Aufgeschnappt – 11. Juli 2021

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Von toten Pferden

Schon die Dakoter-Indianer wussten: „Wenn du bemerkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steige ab!“. Worum es geht? Um den Rückzug von Andre Willems von seiner Bürgermeisterkandidatur in Leer. Warum das eine gute Nachricht ist? Nein, nicht weil sich dadurch möglicherweise bzw. könnte sein bzw. ist denkbar die Chancen auf den Sieg anderer BewerberInnen verbessern oder verschlechtern könnten. Das ist in diesem Fall nur untergeordnet.

Es ist eine gute Entscheidung für die Zukunft. Bei seinem jetzigen Versuch, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren, ist so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufe kann. Angefangen damit, dass Willems den CDU-Stadtverbandsvorstand Vertrauen schenkte, dass dieser ihn als Kandidaten der CDU in der Partei gegen Amtsinhaberin Kuhl „durchsetzen“ werde. Kurzum: Statt Rücken- eher Gegenwind. Es hat nun ein wenig gedauert, bis Willems wohl der Realität ins Auge gesehen hat und ihm klar wurde, dass er angesichts seines fehlenden Bekanntheitsgrades keine Siegchance haben würde. Eine gute Nachricht ist das, weil nun sein Name nicht mit einer gescheiterten Kandidatur in Verbindung gebracht wird. Denn, darüber sind sich – über die Parteigrenzen hinweg – die Wegbegleiter Willems, die ihn aus der Kreisverwaltung, in der Politik und im Sport (er war erfolgreicher Fußballtrainer in Bingum und Bunde) kennen, einig: Er bringt alles mit, was eine Führungskraft in der Top-Position in einem Rathaus oder in einer Kreisverwaltung braucht. Mit Anfang 40 stehen ihm in den nächsten 25 Jahren seines Berufslebens mit seinem Wissen und seiner Integrität weiterhin viele Türen offen. Auch in Leer – in 5, 10 oder 15 Jahren. Und so viele Talente – die wie Willems die Region wie aus der Westentasche kennen, die fachliche Kenntnisse haben und Führungsaufgaben übernehmen können und wollen – laufen in Ostfriesland nicht herum. Man darf gespannt sein, welche Aufgabe auf den Kreiskämmerer in den nächsten Jahren zukommt bzw. wie er seinen weiteren Weg gestaltet. Die politischen Erfahrungen – denn daran mangelt es ihm zweifelsfrei noch – der vergangenen Monate in Leer werden ihm dabei hilfreich sein…


Von geduldigem Papier

Respekt und Anerkennung für die viele Arbeit und die unzähligen Stunden, die die Mitglieder der SPD Leer ehrenamtlich in den vergangenen Monaten aufgebracht haben. Anders als die Engagierten beim größten politischen Mitbewerber, der CDU – die sich seit Februar mit Personaldebatten und Rücktritten herumgeschlagen haben und erst seit dieser Wochen einen neuen (Bürgermeisterin-Kuhl-freundlichen) Vorstand haben – haben die Sozialdemokraten ein umfassendes Programm für die Weiterentwicklung der Ledastadt auf den Tisch gelegt. „Unser Plan für Leer“ ist auf der Homepage der Partei nachzulesen. Gegliedert in Bereiche (z.B. Die Bildungsstadt, Die Gerne-Wohnen-Stadt, Die Gute-Arbeit-Stadt), wird beschrieben, was sich die Sozialdemokraten für die Entwicklung der Kreisstadt wünschen. Neben vielen Aspekten, die richtungsweisend sind, sind darin auch Plattitüden zu finden oder Aspekte, die nicht im unmittelbaren Zuständigkeitsbereich der Politik in einer Kommune sind. Gehört wohl einfach dazu. Was hingegen komplett fehlt, ist eine Rubrik mit einem Titel wie „Die finanzierbare Stadt“. Denn am Ende geht es – Stichwort Haushaltlage und Verschuldung – immer um die Frage, wie sich was auch bezahlen lässt. Schade, dass hier „geschwiegen“ wird bzw. nicht Prioritäten gesetzt werden, was auf der Agenda auf den vorderen Plätzen steht. So bedient die Partei unbewusst ein Klischee, dass politischen Gegner gerne nutzen: Die Sozis geben halt gerne Geld aus, was sie nicht haben. Und wecken Erwartungen, die nur schwer zu erfüllen sein könnten, Trotzdem: Ein gutes Papier, denn – Achtung, ebenfalls Plattitüde: Wer gar keinen Plan hat, der kann auch keinen Plan umsetzen…


