Wissen Sie, was am 12. Mai im Leeraner Rathaus stattfindet? Wahrscheinlich nicht. Für diesen Tag ist eine Sitzung des Sportausschusses geplant. Das ist zunächst nichts Besonderes. Allerdings: Es ist die erste Sitzung dieses Gremiums – mehr als sieben (!) Monate nach der konstituierenden Sitzung des Rates nach der Kommunalwahl.
Dieser Umstand zeigt auf, welche Bedeutung der Sport in der Stadt in den vergangenen Jahren hat. Er ist in gewisser Weise wie ein fünftes Rad am Wagen. Seit vielen Jahren tendieren die Investitionen in die Sportstätten gen Null. Gerade erst sind jegliche Mittel für Investitionen – in diesem Fall für Sanierungen beim Postsportverein – ersatzlos aus dem Haushalt gestrichen worden. Auch die Summen, die in moderne Geräte in den städtischen Schulen investiert werden und damit auch den Vereinen zur Verfügung stehen, sind alles andere als üppig.
Was der Sport, dessen Bedeutung für die Gesellschaft und Gesundheit so gerne durch die Politik betont wird, den Politikern wirklich „Wert“ ist, merken die ehrenamtlich Engagierten auch bei der Frage, wie die Sportanlagen-Unterhaltung unterstützt wird. Während in vielen Nachbarkommunen die Pflege durch kommunale Mitarbeitende übernommen wird oder üppige Zuschüsse gezahlt werden, gibt es in Leer beispielsweise Festsätze für die Unterhaltung von Sportplätze. Wer eine große Anlage mit zwei Sportplätzen hat, bekommt einmal im Jahr etwa 1.500 Euro. Das reicht natürlich hinten und vorne nicht. Vor allem, wenn dann für denselben Zeitraum vom Verein ein Drittel der Summe an Erbpacht (viele Flächen sind in diese Form an die Vereine bereit gestellt) an die Stadt zurück zu zahlen ist. Geld für Flächen, die für Bürger der Stadt „nutzbar“ gehalten werden. Gleichzeitig wird politisch auch Wert darauf gelegt, dass die Mitgliedsbeiträge auch für Sozialschwache bezahlbar bleiben. Die jährliche, seit vielen Jahren konstante Pauschale von 10,50 Euro pro Jugendlichem Mitglied ist da ein Tropfen auf den heißen Stein…
Die Herausforderungen, die die Vereine haben, sind auch bei dem Angebot an Sportstätten in Leer spürbar. Kunstrasenplatz? Nicht einmal in der Planungsphase. Leichtathletik-Sportstätte? Eine am Pastorenkamp, die nur für den Schulsport genutzt werden kann. Modernes Stadion für Großveranstaltungen? Nicht vorhanden. Die Liste ließe sich für die unterschiedlichsten Sportarten fortsetzen. Verwunderlich ist das nicht, da die Vereine mit ihren Mittel haushalten müssen. Anderenorts im Kreis Leer ist das anders. Dort ist es bis heute selbstverständlich, dass die Kommunen sich am Konzept der Drittelfinanzierung (jeweils Land bzw. Landessportbund, Kommune und Verein) beteiligen. Insgesamt sind kreisweit derzeit durch die Vereine Investitionen von etwa 2,1 Mio. Euro vorgesehen – ein Höchstwert seit vielen Jahren.
Überraschend ist die insgesamt stiefmütterliche Behandlung des Sports in der Kreisstadt umso mehr, weil der Stadtrat mit hochrangigen Vertretern aus dem Sport besetzt ist. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz-Dieter Schmidt war viele Jahre Vorsitzender des BSV Bingum. Thomas Bruns aus der CDU-Fraktion führt den VfR Heisfelde und Ferhat Özdemir (Fraktion der Grünen) ist zugleich Vorsitzender des FC Kickers Leer und zweiter Vorsitzender von Germania Leer. Aber vielleicht ist auch genau das das Problem…
Um in Leer im Sport voranzukommen und den vielen Ehrenamtlichen eine Perspektive zu geben, ist es an der Zeit, zunächst einmal eine Bestandaufnahme zu machen. Wie ist der Zustand der Anlagen? Woran fehlt es? Wo soll die Reise hingehen? Ein Sportentwicklungsplan wäre da der erste Schritt. Einen solchen aufzustellen, hat die Politik letztmals 2019 abgelehnt. 35.000 Euro waren da einmal aufgerufen, inklusive etwaiger Zuschüsse von außen. Auch preiswertere Lösungen schafften es nicht bis zur Umsetzung.
Wenn also der neue Rat die Stadt in eine bessere Zukunft führen will, ist es an der Zeit, auch für die vielen Sportlerinnen und Sportler in der Stadt einen ersten positiven Akzent zu setzen. Mal sehen, wie das der neue Vorsitzende des Sportausschusses, Sven Dirksen von der Oppositionspartei FDP angehen wird. Danach sollte klar sein, wo die Reise hingeht und wie langfristig ein qualitativ ansprechendes Breitensportangebot gesichert werden kann. Denn das würde den ehrenamtlichen Vorständen und auch Partnern bei der Förderung von Investitionen – z.B. Land, Sportbund – Sicherheit geben. Aber vielleicht müssen ja diese Partner der Politik – beim Landkreis wird, so ist zu hören, ein Entwicklungsplan als Voraussetzungen für weitere Zusammenarbeit erwogen – der Stadt erst richtig auf die Füße steigen.
Symbolfoto: Hanna Auramenka, Pegels