„Die Gebühren für das Ausleihen von Büchern sind viel zu niedrig“

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„Auf einen Tee mit …“ – Antje Hamer-Hümmling, Leiterin der Stadtbibliothek Leer

LEER Seit über 40 Jahren – davon 23 in Leer – prägen Bücher ihren Berufsalltag: Antje Hamer-Hümmling. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht die Diplom-Bibliothekarin, die in Leer aufgewachsen ist und seit 1999 die Bibliothek der Ledastadt leitet, über die Bedeutung einer Bibliothek für eine Stadt als nichtkommerzieller Raum, über zu niedrige Ausleihgebühren sowie über die Folgen des digitalisierten Lesens bei Kindern. Weitere Themen bei der Tasse Tee mit der 63-Jährigen sind: die Bibliothek als Drehort für die Friesland-Krimis, Umweltsünder und Klimakrise sowie Lebensmotto und Lieblingsbuch.

An Büchern fasziniert mich, dass …

sie ein Fundus an Wissen sind,  dass sie unendliche Möglichkeit bieten, in das Reich der Fantasie abzutauchen und dass sie häufig auch ein Spiegelbild der Gesellschaft sind.

Wenn ich selbst ein Buch schreiben sollte, dann …

wäre das am ehesten einen Familienroman. Ich bin allerdings kein kreativer Mensch, sondern organisiere lieber. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht, selbst ein Buch zu schreiben.

Eine gute Stadtbibliothek zeichnet aus, dass …

sie engagierte Mitarbeitende hat, die den Geist dieses Ortes beleben. Selbst ein guter aktueller Bestand lebt davon, dass es Menschen gibt, die daraus etwas machen.

Etwa 150 plattdeutsche Bücher im Angebot zu haben, ist aus meiner Sicht…

für eine Bibliothek in Ostfriesland selbstverständlich. Wir pflegen dadurch die Sprache. Heimat – spielt eine wichtige Rolle. Sie schafft Identität.

Wenn ich den Friesland-Krimi mit unserer Bibliothek als Polizeiinspektion sehe, dann …

… freue ich mich sehr, dass eine Bibliothek zu einem Ort einer Fernsehsendung wird. Viele Menschen, die in der Stadt touristisch unterwegs sind und sonst wohl keinen Fuß in unsere Tür setzen würden, kommen zu uns. Daraus ergeben sich viele spannende Gespräche über die Stadt. Das ist ein schöner Nebeneffekt.

Der Anteil an digitalen Medien wird …

… weiter steigen. Es bleibt unsere Aufgabe, weiterhin digitale und analoge Angebote zu machen. Leseförderung und Lesen lernen läuft anders als digital. Mit macht es Sorgen, dass von Eltern sehr wenig wahrgenommen wird, welche Auswirkung die Digitalisierung und das digitale Lesen auf die Entwicklung des Gehirns der Kinder hat. Analoges Lesen ist in dieser Hinsicht sehr wichtig.

Der Freundeskreis unserer Bibliothek ist…

… sehr wertvolle Unterstützung, auf die wir nicht verzichten können.

Unsere Veranstaltungen sind für mich …

… wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir erreichen damit auch Menschen, die nicht Leser der Stadtbibliothek sind und tragen zum kulturellen Leben in der Stadt bei. Es ist für mich auch wichtig, dass wir mit den Lesungen und Ausstellungen Autoren und Künstler vor allem auch aus unserer Region fördern.

Unser Julius-Club ist …

… supertoll. Wir begeistern damit seit vielen Jahren Kinder in den Sommerferien für das Lesen. Basis ist das Buch. Kinder erleben bei uns dann, was man rund um da Buch gemeinsam machen kann. Es ist immer wieder eine Freude, die Kinder zu erleben.

Wenn ich an die Gebühren für das Ausleihen denke, dann …

… sind diese viel zu niedrig. Wir haben diese trotz vieler Zusatzangebote wie zum Beispiel die Ausleihe von digitalen Medien seit Ewigkeiten nicht erhöht. Erwachsene zahlen 15 Euro für Erwachsene für das gesamte Jahr. Auch ein etwas erhöhter Preis wäre noch sozialverträglich, weil wir viel zu bieten haben.

Der Bücherschrank am Heinrich-Vosberg-Pad Richtung Hafen ist…

… klein, aber fein. Ein Zugewinn, der aus Interesse von Bürgern entstand, die nach einem öffentlichen Bücherregal gefragt haben. Was wir nicht an Schenkungen in der Bibliothek gebrauche können, geben wir darüber zurück. Das Regal ist für mich ein Produkt der Nachhaltigkeit.

Mein Lieblingsbuch ist…

Ich habe nicht eines. Jeden Herbst mache ich meine Buchvorstellung und habe einige Bücher, die mir gefallen.  Es gibt Bücher, die mich begeistern, beispielsweise Ronja Räubertochter oder Momo. Sie begleiten mich von ihren Aussagen her mein gesamtes Leben.

Ins Kino zu gehen

… eine Selbstverständlichkeit seit Jugendjahren.

Wenn ich an die Klimakrise denke, dann…

…wird mir Angst und Bange. Das Thema verfolgt mich seit vielen Jahren. Es ist bedenklich, dass wir als Gesellschaft seit Jahrzehnten nicht auf die Ergebnisse der Wissenschaft gehört haben. Wir merken jetzt durch Überschwemmungen oder Temperaturanstieg, dass wir zu wenig bereit waren, die Erkenntnisse gesellschaftlich und politisch umzusetzen.

Mein Lebensmotto ist…

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Deshalb setze ich mich seit Jahrzehnten für die Leseförderung ein. Sinnerfassendes Lesen ist nicht nur Genuss, sondern ermöglicht die Teilhabe an der Gesellschaft, Der hohe Anteil an Analphabeten mit 10 Prozent erschrickt mich immer wieder.

Meine Familie ist für mich

…  Anker und das wichtigste überhaupt.

Mein Lieblingsplatz in Leer ist…

… der Balkon der Bibliothek mit Blick auf den Hafen und der Evenburg-Park.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Umweltsünder, d.h. wenn Menschen zu nachlässig mit der Welt umgehen. Auch in Leer stört mich, wieviel Müll gedankenlos hinterlassen wird.

Ich kann mich so richtig freuen über …

 … junge Menschen, die tief versunken in ein Buch abtauchen.

Mein größter Fehler ist …

… meine Ungeduld.

Wenn ich einen Tag lang in meinem Leben ein anderer sein könnte, dann wäre ich gerne…

… eine Künstlerin. Ich bewundere Menschen, die diese Kreativität haben und gestalten und beispielsweise in Bildern Landschaften und Stimmungen einfangen.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… sollten Kriege und Hungersnöte aufhören, die Wertschätzung für Kultur und Bibliotheken auch in Krisenzeiten bestehen bleiben und den Menschen bewusster werden, dass es in einer Stadt wenig nichtkommerzielle Räume gibt, in denen man sich viele Stunden kostenlos aufhalten kann. Diese Orte sollen die Wertschätzung bekomme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit 1999 ist sie die Chefin der Leeraner Stadtbibliothek: Antje Hamer-Hümmling.

Foto: privat

Holger Hartwig„Die Gebühren für das Ausleihen von Büchern sind viel zu niedrig“