Zu Beginn müssen wir über 50 Jahre zurückgehen. Auf einer Wiese in Leer-Nüttermoor wird auf private Initiative ein kleiner Flugplatz geschaffen. Es dauert nicht lange, bis deutlich wird, dass ein Flugplatz in privater Hand in Ostfriesland keine Goldgrube ist. Also wird 1970 eines der deutschlandweit wohl ersten Privat-Öffentlichen-Unternehmen – seit einigen Jahren besser bekannt als Privat-Public-Partnership (PPP) – aus der Taufe gehoben. Stadt und Landkreis Leer gründen mit Privatpersonen die Flugplatz Leer-Nüttermoor GmbH, heute Leer-Papenburg. Ihre Aufgabe bis heute: die Förderung des Luftverkehrs und des Flugsports im Landkreis Leer und im nördlichen Emsland.
Die Jahre vergehen, der Flugbetrieb nimmt zu. Mehrere Millionen Euro, beispielsweise für den Bau einer Nachtbefeuerungsanlage, werden investiert. So sind heute jährlich 20.000 Starts und Landungen möglich. Das Besondere daran: Der Ausbau wird mit Fördermitteln und Zuschüssen aus öffentlicher Hand bezahlt, die privaten Eigentümer und Unternehmen müssen nichts zuschießen. Auch übernehmen sie keine Verluste – immerhin jährlich immer so um die 120.000 Euro. Dafür sind ausschließlich die Gesellschafter Landkreis Leer (45 %), Landkreis Emsland (12,5 %) sowie von den Städten Leer (30 %) und Papenburg (12,5 %) zuständig.
Es hat nun ebenfalls über 50 Jahre gedauert, bis dieses ungewöhnliche Konstrukt der für die privaten Gesellschafter – sie haben teilweise nur Einlagen um die 1.000 Euro, sind aber rechtlich Mit-Eigentümer des durch kommunale Hand geschaffene, über 500.000 Euro umfassende Anlagevermögen – hinterfragt wurde. Ein Ausgangspunkt dafür war der Beschluss des Stadtrats Leer, den städtischen Anteil und damit auch die Verlustübernahme auf ein Minimum reduzieren zu wollen. Es stellte sich – wie schon häufiger – die Frage, was denn die aktuell 27,24 Prozent wert sind. Und siehe da: In dem Gesellschaftervertrag gab es dazu keine klare Regelung. Theoretisch ist der Wert damit zumindest der anteilige Wert des Vermögens des GmbH und nicht das in die Gesellschaft eingezahlte Stammkapital. Auch wenn noch nicht entschieden ist, wie es mit den Anteilen der Stadt weitergeht, hat Flugplatz-Geschäftsführer Dieter Backer zumindest eines klar geregelt: Die seit einigen Tagen geltende Neufassung des Gesellschaftervertrages sagt aus, dass nur zum Nennwert verkauft wird und kein Zugriff auf das Vermögen besteht. Das gilt auch für die privaten Eigentümer, die bis dato hätten durch einen Verkauf einen Gewinn erzielen können. Die Gespräche laufen und es wird wohl darauf hinauslaufen, dass der Kreis übernimmt. Getreu der Devise, wie zuletzt im Falle zweier privater Anteilseigner: Der Kreis sammelt alles ein, was verkauft wird. Ein deutliches Bekenntnis, dass der Flugplatz als ein wichtiger Faktor der Infrastruktur in der Region gesehen wird. Unternehmen der Region – z.B. die Meyer Werft – fliegen kontinuierlich mit teils eigenen Maschinen von Leer aus in die Welt.
Wie geht es nun in den nächsten Jahren weiter? Die Richtung stimmt, könnte man sagen. Die Zahl der Flugzeuge, die in Nüttermoor ihren Standplatz haben, ist angestiegen. Teilweise sind Flieger aus dem benachbarten Emden umgezogen. Die familiäre Atmosphäre ist dafür ebenso ausschlaggebend wie der Umstand, dass das Unternehmen Flugwerft Hangar-1 seit 2020 seinen Hauptsitz in einer der zwei neuen Hangar-Hallen hat, die Investor Helmuth Sandersfeld neben dem Flugplatz für einen siebenstelligen Betrag geschaffen hat.
Ist jetzt also alles rosig? Nein. Ein großes Vorhaben – die Verbreiterung der Start- und Landebahn – wird nicht mehr umgesetzt. Vor mehr als zehn Jahren gab es dazu Überlegungen, die an der Finanzierung scheiterten. Nun läuft im Sommer der noch gültige Planfeststellungsbeschluss aus. Ein neues Verfahren wird es nicht geben, die siebenstellige Zukunftsinvestition ist vom Tisch. Und dann ist da noch die Frage der Erreichbarkeit. Wer einmal dort war, der kann sich kaum vorstellen, dass am Ende einer schmalen Allee – noch dazu in einem katastrophalen Zustand – ein Flugplatz ist. Hier gibt es seit Jahren Überlegungen für eine andere Anbindung. Passiert ist bisher nichts. Auch in diesem Punkt werden die Flugplatz GmbH, der Kreis und die Stadt gemeinsam eine langfristige Lösung finden müssen. Zum Nulltarif wird die nicht zu haben sein. Der Kreis mit Landrat Matthias Groote wird hier wohl ebenfalls Geld in die Hand nehmen müssen. Getreu dem Motto: Wer A sagt, muss auch B sagen. Es dauert hoffentlich in dieser Frage nicht 50 Jahre, bis hier neue Fakten geschaffen werden.