DIE KOLUMNE – Feuerwehren in Leer: Entwicklungsplan, der das Papier nicht wert ist

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Papier ist bekanntlich geduldig. Das gilt auch für den Feuerwehrentwicklungsplan der Stadt Leer, der 2018 beschlossen wurde. Vieles von dem, was da geschrieben steht, ist überholt bzw. nicht im Ansatz umgesetzt worden. So steht in dem von einem Fachmann aufgestellten Plan, dass bereits 2019 der Standort für das neue Feuerwehrhaus der Feuerwehr Leer festgelegt und 2021 der Umzug von der Nesse an einen neuen Standort oder in ein neues Gebäude erfolgen soll. Das Feuerwehrhaus Nüttermoor, zu dem der Rat an diesem Donnerstag Beschlüsse zum Flächennutzungs- und Bebauungsplan fasst, sollte ebenfalls im vergangenen Jahr bereits fertig sein.

Die traurige Realität ist: Bei fast Nichts – die große Ausnahme ist der Neubau für die Feuerwehr in Bingum – ist aus dem Plan Realität geworden. Und das, wo doch die Kommunalpolitiker sehr genau wissen, dass die Feuerwehr eine „heilige Kuh“ ist, die immer bestens umsorgt sein sollte. Die Politiker, die es wagen, Strukturen oder Investitionen in Frage zu stellen, konnten sich einer Sache sicher sein: Sie ernten heftige verbale Prügel…

Wie es jetzt weitergeht? Für die nächsten vier Jahre hat der Rat in die Finanzplanungen insgesamt eine Summe von 14,36 Mio. Euro bis 2025 eingestellt. Eine beachtliche Summe, mit der die „roten Retter“ auf Platz 2 nach dem Gewerbegebiet Benzstraße stehen. Der Bedarfsplan wird dabei immer mitberücksichtigt. An erster Stelle steht allerdings die Frage der Funktionalität: Alles, was für die Gefahrenbewältigung benötigt wird, wird bereitgestellt. Mal mit etwas Verzögerung, aber weitgehend ohne Diskussionen. So wird auch die Drehleiter, die die Wehr zurecht gerne erneuert hätte, bald ausgeschrieben und dann angeschafft. Das muss auch so sein, sonst bekommen die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung im Katastrophenfall richtig Ärger.

Bei der im Haushalt eingestellten Millionensumme geht es allerdings auch um Investitionen in Steine. Für Nüttermoor gibt es bereits fertige Pläne (siehe Foto: aktuelles Haus links, Planungen rechts), die mehr als zwei Millionen Euro verschlingen. Allerdings: Ob das große Haus für den kleinen Ortsteil so gebaut wird, das ist nicht mehr in Stein gemeißelt. Bürgermeister Claus-Peter Horst – hausintern heißt es, er nimmt jede größere Ausgabe kritisch in den Blick und es gibt keine Denktabus – und die Aktiven in Nüttermoor sind dem Vernehmen nach im Austausch. Ziel: Effizienter Neubau, der das abdeckt, was nötig ist. Angesichts der Haushaltslage der Stadt eine mehr als sinnvolle Herangehensweise, denn Geld wird auch für moderne Schulen und vieles mehr dringend benötigt. Wie zu hören ist, sind die Nüttermoorer Wehrleute durchaus einsichtig, dass das „Bürgermeisterinnen-Wahlgeschenk großer Neubau“, wie kürzlich ein Stadtratsmitglied formulierte, aus dem Jahr 2021 nicht so umgesetzt werden sollte.

Ein noch größerer Posten ist das Feuerwehrhaus für die Kernstadt-Wehr. Bisher ist man gemeinsam auf der Nesse mit der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) des Kreises untergebracht, die wohl nach Brinkum umziehen wird. Weit über fünf Millionen sind da als Investition geplant. Sanierung und Erweiterung am Standort – schwierig und auch nicht sinnvoll. Das Grundstück in der Kurve der Nessestraße mit Blick auf die Hafenbrücke ist attraktiv. Kurzum: Die Stadt sucht bereits nach einer Alternative für einen Neubau an anderer Stelle. Horst kennt als Ex-Chef und Stadtplaner die Nesse gut. Wenn nicht er, wer dann, sollte eine Fläche jenseits zwischen fünf- bis siebentausend Quadratmeter „ausfindig“ machen. Und mit dem Verkauf der heutigen Fläche ließe sich auch der eine oder andere Euro an Baukosten „gegenfinanzieren“. Man darf gespannt sein, wann da die ersten Details durchsickern. Angesichts der aktuellen Baukostensteigerungen darf man gespannt sein, was bis 2025 realisiert werden kann. Vielleicht geht es angesichts des Krieges in der Ukraine auch in den nächsten Monaten stärker um die Frage, wie die Feuerwehrhäuser zu zentralen Versorgungszentren im Krisenfall – z.B. für Notstrom – ertüchtigt werden könnten.

Alles das gilt es mit fortschrittlichem Blick statt nostalgischem Festhalten an alten Zöpfen zu diskutieren. Spätestens, wenn die Fortschreibung des Entwicklungsplanes, die für 2023 vorgesehen ist, ansteht. Denn insgesamt gilt: Alles Material ist keine Garantie für eine Einsatzbereitschaft. Schon 2018 wurde die Einstellung eines hauptamtlichen Gerätewartes vorgeschlagen, wie auch eine Verbesserung der Einsatzdokumentationen erwünscht. Und wenn es um die Motivation der ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte geht, ist neben einer guten Ausstattung noch weit mehr möglich als ein kostenfreies Sport-Abo. Bei über 14 Mio. Euro Gesamtbudget wird klugen Köpfen in der Wehr und im Rathaus bestimmt noch viel einfallen, um junge Leeranerinnen und Leeraner für dieses unentbehrliche Ehrenamt zu begeistern.

Holger HartwigDIE KOLUMNE – Feuerwehren in Leer: Entwicklungsplan, der das Papier nicht wert ist