Aufgeschnappt – 15. August 2021

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Von doppeldeutigen Botschaften

Blödheit, Naivität oder bewusster Vorsatz? Bei dem, was Tim Bienert, der junge CDU-Kandidat für den Stadtrat Leer und den Kreistag Leer im sozialen Netzwerk Facebook auf seiner Kandidatenseite gepostet hat, ist die Beantwortung der Frage nicht erforderlich. Das geht gar nicht. Worum geht es?

Der Schriftführer der Jungen Union im Kreis Leer berichtet über seine Wahlkampfaktivitäten und die Verteilung von Bio-Basilikumpflanzen in seinem Wahlbereich. Das ist ok. Allerdings: Der Post am Freitag gegen 18 Uhr beginnt mit einer Zahl, die in Kreisen der Neonazis gerne verwandt wird für die verbotene Grußformel „Heil Hitler“ (deshalb stehen nachfolgend gleich auch zwei XX). Hier der Text: „XX – zwar nicht die Antwort auf alles, aber zumindest darauf, wie viele Basilikum-Töpfe in einen Opel Agila passen“. Das geht gar nicht! Und der junge Politiker kann sich auch nicht damit herausreden, dass er das nicht gewusst habe. Als Absolvent des Leeraner Ubbo-Emmius-Gymnasiums dürfte ihm ausreichend geschichtliches Bewusstsein vermittelt worden sein. Aus meiner Sicht sollte Herr Bienert noch einmal seine „Reife“ für die Kommunalpolitik prüfen und die CDU sich fragen, ob dieser junge Mann für den Nachwuchs in ihrer Partei stehen darf. Und Herrn Bienert sei auch gesagt: Die digitale Welt vergisst nichts. Nichts, was in sozialen Medien mal ganz flott gepostet wird oder an Nachrichten und sonstigen Botschaften auch zu anderen Themen, Einstellungen oder speziellen Vorlieben versendet wird. Mein gut gemeiner Rat: Manchmal kann sehr sinnvoll sein, rechtzeitig und zügig selbst die „Notbremse“ – sprich Konsequenzen, was die Kandidatur betrifft – zu ziehen…


Von Flusskreuzfahrtschiffen

 Eine Premiere im Leeraner Hafen liegt zwar schon einige Tage zurück, sorgt aber im politischen Leer immer noch für Gesprächsstoff, weil sie in gewisser Weise schonungslos offenbart, wie „heftig“ der Kampf um den Bürgermeistersessel im Rathaus entbrannt ist und wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Bürgermeisterin Beatrix Kuhl und Stadtwerke-Chef Claus-Peter Horst ist. Eigentlich sollte man erwarten können, dass trotz Wahlkampf in jeder Situation höchste Professionalität im Miteinander herrscht. Was ist geschehen? Das Flusskreuzfahrtschiff „Johannes Brahms“ war in Leer zu Gast und hat als erster „Kreuzfahrer“ auch eine Hafenrundfahrt gemacht. Und was macht der Kapitän? Er lädt die Bürgermeisterin und den Chef der Stadtwerke, die für den Hafenbetrieb und die Schleuse zuständig sind, zu einem Besuch bzw. einer Mitfahrt bei der Rundfahrt ein. Beide haben dann – das zeigen Posts in den sozialen Medien – einen Besuch vorgenommen. So weit so gut, Kundenpflege für Besucher des Hafens ist das Beste, was jeder in der Stadt betreiben kann, indem er Gästen offen und freundlich begegnet. Allerdings war dann wohl eine Situation, die sich ergab, als Claus-Peter Horst vom Schiff stieg, „besonders“. Bürgermeisterin Kuhl – so wird berichtet – habe mit dem Fahrrad dort gestanden und es habe sich eine „wenig freundliche“ Kommunikation ergeben mit dem Tenor, wieso der Chef der Stadtwerke im Schlepptau mit einem Fotografen vor Ort sei. Eines steht fest: Bei dem Gast, dem Kapitän, wird das keinen guten Eindruck hinterlassen haben. Dabei sollte doch in aller Interesse sein, dass das Thema Kreuzfahrtschiffe in Leer noch mehr Fahrt aufnimmt und die Ledastadt bei allen Passagen, die entlang der Ems stattfinden, wie selbstverständlich als Zwischenstopp angefahren wird. Kurzum: Wenn man nicht dabei war, soll man nicht abschließend (be)urteilen. Aber eines steht fest: Professioneller Umgang und damit Werbung und positives Image geht anders. Externe interessiert nun wirklich nicht, wer was wann wo darf oder soll oder wer wie wo was wann zu verantworten hat. Denn der Veranstalter wird sich mit der Einladung an beide etwas gedacht haben…


