Die Beziehung zwischen Journalisten und Politikern ist eine ganz besondere – ganz gleich, ob auf Bundes-, Landes- oder Ortsebene. Man mag sich, man braucht sich irgendwie, man verbündet sich (zweitweise) und dann verteufelt man sich gegenseitig wieder. Zumindest gilt das für Redakteure, die sich keiner Partei angeschlossen haben und die auch Wert darauf legen, Informationen aus allen politischen Lagern zu erhalten.
Über das „Spiel der Kräfte“ zwischen Redakteuren und Politikern ließe sich ein spannendes Buch schreiben – hier einmal zwei Geschichten, die einen kleinen Einblick geben. Die erste ereignet sich kurz nach einer Kommunalwahl. Jahrzehntelang hat in diesem Ort die Partei die absolute Mehrheit gehabt, interne Streitigkeiten und viele andere Aspekte führen dazu, dass die „Allmacht“ erhebliche Dellen erlitten hat. Nach den Wahlen hat sich die Situation geändert. Jetzt muss eine Koalition mit einem Partner dafür sorgen, dass gewünschte Beschlüsse mehrheitsfähig sind. Verbunden mit den veränderten Verhältnissen ist auch die personelle Verjüngung. An der Spitze stehen nun drei junge, dynamische Kräfte – und wie es so üblich ist, treffen wir uns nach der Wahl zu einem Hintergrundgespräch (in diesem Fall bei Currywurst und Pommes auf einer Sportanlage). Es geht, über die künftige Form der Zusammenarbeit zu sprechen und vor allem auch zu klären, wie mit vertraulichen (Hintergrund)Informationen umgegangen wird. Das Gespräch verläuft gut und fair. Es scheint zu passen und es herrscht Einigkeit, dass es am Ende im Zusammenspiel Politik-Journalismus darum geht, für die Menschen und die Stadt die besten Ergebnisse zu erreichen. Dann kommt plötzlich eine Frage, die eigentlich schon beantwortet schien. „Sagen Sie mal Herr Hartwig, können wir uns auf Sie verlassen?“ Ich verstehe die Frage nicht, wir hatten zuvor das Zusammenspiel skizziert. Gegenfrage: „Wie meinen Sie das denn jetzt?“. Antwort: „Na ja, Sie wissen ja, dass es künftig bei Entscheidungen knapp werden kann“. „Natürlich weiß ich das – und was meinen Sie jetzt konkret?“ Darauf eine der drei Gesprächspartner: „Können wir uns darauf verlassen, dass Sie unsere Positionen gerade in solchen Momenten vor der Entscheidung wohlwollend kommentieren?“ Ich denke: Bin ich hier im falschen Film? Ich hatte ja deutlich gemacht, dass vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht bedeutet, dass ich meinen Kopf abschalte beim Schreiben. Ich frage noch einmal nach und der Wunsch – oder sagen wir Anspruch – wird noch einmal unterstrichen. Mir bleibt nur ein Kopfschütteln – und nach einiger Zeit die Antwort: „Ich denke, wir haben alles besprochen. Ich gehe dann jetzt mal. Schönen Abend noch.“
Spannend sind auch immer die Wochen vor einer Wahl. Dann legen die Kandidatinnen und Kandidaten viel Wert darauf, möglichst oft eine gute Presse zu haben. Vor einer Kommunalwahl klingelt bei mir das Telefon. „Herr Hartwig, ich muss noch mal in die Zeitung. Was können wir machen?“ Ich frage zurück: „Warum wollen Sie denn in die Zeitung?“ Antwort: „Ja die Menschen müssen doch wissen, warum ich der Richtige bin und sie mir ihre Stimme geben sollen“. Darauf sage ich: „Tut mir leid, ich kann Ihnen dabei nicht helfen“. Erneute Frage: „Warum denn nicht, wir könnten doch mal…“. Ich unterbreche den Politiker und versuche ihm zu erklären, warum ich ihm nicht helfen kann. „Herr XYZ, Sie sind jetzt viele Jahre im Stadtrat. Ganz ehrlich: Wenn Sie es in den all den Jahren nicht geschafft haben, durch gute Arbeit ihre Freunde, Verwandte, Bekannte und Nachbarn von sich zu überzeugen und dazu zu bringen, dass sie sie wieder wählen, dann wird das mit einem Zeitungsartikel wohl kaum gelingen.“ Schweigen am anderen Telefonende. Dann der erneute Versuch, mir „sein“ Thema nahe zu bringen. Er hatte nicht verstanden, was ich meinte und wollte weiter „sein“ Thema an mich verkaufen. Ganz abgesehen davon, dass das Thema absolut nicht veröffentlichungswürdig war (es war inhaltlich nicht nachvollziehbar), hat der Politiker mir bis zum letzten Tag nicht verziehen, dass ich nicht bereit war, für ihn etwas zu tun. Wiedergewählt wird er wenige Tage später trotzdem…
Schreiben Sie einen Kommentar: