Den richtigen Platz auf dem Spielfeld finden

Artikel teilen

Von Holger Hartwig*

Wer zufrieden und erfolgreich durch das Leben gehen will, bei dem kommt es darauf an, dass er im Denken, Handel und in der im Leben in der Familie, Firma oder im Ehrenamt den für ihn richtigen Platz findet. Was damit gemeint ist? Na, warum heißt es wohl umgangssprachlich gerne mal „der/die ist da aber fehl am Platz“ oder „die Stelle/Position passt bestens zu ihm/ihr“? Ganz einfach, weil Aufgabe, Umfeld, Fähigkeiten bzw. Talent und vor allem der Charakter mit Lebensauffassung und Denken zu dem- oder derjenigen zugeschnitten sind oder eben überhaupt nicht kompatibel sind.

Wie finde ich für mich den richtigen Platz? Gar nicht so einfach. Um ein kleines Stück auf dem Weg zu diesem richtigen Platz zu finden, stellen Sie sich bitte einmal einen Sportverein mit einer Fußballmannschaft vor. Sie haben in diesem Verein, bei dem Fußball gespielt wird, die freie Auswahl, welche Position sie einnehmen wollen. Stehen Sie im Tor? Sind Sie lieber Spielmacher? Oder der umjubelte Torschütze? Der Einwechselspieler? Der Teammanager? Der Vorsitzende? Der Platzwart? Welche dieser Positionen sagt Ihnen im ersten Moment am ehesten zu? Was könnte Ihnen Spaß und Freude bereiten? Welche Aufgabe passt exakt zu Ihnen? Entscheiden Sie ganz spontan, in welcher Rolle sie sich wohlfühlen.

Ihre Antwort, für welche Position Sie sich bei diesem fiktiven Verein spontan entscheiden, kann ihnen viele Impulse geben, die auch für den Lebensalltag nützlich sein könnten. Denn jede dieser Positionen bzw. Aufgaben ist gekennzeichnet durch bestimmte Eigenschaften und Neigungen. Nehmen wir beispielsweise den Torschützen. Der will gerne im Mittelpunkt stehen, liebt es, durch sein Handeln für spektakuläre Momente und Entscheidungen zu sorgen. Oder der Spielmacher. Der möchte die Richtung vorgeben, der Stratege sein und seinen Mitspielern Kommandos geben, was sie wie zu tun haben. Er lässt sich wenig gefallen, überzeugt durch seine Leistungen … und nimmt sich manchmal auch etwas heraus, was andere Spieler nie machen würden. Denken Sie mal an die Herren Netzer oder Schuster…

Oder der Torwart. Er soll ja – da sind sich Fußballer einig – wie der Linksaußen sowieso ganz besonders sein. Stimmt. Denn der Torhüter liebt es, in der letzten Sekunde seines Handelns als Einzelkämpfer unterwegs zu sein. Er hat verinnerlicht, dass er gleichermaßen Held oder Trottel sein kann, dass er über den Erfolg maßgeblich entscheidet. Er weiß, wie er mit Fehlern umgehen muss und dass der Fokus dann brutal auf ihm liegt. Oder wer hat nicht das Bild von Oliver Kahn nach dem WM-Finale 2002 vor Augen?

Dann gibt es noch die Positionen rund um das Spiel. Sehen Sie sich vielleicht als der Platz- oder Zeugwart? Dann sind sie jemand, der gerne im Hintergrund arbeitet und dafür sorgt, dass alles gut strukturiert ist. Sie sind der Kümmerer, der sorgt dafür, dass alle anderen überhaupt erst auf dem Feld mit dem Ball zaubern können. Sie wollen aber auf keinen Fall auf der Bühne stehen und Applaus bekommen, sondern in aller Ruhe nach getaner Arbeit dem Spiel zusehen. Und anschließend wieder für Ordnung sorgen.

Und dann gibt es noch den Teammanager oder den Trainer. Der hat schon viel erlebt und hat sich – das ist nicht selten – aus der Spielmacherrolle in diese Funktion weiterentwickelt. Er hat den Überblick, er schafft Strukturen, er sorgt dafür, dass alle zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Position das richtige machen. Gleichzeit benötigt er nicht mehr den Applaus bei einem Erfolg, wie es der Mittelstürmer nach erzieltem Tor gewohnt ist. Auch hier werden sich Fußballfans an ein Bild bei der WM 1990 erinnern. Franz Beckenbauer, der gerade seine Mannschaft zum Titel gecoacht hat, steht mit Händen in den Hosentaschen im Mittelkreis, blickt in das Stadionrund und genießt den Moment für sich, während sich andere von den Fans feiern lassen.

Um bei Beckenbauer zu bleiben: Er zeigt, was beim Finden der richtigen Position auch lebenslang dazu gehört. Jede Position hat seine Zeit. Stetig ist der Wandel und damit die Bereitschaft, neue Aufgaben anzunehmen. Erfahrungen spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle. Eine Erfahrung zeigt sich dabei immer wieder: Wer im Leben nicht immer mal wieder schaut, ob er noch auf der richtigen Position mit der passenden Aufgabe im angenehmen Umfeld ist, sondern in der Situation verharrt, der ist für Unzufriedenheit und fehlende Ausgeglichenheit sehr empfänglich. Darum lohnt es sich, regelmäßig zu prüfen: Bin ich auf meinem „Spielfeld des Lebens“ weiterhin an der zu mir passenden Stelle? Oder ist es an der Zeit, einmal über eine neue Position nachzudenken. Und manchmal steht dann sogar eine Auswechslung und damit verbundene Auszeit oder vielleicht sogar ein Vereinswechsel mit neuer Position und Herausforderung an.

Holger HartwigDen richtigen Platz auf dem Spielfeld finden