Von Wohnungssanierungen

Für viel Geld saniert die Stadt Leer ihre Wohnungen im Hermann-Lange-Ring. Darüber ist viel berichtet worden. Auch der zuständige Minister aus Hannover – Olaf Lies – war da und man konnte den Eindruck gewinnen, dass dort mit sehr viel Aufwand hochwertigster Wohnraum entsteht. Hochwertig ist in diesem Zusammenhang allerdings unangebracht. Denn es gilt, eine alte Bausubstanz wohnfähig und energetisch auf ein zeitgemäßes Niveau zu holen. Nicht alles lässt sich dabei „heilen“. Heizungsleitungen werden in Vorwandmontage montiert und eine Barrierefreiheit ist auch an vielen Stellen nicht möglich (z.B. Bad oder Zugang zum Balkon). Kurzum: Es wird nur das „aufgeholt“, was für den Bauverein Leer, der im Umfeld viele Wohnungen hat, selbstverständlich ist. Und es ist zu hoffen, dass diese Sanierungen bei den Immobilien der Stadt fortgesetzt werden, schließlich ist die Miete viele Jahrzehnte zuvor im städtischen Haushalt versackt, statt sie für Modernsierungen zu verwenden. Mal sehen, welchen Kurs die Stadt in dieser Hinsicht nach der Wahl weitergeht…


Digitaltipp zum Sonntag: www.leeraner-miniaturland.de

Ein Ausflug in die Nachbarschaft an einem eher „grauen“ Sonntag? Dann lohnt es sich, erstmals oder mal wieder im Leeraner Miniaturland in der Konrad-Zuse-Straße vorbeizuschauen. Dort sind auf mehr als 1.500 Quadratmetern in einer Modelllandschaft im Maßstab 1:87 mit hohem Wiedererkennungswert Regionen Ostfriesland, Oldenburg, das Ammerland und – seit 2017 – auch Berlin nachgebildet.


Von HARTWIG am Mittwoch

Zum Abschluss noch ein Wort in eigener Sache. Den HARTWIG gibt es ab sofort auch zweimal in der Woche mit Kolumnen in einer gedruckten Zeitung: der Ostfriesland-Ausgabe der Nordwest-Zeitung sowie der Emder Zeitung sowie online unter www.nwzonline.de. Zusätzlich zu den Beiträgen, die hier Sonntag für Sonntag zu finden sind, gibt es dort auch noch HARTWIG am MITTWOCH. Ich freue mich über diese Partnerschaft mit einem Medienhaus, das für guten lokalen Journalismus steht.

Munter holln un moi sönndag HH

PS: Man kann auch alle Beiträge auf dieser Seite an Freunde versenden bzw. empfehlen mit dem Hinweis, dass es sich lohnt, HARTWIG am Sonntag auf Facebook zu liken, um nichts zu verpassen 😉

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Stellungnahme von Tim Bienert zu „Aufgeschnappt“ vom 15.08.2021, 16.August 2021

„Entschuldige mich, stehe zu Fehlern und teile definitiv keine rechtsextreme Ideologien“

Bei diesem Thema gibt es eine politische und eine persönliche Dimension.  Politisch ist mir durchaus bewusst gewesen, dass diese Zahl einen gewissen geschichtlichen Kontext aufweist. Deswegen habe ich auch versucht ihn als diesen zu Kennzeichnen. Alleine das wir nun darüber reden bzw. schreiben verdeutlicht, dass mir dies nicht ausreichend gelungen ist. Dafür möchte ich mich entschuldigen – das tut mir leid.
Daraufhin habe ich mich nun am Sonntag dazu entschieden meinen Beitrag zu löschen, nachdem ich ihn bereits am Samstag Nachmittag bearbeitet hatte. Für mich ist es wichtig, die Bürger:innen transparent und offen in meinem Wahlkampf einzubinden, egal ob es um die Erstellung meines Flyers, meines Slogans oder um den Transport von Basilikumtöpfen geht.
Jeder der mich kennt weiß, dass ich definitiv keine rechtsextreme Ideologien teile.
Auf einer persönlichen Ebene finde ich es außerdem sehr schade, dass ich als junger und noch unerfahrener Kandidat – der definitiv Fehler gemacht hat und dazu auch steht – direkt dazu aufgefordert werde meine Kandidatur niederzulegen. Das sehe ich nicht so. Ich habe noch viel dazu zu lernen, dem bin ich mir vollstens bewusst, aber wir brauchen junge Menschen in der Politik und sollten ihnen helfen Erfahrungen zu sammeln, z.B. durch die etablierten Kommunalpolitiker unserer Stadt. Ich habe mich bereits oben für diesen Fehler entschuldigt und werde mich in Zukunft bemühen meiner Vorbildfunktion gerecht zu werden. Das verspreche ich!
Mit freundlichen Grüßen
Tim Bienert
CDU-Kandidat für den Stadtrat Leer und den Kreistag Leer
Holger HartwigAufgeschnappt – 15. August 2021