratsmitglied der Länderzentrum Niederdeutsch gGmbH versuche ich, jungen Menschen zu helfen, wieder Plattdeutsch zu lernen. Die Sprache ist ein wichtiger Teil unserer Identität.
Mein Lieblingsplatz im Kreis Leer ist…
… mein Sofa.
Ich kann mich so richtig aufregen über…
… Menschen, die ihre Ideologie vor das Lösen eines Problems stellen. Ein aktuelles Beispiel ist die Schließung der Förderschule in Leer. Dabei sind sie eine wichtige Alternative für die Kinder. Sie aus ideologischen Gründen zu schließen, macht mich wütend, und ich kann es nicht verstehen.
Ich kann mich so richtig freuen über…
… Zeit mit meiner Frau und die Möglichkeit, in Neuharlingersiel bei schönem Wetter am Strand zu spazieren und dort das beste Fischbrötchen der Welt zu essen.
Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler sein könnte, dann würde ich gerne…
An einem Tag kann man nichts erreichen. Aber wenn, dann würde ich den Finanzminister anweisen, eine leistungsgerechte Steuerreform auf den Weg zu bringen.
Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir…
… mit Blick auf die Politik, dass Russland seine Soldaten aus der Ukraine zurückzieht, wir in Europa wieder besser lernen, dass wir im Miteinander stärker sind als im Gegeneinander und dass es Ostfriesland schafft, den Wandel als Chance zu begreifen und daraus für die Menschen das Optimale zu machen.
Seit 2003 für den Kreis Leer im Niedersächsischen Landtag aktiv: Ulf Thiele (CDU).
Foto: privat