„Unsere Stubenkirche? Gemütlich zusammenkommen und auch ein Bier oder Wein trinken“

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Imke Boelen, Vorsitzende des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Leer

LEER 2025 ist für die Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Leer ein besonderes Jahr. Die Gemeinde feiert ihr 500-jähriges Bestehen in der Ledastadt. Für das Festjahr haben sich die Verantwortlichen viele Neuheiten für das Kirchenleben und das Miteinander in der Stadt einfallen lassen. Eine Hauptakteurin ist Imke Boelen, die seit dem vergangenen Jahr Vorsitzende des Kirchenrates ist. In der  Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht die 53-jährige Leeranerin über die Arbeit im Kirchenrat, die Ideen für das Festjahr und die Herausforderungen in den kommenden Jahren.

Evangelisch-reformiert – das steht für mich für…

Das ist meine Kirche. Sie bietet uns die Möglichkeit, andere Wege zu gehen und Neues auszuprobieren. Sie steht für mich für die Möglichkeit, sich aktiv einbringen zu können.

Vorsitzende des Kirchenrates bin ich geworden, weil …

… sich das so ergeben hat. Ich wollte in die Kirchenarbeit „reinschnuppern“. Ich wurde von den Gemeindemitgliedern in das Gremium gewählt. Bei den Zusammenkünften haben sich Mitglieder des Gremiums jemanden „ausgeschaut“ – und das war ich. Ich habe die Aufgabe gern übernommen und sie macht mir Freude.

500 Jahre – das Jubiläum unserer Gemeinde ist für mich …

… der Zeitpunkt, neue Wege zu gehen. Wir wollen mit unserer Gemeinde zu den Menschen gehen – und das nicht nur zu reformierten Gläubigen. Ein Jubiläumsjahr bietet für neue Wege aus meiner Sicht die optimale Aufmerksamkeit. Das wollen wir nutzen.

Mit dem Ansatz „Raus aus den Kirchenmauern zu den Menschen“ – damit wollen wir …

… alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit uns ins Gespräch zu kommen und einander kennen zu lernen. Kirche, Glauben und Miteinander findet überall statt und wir wollen mit den Menschen an den Orten in den Austausch kommen, wo das Leben stattfindet.

Mit unserem Lastenrad „AnsprechBAR“ wollen wir…

… – wie der Name es ausdrückt – ansprechbar sein an den unterschiedlichsten Orten in der Stadt, sei es rund um den Weihnachtsmarkt, in der Fußgängerzone oder an anderen Orten. Wir stehen dort und laden zu einem Austausch ein. Zu Beginn haben wir, weil wir als Signal auch T-Shirts und Mützen, auf denen „AnsprechBAR“ steht, gemerkt, dass einige Menschen meinen, wir seien eine neue Partei oder gar Sekte. Dann ergeben sich Gespräche, die deutlich machen wollen, dass Kirche nicht nur im Gottesdienst stattfindet. Wir wollen dabei keinen überzeugen oder gar aktive „Mitgliederwerbung“ machen, sondern über uns und die Vielfalt der Angebote informieren und uns mit den Menschen über nicht nur Gott, sondern auch über die Welt unterhalten. Wir freuen uns auf die nächsten Orte, denn wir wissen heute noch nicht, wo wir in den nächsten Monaten überall stehen werden, denn jeder – sei es ein Unternehmen in der Stadt, eine andere Institution oder eine Schule – kann uns einladen und dann kommen wir.

Unsere Idee der Stubenkirche soll…

… unsere Kirche etwas von der Steifheit nehmen und Hemmungen abbauen. Sie hat das Ziel, dass Menschen einfach bei uns vorbeizuschauen. Für uns steht fest: Eine Kirche ist für uns kein Ort, an dem Geflüstert werden oder man still in einer Bank sitzen muss. Für uns ist eine Kirche – auch außerhalb des Gottesdienstes – ein Ort der Begegnung, des Austausches und des Miteinanders. Wenn wir zusammenkommen, dann trinken wir in der Kirche auch ein Bier oder Wein zusammen und machen es uns auf Sofas gemütlich. Es ist wichtig zu wissen, dass die reformierten Kirchen keine heiligen Räume sind, sondern der Versammlungsraum der Gemeinde. Für die Reformierten sind nicht die Räume und Ausstellungsstücke heilig, Heiligkeit stellt sich durch den gemeinsamen Gottesdienst ein und das kann überall sein. Wir haben die Stubenkirche das erste Mal vor Weihnachten angeboten und dachten, dass wir mit 30 Plätzen bestimmt auskommen werden. Es kamen etwa 40 Menschen und wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste Stubenkirche am 30. Januar.

