„Das politische Chaos hat die Wärmepumpe fast komplett aus dem Rennen genommen“

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Markus Wilken, Obermeister der Installateur- und Heizungsbauer-Innung Leer

LEER Seit sieben Jahren ist er Obermeister der Installateur- und Heizungsbauer-Innung Leer: Markus Wilken. Der 37-Jährige hat selbst ein Unternehmen gegründet und zwei alteingesessene Firmen im Kreis Leer übernommen und hat heute knapp 40 Mitarbeitende. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der gebürtige Rheiderländer, der in seine Freizeit auch Kassenwart des Zollhausvereins ist und plattdeutsches Theater spielt, über die Herausforderung, die Innung am Laufen zu halten, seinen Weg für die Gewinnung von Nachwuchs und die Verunsicherung von Hauseigentümern, die ihre Gaskessel 2023 austauschten, obwohl es noch nicht erforderlich war. Weitere Themen sind die Frustration über die Arbeit der Ausländerbehörde beim Kreis Leer und ein Verbot der AfD.

Chef einer Innung zu sein, ist …

… eine hohe Verantwortung und viel Arbeit in den vergangenen 1,5 Jahren, da es viel Unsicherheit für unsere Branche und die Kunden gab. Mich haben als Obermeister viele Hausbesitzern angerufen mit der Frage: Was soll ich machen mit meiner Heizung? Was ist die beste Lösung? Ich habe dann immer erklären müssen, dass das nicht meiner Baustelle ist und habe an die Energieberater und auf unsere Fachbetriebe verwiesen.

Die größte Aufgabe als Innungschef wird in der nächsten Zeit sein…

… die Mitglieder für aktive Mitarbeit zu begeistern und zudem dafür zu sorgen, dass die Unternehmen weiter das Interesse an unserer gemeinsamen Interessenvertretung behalten.

Wenn ich an die Preisentwicklungen im Handwerk denke, dann…

… finde ich die aktuelle Lage beim Stundenlohn angemessen. Eine Gesellenstunde muss zwischenzeitlich wischen 60 und 70 Euro kosten, um die Lohnkosten zu decken.

Dem Fachkräftemangel können wir als Handwerker am besten begegnen, wenn wir …

… aktiv auf junge Leute eingehen und bereits in den Schulen den Kontakt suchen. Wir haben sehr gut Erfahrungen mit Praktikanten gemacht. Die „schnappe“ ich mir und zeige ihnen auf, welche Chanen sich mit der Ausbildung und dann Weiterbildungen bei uns bietet. Das funktioniert sehr gut.

Handwerk hat goldenen Boden, weil …

… für uns gilt: Jeder braucht in seinem Zuhause eine funktionierende Heizung, so dass wir immer gebraucht werden.

Das letzte Mal auf der Baustelle selbst mit angepackt habe ich…

…(lacht) bei der Heizungssanierung in Zollhausvereins. Manchmal stört mich das. Wenn ich zu viele Bürotermine habe, dann sage ich immer: Teilt mich irgendwo mit ein, damit ich mal wieder etwas Anständiges mache, was ich am Ende auch sehen kann.

Wärmepumpe, Geothermie usw. – für uns bedeutet das …

die Zukunft. Aktuell schwächelt die Nachfrage allerdings. Das politische Chaos hat die Wärmepumpe fast komplett aus dem Rennen genommen.

Die Auftragsbücher unserer Innungsmitglieder sind…

… relativ gut gefüllt. Wir kommen ja aus einer Wohlstandzeit, weil wir einige Jahre mehr Aufträge hatten, als wir bearbeiten konnten. 2023 war Ausnahmejahr, weil durch die politischen Entscheidungen viele Umsätze vorgezogen wurden, die erst in den nächsten Jahren anstanden. Viel Hauseigentümer habe ihre Gaskessel ausgetauscht, obwohl sie noch einige Jahre in Betrieb hätten bleiben können. Das hat mit der Verunsicherung zu tun, für die die Politik gesorgt hat.