Von der Kommunikation

Na da schreibt aber mal jemand Tacheles. Die Schulleiterin der Hoheellernschule, Kim-A. Weers-Blank, hat sich in den vergangenen Tagen in einem Brief bei den Mitgliedern des Leeraner Stadtrats für die Unterstützung im Schulausschuss bedanken. Es geht um die Entscheidung, eine – wie sie schreibt – stabile Lösung für die Kinder und das Kollegium der Hoheellernschule zu haben und nicht unter den gegebenen Umständen aus den Containern in ein Provisorium umziehen zu müssen. Sich zu bedanken, ist freundlich und nicht ungewöhnlich. Interessant wird es im zweiten Teil des Briefes. Da heißt es: „Frau Holzgrabe und ich stehen immer für eine offene und ehrliche Kommunikation mit der Stadt, jedoch funktioniert dies aktuell nur in eine Richtung, das mag personelle Gründe haben?“ Es habe lediglich zwei offizielle Gespräche mit dem Schulamt und dem Gebäudemanagement der Stadt im Januar und Februar gegeben. Weiter heißt es: „Danach mussten wir als Schulleitung die richtigen Fragen stellen, um Antworten zu bekommen. Dies ist für uns keine transparente Kommunikation.“ Au weia, dabei wird doch auch von der Verwaltung immer betont, wie wichtig es ist, für den Nachwuchs die besten Voraussetzungen zu schaffen. Und was meinen einige Ratsmitglieder zu diesem Schreiben? Die Schulleiterin habe es auf den Punkt gebracht. Die beschriebene Situation sei beispielhaft für die fehlende bzw. mangelhafte Kommunikation innerhalb von Teilen des Rathauses, mit einem Teil externen Partner und nicht zuletzt auch mit Teilen der Politik. Fest steht: Kommunikation ist immer auch eine Frage der persönlichen Wahrnehmung und kein „Faktum“. Insofern gilt es in den kommenden Wochen genauer darauf zu achten, was bei Äußerungen und Vorwürfen dem Wahlkampf um die Rathausspitze und der Ratszusammensetzung geschuldet ist und was nicht. Aber: Nachdenklich macht es schon, wenn solche Worte von einer Schulleitung kommen…


Vom grauen Wohnungsmarkt

Vor zwei Wochen habe ich ausführlich über die „Zustände“ in dem „Chaoten-Haus“ im Westerende berichtet. Dabei war nicht klar, warum es den Brand mit Todesfolge gegeben hat. Am Freitag nun haben die Polizei Leer  und die Staatanwaltschaft informiert. Der 54-jährige Bewohner verstarb infolge einer Rauchgasintoxikation. Nach Einschätzung eines Brandsachverständigen und der Polizei sind ein elektrotechnischer Defekt oder Glutrückstände für den Ausbruch des Feuers verantwortlich. Hinweise auf ein Fremdverschulden lagen demnach nicht vor. Auch wenn der Fall nun zu den Akten gelegt werden kann – die Zustände auf dem „grauen Wohnungsmarkt“ in der Ledastadt dürfen es hingegen nicht. Insofern ist es gut, dass der Sozialausschuss der Stadt auf Antrag der Grünen um Engeline Kramer einstimmig beschlossen hat, eine Anlaufstelle zum Schutz von Mietern geschaffen wird, die unter prekären Bedingungen leiden. Prima, denn diese Anlaufstelle wird viel zu tun bekommen, wenn sich auch Nachbarn dieser als „Wohnklos“ bezeichneten Behausungen mit ihren Sorgen melden. Allerdings muss die Frage erlaubt sein: Müsste es nicht schon lange selbstverständlich sein, dass die Kommune die Zustände in den Wohnungen, die sie ja für ihren „Kundenkreis“ bezahlt, auch regelmäßig prüft? Nun gut, seien wir gespannt, ob sich mit der/die neuen Mitarbeitenden mit Spezialaufgabe im Rathaus etwas ändert. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…

Vom Bummert

Viele Reaktionen hat es auf den Bericht am vergangenen Sonntag über den Umbau der Kreuzung „Bummert“ in Leer gegeben. Dabei wurde auch eine Frage gestellt: Warum heißt der Bummert denn Bummert? So eine richtige Antwort konnte bisher keiner geben. Nur soviel: Bummert steht laut Wikipedia für eine „alte ländliche Hausform, die nur in Ostfriesland zu finden ist. Der Haustyp war als Doppelhaus für zwei Landarbeiterfamilien konzipiert und fiel durch seine kostensparende Bauweise auf“. Wer weiß, ob ein solches Haus den Namen für die Kreuzung gab? Oder steckt in Leer etwas ganz anderes hinter dem Namen? Antworten gerne an hh@hartwig-am-sonntag.de.

Digital-Tipp zum Sonntag: Leer aus der Luft

Mutige vor: Ab dem kommenden Freitag besteht wieder die Möglichkeit zum Sprung aus über 4000 Meter Höhe. Auf dem Flugplatz in Leer-Nüttermoor wird zum Tandem-Fallschirmspringen über der Ems und im Umfeld der Kreisstadt eingeladen. Der Autor dieser Zeilen hat es im vergangenen Jahr „gewagt“. Das war eine einmalige Erfahrung, die Heimat mit der Ems, an der er groß geworden ist, von oben zu sehen. Zu gerne wäre ich noch näher an der Stadt aus dem Himmel „geflogen“. Aber leider kann man nicht direkt über der Kreisstadt abspringen, so dass für einen Blick von oben „nur“ über die Kernstadt nur Drohnenvideos bleiben. Einen guter Clip mit Leer aus der Luft  gibt’s hier:

 

Vööl Pläseer, munter holln un moi sönndag  HH


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    Holger HartwigAufgeschnappt – 11. Juli 2021