Was haben Tiemo Wölken, Anja Troff-Schaffarzcyk, Johanne Modder, Sascha Laaken (alle SPD), Jens Gieseke, Gitta Connemann, Ulf Thiele, Tatjana Maier-Keil (alle CDU) sowie Julian Pahlke und Meta Janssen-Kucz (beide Grüne) gemeinsam? Sie alle sind für die Menschen im Kreis Leer auf EU-, Bundes- und Landesebene unterwegs – und bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Ziele verfolgen sie gemeinsam ein Interesse: Mit ihrer Arbeit wollen sie möglichst viel Förder- und Investitionsgelder in das Kreisgebiet holen und so Investitionen in die Infrastruktur durch Bund, Land sowie Kommunen und von Institutionen sowie Vereinen ermöglichen.
Die Summen, um die es dabei geht, sind keinesfalls nur „Kleckerkram“. Aktuelle Beispiele sind die Erneuerung der Friesenbrücke über die Ems und die anstehende Ertüchtigung der Ledabrücke bei Leer. Auch bei der Digitalisierung sind es die millionenschweren Förderprogramme, die die Entwicklung der Region maßgeblich voranbringen. Funktioniert das Zusammenspiel der Region mit ihren Interessenvertretern in Brüssel, Berlin und Hannover – dann funktioniert auch die strukturelle und damit auch meist wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Ein Musterbeispiel für eine solche Entwicklung ist ist das benachbarte Emsland, das – angefangen vom Emslandplan – bis zum heutigen Tag davon stark profitiert, dass diese Netzwerke klappen. Unter Sportlern heißt es nicht selten: „Du kannst mich irgendwo mit verbundenen Augen aussetzen, ich kann dir sofort sagen, wann ich im Emsland bin, denn dort sind die Anlagen in einem Top-Zustand.“
Nun ist es keinesfalls so, dass im Kreis Leer nichts passiert. Der Landkreis wird in den kommenden Jahren weit über 100 Millionen Euro investieren – vor allem in den Breitbandausbau, das Digitalpaket Schule, die Schulen, den Straßenbau, das Frauenhaus und in den Neubau der Feuerwehrtechnische Zentrale. Für fast alle Projekte werden zig Millionen Euro – allein beim Breitbandausbau 52,5 Mio. Euro – an Zuschüssen aus den übergeordneten Ebenen fließen bzw. werden noch beantragt. Wie hoch die Förderquote bei den Projekten ist, konnte der Kreis derzeit nicht ermitteln. Aber, so stellt der Kreis auf Anfrage nüchtern fest: So manches Vorhaben wäre ohne Zuschüsse kaum oder gar nicht zu stemmen.
Auch in der Kreisstadt Leer ist es nicht viel anders. Bis zum Jahr 2025 sieht die Haushaltsplanung der Stadt Investitionen von etwa 90 Mio. Euro vor. 50 Prozent (!) dieser Ausgaben für Schulen, Straßen, Gewerbegebiet etc. sollen – Stand heute – durch Fördermittel bzw. Zuwendungen von dritter Seite finanziert werden.
Fest steht: Der Wettstreit um die Fördermittel wird in den kommenden Jahren nicht einfacher. Auf EU-Ebene sind es die Erweiterung, die die Gelder knapper werden lassen. Auf Bundesebene wird die Liste der Investitionsbedarfe – es wurde gerade in der Infrastruktur im Westen zu wenig gemacht – auch nicht gerade kürzer. Bloß gut, dass der Kreis Leer – anders als hier das Emsland – von 2022 bis 2027 noch als „Fördergebiet der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ durch den Bund und das Land aufgenommen wurde. So werden Wachstums- oder Erweiterungsinvestitionen in die regionale Infrastruktur weiterhin mit Geld aus der Ferne unterstützt.
In den Regionen Deutschlands wird ganz unterschiedlich mit der Frage „Wie komme ich an fremdes Geld?“ herangegangen. Teilweise werden Stabsstellen gebildet, die dann nur noch auf der Suche nach den Millionen unterwegs sind. Teilweise werden spezialisierte Büros eingeschaltet, die sich im „Förderdschungel“ bestens auskennen – allerdings dann auch Provision nehmen.
