DIE KOLMUNE: Vom Sterbebett auferstanden zum kompetenten internationalen Impulsgeber

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Wer Anfang der 2000er Jahre vorausgesagt hätte, dass 2022 die Stadt Leer zu einem der wichtigsten Innovations-, Kompetenz- und Ausbildungsstandorte für die maritime Wirtschaft in Deutschland und darüber hinaus zählt, der wäre ungläubig angeschaut worden. Damals stand die Existenz der traditionsreichen Seefahrtschule politisch mehr als in Frage. Die Bildungseinrichtung lag auf dem Sterbebett – und wurde durch die regionale Politik und zupackende Vertreter aus der regionalen maritimen Wirtschaft, die die Bedeutung der mittlerweile über 170 Jahre alten Seefahrtschule herausstellten, gerettet.

Nachdem dann die Standortsicherung für Leer nach durchaus zähem Ringen erfolgt war, ging es kontinuierlich wieder aufwärts. Ein entscheidender Faktor dabei: die Gründung des Maritime Kompetenzzentrum (MARIKO) im Dezember 2009. Rückblickend lässt sich feststellen: Die praktizierte Zusammenarbeit von Unternehmern – zu den Mariko-Gründer gehören die Reeder Alfred Hartmann und Hermann Buss – und dem Kreis Leer, deren damaliger Wirtschaftsförderer Dieter Schroer der erste Geschäftsführer war, ist bis heute ein Musterbeispiel für eine erfolgreiche Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP).

Seit der Gründung ist das Kompetenzzentrum, dass die Förderung von Wissenschaft und Forschung, der Berufsaus- und -fortbildung im maritimen Bereich als Auftrag hat, kontinuierlich gewachsen. Während anfangs nur ein bis zwei Innovationsprojekte parallel liefen, befinden sich derzeit sieben Projekte mit einem Budgetumfang von rund 4,5 Mio. in der Umsetzung. Mehrere hundert Projektpartner sind in ein aktives Netzwerk eingebunden. Die Akzente, die von Leer für die maritime Wirtschaft ausgingen und weiter ausgehen, sind vielfältig. Die Initiierung und Begleitung von Projekten im Bereich GreenShipping (beispielsweise LNG- und Windantriebssysteme) ist nur eines der prominenteren Innovationsbeispiele aus der Ledastadt. Aktuell stehen auch die Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Schiffbetrieb im Fokus oder es geht um Projekte zur Wasserstoffproduktion, -speicherung, -transport oder -nutzung. Themen wie ein nachhaltiger Hafenbetrieb oder die Digitalisierung runden die Agenda ab.

Neben den vielen innovativen Projekten ist Mariko mit seinem Zentrum in der Leeraner Bergmannstraße, in dem auch der Reederverein Ems-Dollart und die Nautitec als Partner zu finden sind, zu einer festen Säule für Symposien und Konferenzen und vor allem für die Aus- und Weiterbildung in der maritimen Wirtschaft geworden. Der Schiffssimulator als einer der modernsten der Welt ist dabei das Herzstück. An maritimen Trainings und Sicherheitslehrgängen haben mehrere tausend Teilnehmer wichtiges Wissen erworben. Vor allem ist es aber auch die enge Kooperation mit dem Fachbereich Seefahrt und Maritime Wissenschaften der Hochschule Emden/Leer. Sie sorgt – quasi Tür an Tür – für eine aktive Nachwuchsförderung. Nachwuchs, den die Reedereien in Leer – die Ledastadt ist nach wie vor der zweitgrößte Reedereistandort nach Hamburg in Deutschland – bestens und stets gebrauchen können. Die aktuell etwa 300 Studierenden in dem Fachbereich müssen sich kaum Sorgen machen, nach bestandenen Prüfungen einen Job zu finden.

Mariko, darüber sind sich die Verantwortlichen einig, soll den Erfolgsweg fortsetzen und weiter wachsen. Das Ziel: Die erarbeitete, bedeutsame Position als Innovationsdrehscheibe für den Nordwesten weiter auszubauen. Dafür erfordert es neue Strukturen und mehr Mitarbeitende, die kontinuierlich und nicht – wie heute zum größten Teil – zeitlich befristet projektgebunden bzw. -finanziert in Leer arbeiten. Damit diese Entwicklung möglich ist, trifft die Politik bzw. der Kreisausschuss des Landkreises Leer in diesen Tagen eine wichtige Entscheidung. Der jährliche geplante Zuschuss für gemeinnützige Mariko GmbH wird von 30.000 auf 200.000 Euro erhöht. Eine Entscheidung, die leicht fallen dürfte, denn alles, was rund um die maritime Wirtschaft in den vergangenen Jahren gemeinsam angepackt wurde, hat bisher eine hohe Rendite durch Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft, Investitionen und auch Steuereinnahmen gebracht.

Holger HartwigDIE KOLMUNE: Vom Sterbebett auferstanden zum kompetenten internationalen Impulsgeber