 Die Gesetze zum Bauen, die aus Berlin kommen, sind aus meiner Sicht …

… durchaus sinnvoll, aber ziemlich oft unwirksam, weil sie aus meiner Sicht nicht zu Ende gedacht sind. Wir hatten beispielsweise das Problem, dass die Förderung für die Wärmepumpen von vielen Hauseigentümern gern genommen wurde, aber die Auszahlung der Förderung zu lange dauert. Es ist für viele nicht möglich, bis zu neun Monate die Fördersumme – es geht um viele tausend Euro – zwischen zu finanzieren. Die Ausrichtung in Richtung Klimaneutralität ist wünschenswert, aber es sind zu viele Schnellschüsse Wärmepolitik. Ich bin deshalb auch sehr gespannt, ob und wie es mit einer kommunalen Wärmeplanung als Grundlage für die nächsten Schritte weitergeht.

Wenn ich an die Zusammenarbeit mit den Behörden im Kreis Leer denke, dann…

… funktioniert es für uns als Handwerksbetrieb gut, wir haben wenig Berührungspunkt. Es gibt allerdings eine Sache, über die ich mich richtig ärgere: die Ausländerbehörde. Alle wissen, dass wir einen Fachkräftemangel haben. Wir hatten einen jungen Auszubildenden, der die Prüfung bestanden hat und gute Arbeit machte. Ihn bei uns behalten zu können, war ein großer Kampf. Erst mit der Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts ist es mir gelungen, ein positives Ergebnis zu erreichen. Ich habe in der nicht gesamten Zeit nicht verstanden, was so schwierig daran ist, ein gemeinsames Gespräch zu führen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Es wäre gut, wenn hier etwas mehr Bereitschaft und Flexibilität geben würde.

 Mein Lebensmotto ist…

… „Genieße jeden Tag“.

Ich kann mich so richtig ärgern, wenn …

… ich aus dem Zeitplan gerate. Das ist meine große Schwäche.

Ich kann mich so richtig freuen über…

… die Wissendurst meiner drei Töchter.

Mein Engagement als Kassenwart im Zollhausverein ist für mich …

… ein Ruhepol. Ich „liebe“ diese Gebäude, es ist für mich der Kulturstandort in Leer, der erhalten werden muss. Dort wird von der Lesung über Theater bis zum Konzert interessanter Bands, die sonst nur in größeren Städten spielen, für Jung und Alt etwas gebeten. 

Plattdeutsches Theater zu spielen, …

… eine Mischung aus viel Freude, aber vor allem in der Vorbereitungszeit sehr intensiv und auch etwas stressig.  Auf der Bühne zu stehen – letztes Jahr durfte ich die Hauptrolle spielen- bedeutet Spaß und Ausgleich.

Für das Rheiderland wünsche ich mir, dass …

… in meinem Heimatort Bunderhammrich bzw. Ditzumerverlaat wieder der ursprüngliche Zustand ein wenig zurückkehrt. Heute stehen dort viele Häuser Leer und einiges verfällt. In meiner Erinnerung ist es ein schönes Dorf und es wäre gut, wenn es wieder ein eine positivere Richtung gehen würde.

Mein schönster Urlaub ist…

… immer der letzte. Jeder Urlaub ist schön. Wir sind gerne und oft in Kroatien. Das ist unser festes Urlaubsziel.

Das letzte Buch, dass ich gelesen habe, handelte von …

… dem Leben Albrecht Weinbergs. Ich war bei der Lesung und danach habe ich das Buch, das das Leben des Juden aus Leer erzählt, mit Interesse gelesen.

Wenn ich einen Tag lang ein anderer sein könnte, dann wäre ich gerne…

… Bürgermeister der Stadt Leer. Ich könnte einiges für mich „durchleuchten“, was sich noch nicht nachvollziehen kann, z.B. die verwaltungstechnischen Abläufe.

Als Bundeskanzler würde ich als erstes…

… die AfD verbieten lassen.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir…

… Frieden und Glück und Gesundheit für meine Familie.

Markus Wilken ist Obermeister der Installateurs- und Heizungsbauer-Innung in Leer. In seiner Freizeit ist er Kassenwart bei Zollhausverein Leer und spielt plattdeutsches Theater.

Foto: Privat

Holger Hartwig„Das politische Chaos hat die Wärmepumpe fast komplett aus dem Rennen genommen“