Wichtigster Faktor für die Frage, wie eine Region sich durch Investitionen stärker machen kann, ist und bleibt eine langfristige Entwicklungsplanung, selbst wenn die Corona-Pandemie am Beispiel der Förderkulisse „Perspektive Innenstadt“ gezeigt hat, dass es auch mal ganz schnell mit Mittelvergaben gehen kann.
Vor allem größere Erneuerungsinvestitionen, so wie in Leer der Neubau der Brücke Südring, tauchen dann nicht aus dem Nichts auf und können langfristig überregional „beworben“ werden. Insofern ist es gut, dass in der Stadt Leer ein solcher Entwicklungsplan „Leer 2032“ auf den Weg gebracht werden soll. Dieser Plan kann nicht nur langfristig bares Geld bringen, sondern wird zudem auch dafür sorgen, dass nicht jeder Fördereuro „mitgenommen“ wird. Denn so manches Programm ist auf den ersten Blick zwar attraktiv, passt aber in den Details dann doch nicht zur Struktur und muss ja meist auch mit einem entsprechenden Eigenanteil mitfinanziert werden.
Schlussendlich ist es bei der Frage der Fördermillionen vor allem der Faktor Mensch, der entscheidet. Hier haben die Abgeordneten der Region auf allen Ebenen mit ihrer Hartnäckigkeit bewiesen, wie engagiert sie sind. Insofern darf man mit Blick auf die anstehende Landtagswahl im Herbst gespannt sein, welche „Erfolgsmeldungen“ in den nächsten Wochen zum Thema Geld noch unters Volk gebracht werden. Denn diese Meldungen nehmen – das wissen alle Medienmacher – in der Vorwahlzeit gerne inflationär zu.
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Hier die Antworten auf die an den Kreis Leer gestellten Fragen zum Thema Fördermittel (22. Juli 2022):
Wieviel Fördergelder fließen für welche Projekte von welchen Geldgebern in 2022 und bereits feststehend bis 2025 in den Kreis Leer?
Förderungen gibt es sowohl im „laufenden Geschäft“, hier insbesondere im sozialen Bereich, sowie für Investitionen wie etwa Bauvorhaben. Grundsätzlich helfen sie dabei, Projekte zu verwirklichen. Allerdings sind die Zuschüsse auch zweckgebunden, der Fördermittelgeber entscheidet also, wofür das Geld verwendet werden darf.
Nachfolgend einige Beispiele für Förderungen von Vorhaben des Landkreises Leer:
- Unser größtes Projekt ist der Breitbandausbau mit öffentlichen Mitteln – also die Verlegung von Glasfaser, um Tausenden Haushalten einen schnellen Internetanschluss auch in Gebieten zu ermöglichen, in denen private Kommunikationsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen von sich aus kein Kabel verlegen würden. Für den Breitbandausbau 2.0 sind an öffentlichen Mitteln 62,82 Millionen Euro veranschlagt, davon kommen allein 52,5 Millionen von Bund und Land.
- Über den Digitalpakt Schule stellen Bund und Land dem Kreis Leer für seine Schulen rund 6,6 Millionen Euro zur Verfügung, um damit die digitale Infrastruktur zu verbessern.
- Für das Frauenhaus ist bei Kosten von rund 1,1 Millionen Euro eine Förderung von 675.000 Euro eingeplant.
- Aus der Fortsetzung des Kommunalinvestitionsförderprogramms (KIP) stellt der Bund den Kommunen Finanzhilfen für Investitionen in die Schulinfrastruktur zur Verfügung. Dem Landkreis Leer steht eine Fördersumme in Höhe von 3,61 Millionen Euro zur Verfügung; das Investitionsvolumen inklusive beträgt insgesamt 4,01 Millionen Euro.