Mit der langen Tafel in der Altstadt wollen wir …

… Menschen zusammenbringe und deutlich machen, dass wir als Gemeinde ein Teil der Altstadt und auch des wirtschaftlichen Lebens ist. Wie das genau ausgestaltet wird, ist noch in Planung. Auf jeden Fall wird es ein gemeinsames Event mit den Firmen in der Altstadt.

Unsere junge Pastorin Carolin Springer hat seit ihrem Start im Mai 2022 in unserer Gemeinde…

… viele Veränderungen hineingebracht. Neue Akteure haben neue Ideen und wir packen gemeinsam einiges auch etwas anders als in der Vergangenheit an, denn Wandel gehört mit dazu. Die Zusammenarbeit ist sehr locker, sehr spontan und macht Spaß. Junge und spritzig.

Die langfristig größte Herausforderung für unsere Gemeinde ist …

… Möglichkeiten zu finden, dass wir die Menschen und Mitglieder für die Gemeinde begeistern können. Wir erleben, dass Menschen unsere Gemeinde verlassen, weil sie keinen Bezug mehr zu uns finden. Viele haben aus den Augen verloren, dass Kirche in vielen gesellschaftlichen Bereichen – von der Diakonie bis zu Kindergärten – das Leben und Miteinander unterstützt. Wir wollen durch unsere Aktivitäten deutlich machen, dass jeder bei uns willkommen ist.

Kirche und Klimaschutz – dazu fällt mir ein …

… unsere Heizung. Sie muss erneuert werden. Wir hatten dabei die Vorstellung, dass wir auch das Kirchendach in Teilen für Solarenergie nutzen könnten. So hatten wir es schon für das Pastorenhaus angedacht, aber nicht genehmigt bekomme. Leider mussten wir feststellen, dass dieses aufgrund einer baulichen Vorgabe für die Altstadt nicht möglich ist. Das ist schade.

Von der Zusammenarbeit aller Leeraner Kirchen bzw. Gemeinden würde ich mir wünschen…

Ich glaube, sie funktioniert sehr gut. Darüber freue ich mich.

Mein Lieblings-Bibelvers ist …

Darüber hatte ich mir vor meinem neuen „Job“ als Vorständin nie Gedanken gemacht, aber die Losung des Jahres 2024 „Alles, was Ihr tut, lasst in Liebe geschehen“ hat mich gleich gepackt.

Ich habe das letzte Mal gelogen, als…

… daran erinnere ich mich nicht. Das muss eine kleine Notlüge ohne Vorsatz gewesen sein.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert…

… für etwas zu schnelles Fahren vor der BBS in Leer. Diese Stelle hat für mich ein gewisse „Gefahr“, aber ich bin nie so zu schnell gefahren, dass ich laufen musste.

Das letzte Buch, das ich gelesen habe, handelte von…

Leider gönne ich mir die Zeit nicht. Dafür lasse ich mir vorlesen. Meist sind die Hörbücher Krimis.

Mein Lieblingsplatz im Landkreis Leer ist…

… vor unserem Haus in Bunderhee auf der Bank beim Sonnenuntergang oder in der Badewanne (lacht).

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Egoismus und Respektlosigkeit.

Ich kann mich so richtig freuen über, wenn …

 …  andere sich über das freuen, was wir umsetzen.

Kraft kann ich tanken, wenn…

…  in der Wanne liege.

Ich sollte mal wieder…

…  Joggen gehen.

Mein größter Fehler ist, dass …

… sicherlich meine Tendenz zur Hektik.

Wenn ich noch einmal Kind wäre, dann…

… würde ich gerne wieder auf dem Gallimarkt in der handbetriebenen Schiffsschaukel sitzen. Die hat mich damals begeistert.

Wenn ich einen Tag lang Bundekanzlerin wäre, dann würde ich als erstes…

… unsere Schulen und das Bildungssystem insgesamt besser finanziell ausstattet und aufstellen,

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

…  für mich und meine Familie Gesundheit, das Ende von Kriegen und dass wir mit unseren Jubiläumsaktivitäten einen guten Eindruck hinterlassen.

Imke Boelen ist Vorsitzende des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Leer.

Foto: Privat

Holger Hartwig„Unsere Stubenkirche? Gemütlich zusammenkommen und auch ein Bier oder Wein trinken“