Jeder kennt dieses Gefühl: die Enttäuschung. Es hat sich ein Mensch anders „präsentiert“ in einer Situation, als es erwartet wurde, oder eine Sache ist komplett anders gelaufen als erhofft. Die Reaktion ist dann meist die gleiche: Frustration, Traurigkeit, Verärgerung. Bei manchen Menschen dauert es Monate oder gar Jahre, bis sie über eine (menschliche) Enttäuschung hinwegkommen.
Warum ist das so? Dafür gibt es bei genauer Betrachtung nicht wirklich einen Grund. Wer enttäuscht wurde, für den ist eine Täuschung erkennbar geworden. Gleiches gilt für Wörter wie „Entwicklung“, „Enttarnung“ oder „Entdeckung“. Auch hier hat sich etwas entwickelt, es hat sich aus einem Zustand oder einer Situation in eine neue bzw. andere „vorwärtsbewegt“. Und wenn etwas „enttarnt“ wurde, dann der freie Blick auf die Wirklichkeit gegeben. Und bei einer Entdeckung ist etwas aus der Deckung bzw. aus dem Versteck herausgeholt worden.
Wenn wir also eine Enttäuschung erleben, dann kann es sinnvoll sein, sich nicht so sehr mit der Enttäuschung auseinander zu setzen, sondern vielmehr darauf zu schauen, worin die Täuschung bestand. Es macht Sinn, sich zu fragen, wie es möglich war, getäuscht zu werden. Es macht Sinn darauf zu achten, nicht mehr so einfach getäuscht werden zu können. Den Durchblick nach einer Enttäuschung zu bekommen, kann jede Enttäuschung zu einer Freude werden lassen.
Na und wenn es mit der Freude dann nicht so einfach ist, weil der Schmerz über die Enttäuschung lange nachwirkt, dann hilft zum Überbrücken dieser Phase der Gedanke: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Denn eines ist sicher: Mit zeitlichem Abstand wird jede Enttäuschung zu einer Chance. Einer Chance, achtsamer zu sein, um weitere Enttäuschungen in jeglicher Hinsicht zu vermeiden.
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.