In über 35 Jahren als schreibender Zeitgenosse geht so einiges schief – und wie gut, dass es den Kollegen „Druckfehlerteufel“ gibt. Die Male, die er für meine Fehler „herhalten“ musste, sind ungezählt. Nicht selten hatten die Fehler auch einen gewissen Charme. Gut, wenn der Autor aus einer Frau Kromminga in einem seiner ersten größeren Berichte konsequent eine Frau Kramer macht (weil es eine gleichnamige Klassenkameradin mit gleichem Vornamen gab), dann war es Glück, dass dieser „Stockfehler“ wohl nie der Redaktion, für die ich arbeitete, zu Ohren gekommen ist. Immerhin habe ich daraus gelernt und meinen vielen späteren Azubis immer eingetrichtert: Namen und Zahlen müssen immer stimmen. Das ist das Mindeste. Der Rest ist eh freie Interpretation des Autors..
Nun gut, meine Karriere ist nicht an Frau Kramer gescheitert. Fehler gab es ab und an immer mal, aber nie mehr ein falscher Name oder eine falsche Zahl. Ganz anders die Flüchtigkeitsfehler. Am meisten ist mir einer in Erinnerung, der mir 1990 unterlaufen ist. Damals war es eine klitzekleine Meldung über eine neue Kläranlagenlösung beim Seglerverein in Leer. Im Text sollte die Passage „eine moderne Kläranlage mit angeschlossener Pumpstation“ heißen. Keinem ist etwas aufgefallen, bis in der darauffolgenden Woche eine Zuschrift kam, die die Überschrift trug „Zurück zur Natur beim SV Leer“. Als ich das las, machte es immer noch nicht Klick. Doch dann sorgte die Leserin für die Aufklärung. In dem Text fehlte es an zwei Stellen jeweils der Buchstabe M. Aus der Pumpstation war eine Pupstation geworden. Was haben meine Kollegen herzhaft gelacht! Und ich am Ende auch, denn der Brief war sehr nett, verständnisvoll und freundlich geschrieben.
Dieses Verständnis ist im Laufe der Jahre allerdings eher eine Seltenheit gewesen. Die Telefonate und Zuschriften von Leserinnen und Lesern zu diversen Themen waren oft alles andere als freundlich. „Nicht mal das können Sie, Sie Schmierfink!“, ist noch zitierfähig. Ein Leser hatte die Angewohnheit, jede Woche eine Sammlung der Fehler zu senden mit der Frage, ob sich der Verlag kein Korrektorat leisten könne. Eine ehrliche Antwort wollte ich ihm nicht geben, denn dann hätte ich erklären müssen, dass fast alle Medienhäuser diese Abteilung geschlossen haben, weil es ja schließlich im Zeitalter der EDV eine Rechtschreibkorrektur gibt. Jegliche Erklärungsversuche scheiterten. Hinweise auf den Zeitdruck der Redakteure etc. waren halt kein gutes Argument. Irgendwann war ich die Diskussionen mit dem „Fehlersucher“ leid und habe ihm ein Angebot gemacht. „Herr XYZ, Sie finden in unserer Zeitung jeden Fehler. Was halten Sie davon, dass Sie tageweise kommen und vor dem Druck alle Seiten Korrektur lesen?“. Er willigte ein. Ich hatte ihm fairerweise gesagt, dass er pro Tag maximal drei Stunden Zeit habe, ca. 40 Seiten Korrektur zu lesen. Wir vereinbarten einen guten Stundenlohn. Das war es mir wert. Er willigte ein. Ich dachte: Klasse, zwei Fliegen mit einer Klappe… In der ersten Woche lief es so weit gut. Der neue „Fehlerfinder“ machte seinen Job. Doch was passierte: Ein anderer Leser beschwerte sich über viele Fehler in der Zeitung. Also nahm ich mir die Zeitungsausgaben mit nach Hause. Und bedauerlicherweise waren auf den Seiten weiterhin so viele Fehler wie immer. Ich nahm also die von mir in aller Ruhe durchgearbeiteten Seiten und legte sie dem Korrekturleser vor. Der schaute mich entsetzt an. „So viele Fehler? Das kann nicht sein“. Dann fing er an zu erklären, dass das Zeitfenster für die vielen Texte bzw. Seiten viel zu klein sei für ein gutes Lesen und die Änderungen, die durch Aktualisierungen erforderlich seien, nicht immer alle berücksichtigt werden können. Ich habe ihn dann ausreden lassen und ihn gefragt: Und nun? Er schaute mich an und meinte: „Jetzt habe ich verstanden, was Sie mir in den vielen Telefonaten immer wieder erklärt haben. Zeitung machen ist was anderes, als am nächsten Tag in Ruhe Zeitung zu lesen.“
Nun gut, der Korrekturleser ist geblieben und die Zahl der Fehler ging nach und nach zurück, weil der motivierte Mitarbeiter sich reingehängt hat. Und auch wenn das keine Entschuldigung sein darf und jederzeit jeder Redakteur den Anspruch hat, keine Fehler zu machen, sage ich heute: Eine Zeitung oder einen aktuellen Text ohne Fehler gibt es nicht. Und schließlich sollen ja auch die etwas zu tun behalten, die Freude daran haben, Fehler zu finden.
PS: Viel ärgerlicher finde ich es, wenn der Dativ dem Genitiv sein Tod ist oder etwas im Rahmen einer Veranstaltung gesagt wurde. Oder etwas auf einen Termin geäußert wurde. Denn Rahmen hängen an der Wand und man sitzt auf dem Klo … Aber lassen wir das, denn was heute so alles mit dem Hinweis „ist Umgangssprache“ begründet wird, dafür hätte mir mein Ausbilder „den Kopf gewaschen“. Bei der Pupstation hingegen hat auch er herzhaft gelacht…
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