- Hohe Förderquoten gibt es gelegentlich auch im Straßenbau. Dafür zwei Beispiele: Im Frühjahr hat der Landkreis in Völlenerkönigsfehn eine neue Rad- und Fußgängerbrücke aus Kunststoff gebaut. Die Kosten lagen bei rund 180.000 Euro, die Förderung durch das Land betrug 75 Prozent.
In diesem Jahr soll die K59 in Uplengen grundlegend erneuert werden, der Auftragswert liegt bei etwa einer Million Euro; Förderung des Landes hier bei 65 Prozent. - An der Oberschule Weener planen wir den Neubau einer Turnhalle zu Kosten von 8,5 Millionen Euro, hier hat der Bund einen Zuschuss von 3 Millionen Euro zugesagt.
- Auf eine Förderung des Bundes oder Landes hoffen wir weiterhin auch für den geplanten Neubau der Feuerwehrtechnischen Zentrale, deren Baubeginn noch nicht genau feststeht, sowie für die energetischen Maßnahmen des Umbaus und der Erweiterung der Oberschule Uplengen.
Wie hoch ist die Förderquote im Schnitt? Wie hat sie sich ggf. in den vergangenen Jahren entwickelt?
Das lässt sich pauschal nicht sagen, die Quoten sind höchst unterschiedlich. Maßgeblich sind dafür die Richtlinien der jeweiligen Förderprogramme.
Wie ist die Beschaffung von Fördermitteln im Kreishaus organisiert? Gibt es einen speziellen Fachmann, der alle Förderprogramme auf allen Ebenen im Blick hat und dann agiert? Passiert das Ressourchenbezogen?
Der Landkreis Leer nimmt ja nicht nur Förderungen in Anspruch – er fördert auch selber oder hilft dabei, Zuschüsse einzuwerben. Das Amt für Digitalisierung und Wirtschaft bietet individuelle Fördermittelberatungen für Unternehmen, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden, Vereine, Private etc. an. Das dort vorhandene Knowhow wird auch hausintern für die Akquise von Fördermitteln genutzt.
Zudem hält der Landkreis – gemeinsam mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden – ein eigenes Förderprogramm für kleine Unternehmen (FKU 2023) vor und auch die Geschäftsstelle der Leader-Region Fehngebiet ist beim Amt für Digitalisierung und Wirtschaft verortet.
Bezieht der Kreis Leer bei der Beschaffung von Fördergeldern externe Spezialisten/ spezialisierte Büros mit ein? Wenn ja, in welchem Umfang und welche Provisionen sind dort fällig?
Der Landkreis Leer arbeitet – wie alle anderen Landkreise und kreisfreien Städte im ehem. Regierungsbezirk Weser-Ems auch – mit dem Büro MCON aus Oldenburg zusammen. Von dort werden tagesaktuell relevante Publikationen zu Förderprogrammen und Fördermittelinformationen ausgewertet, aber beispielsweise auch Fachveranstaltungen durchgeführt. Bei umfangreichen Projekten werden bedarfsgerecht spezialisierte Büros hinzugezogen, beispielsweise um vergaberechtliche Fragestellungen zu beleuchten oder auch technisch notwendige Planungen zu erstellen.
Welche Erwartungen hat der Kreis hinsichtlich der Entwicklung der Förderungen?
Aktuell steht die neue EU-Förderperiode, die bis 2027 laufen wird, vor dem Start. Die Mittelausstattung ist vergleichbar mit der vorangegangenen. Schwerpunkte werden künftig auch hier im Kontext Nachhaltigkeit und CO2-Reduzierung gesetzt. Wichtig wird mit Blick auf die kommunalen Haushalte neben dem bürokratischen Aufwand und den förderseitig vorgegebenen oftmals engen Umsetzungszeiträumen auch künftig die Höhe der jeweiligen Förderungen sein. Fördermittel helfen zum einen grundsätzlich dabei, Projekte zu finanzieren – und manches Vorhaben wäre ohne Zuschüsse kaum oder gar nicht zu stemmen. Gleichwohl ist die Förderung immer auch zweckgebunden. Aus unserer Sicht wäre es daher gut, wenn die Kommunen auch insgesamt finanziell besser ausgestattet würden.