Es ist seit Jahren ein Thema: der Ausbau der Kinderbetreuung. Alle politischen Verantwortlichen von Bund bis runter zu den Kommunen sind sich einig: Angebote der Ganztagsbetreuung sind das Ziel – nicht nur, aber auch, weil beide Elternteile aufgrund des demografischen Wandels in den kommenden Jahren auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden.
Die Einigkeit endet, wenn es um die Frage der durch die Ausweitung der Angebote rasant ansteigenden Kosten geht. Nach Jahren, in denen sich alles irgendwie gefunden hat, geht es nun zur Sache. Der Jugendhilfeausschuss des Kreises, der in der kommenden Woche tagt, wird weitreichende Änderungen für die Finanzierung der Kinderbetreuung im Kreis Leer vornehmen. Nicht ganz freiwillig…
Fest steht: Eigentlich sollte die Betreuung für die Kommunen kostenneutral und durch die Kreise vorgenommen werden. Die Realität sieht anders aus. Die Städte und Gemeinden machen den Job, tragen dabei teilweise millionenschwere Defizite. Nun wollen immer mehr Kommunen diese Situation nicht mehr hinnehmen. Die Stadt Leer gibt die Aufgabe an den Kreis zurück. Der Kreis erhöht als Gegenmaßnahme – was natürlich nie jemand so sagt – die Kreisumlage, die Stadt klagt vor dem Verwaltungsgericht gegen die Erhöhung. Im Kreis Aurich will die Kreisverwaltung das gesamte Thema Kitas vollverantwortlich übernehmen.
Zurück zur Situation für das Leeraner Kreisgebiet. Wenn die Politik der Vorlage der Kreisverwaltung zustimmt, dann bekommen die Kommunen statt bisher 5 Mio. Euro künftig 12,6 Mio. Euro an Zuschüssen. Die Regelung soll unbefristet gelten. Das Verfahren für die Kostenerstattung soll zudem stark vereinfacht werden. Bisher ist es wohl an Bürokratie kaum zu überbieten. Diese starke Erhöhung der Zuschüsse ist erst der Anfang: Bis zum Kindergartenjahr 2026/27 will der Kreis die Hälfte des Defizits, das bei den Kommunen trotz der erhöhten Förderung verbleibt, pauschal mittragen. Bleiben zwei Fragen: Was bewegt den Kreis, jetzt diese Zugeständnisse zu machen? Warum ist eine 50-prozentige Defizitübernahme erst in fünf Jahren gewollt bzw. umsetzbar? Für beides dürfte gelten: Jeder weiß, dass diese neuen Regelungen erst der Anfang sind. Da wird es zu weiteren Verschiebungen kommen müssen, wenn der Ausbau der Kinderbetreuung weiter vorankommen soll. Und beim Kreis ist vielleicht der Gedanke im Hinterkopf: Jetzt nicht zu viele Zugeständnisse machen, sondern darauf hoffen, dass es von Seiten des Landes Niedersachsen eine komplette Neuregelung der Finanzierung geben wird. Erst mal etwas Ruhe reinbringen…
Bei der Frage, wie es ab August mit der Kinderbetreuung in der Stadt Leer weitergeht, ist hingegen alles andere als ruhig. Für die bevorstehende Sitzung glänzt eine Beschlussvorlage mit leeren Textfeldern. Keine Erläuterungen, keine Beschlussempfehlung. Kein Wunder, denn mit der aktuell feststehenden Übernahme der Kinderbetreuung in der Stadt durch den Landkreis sind viele Fragen verbunden. Übernimmt der Kreis die Gebäude? Was muss er dafür zahlen, schließlich wird ein Kindergarten ja nicht alle Tage „verkauft“? Was passiert mit den Mitarbeitenden? Wie werden die Gebühren künftig gestaltet? Dem Vernehmen nach laufen die Gespräche zwischen Kreis und Stadt „friedlich“, weil man sich einig ist, dass keinesfalls Kinder oder Eltern unter dem Finanzstreit leiden dürfen. Was dabei herauskommt, ist derzeit völlig offen. Immerhin ist bei der Stadt die Entscheidung gefallen, dass die Verträge für den Container-Kindergarten in der Moormerland-Siedlung verlängert wurden.
Fest steht: Die Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinden haben durch die geführten Gespräche eine spürbare Entlastung ihrer Finanzen erreicht Es ist ein vorläufiger Kompromiss, keine Lösung. Sie werden sehr genau darauf schauen, was mit Blick auf die Stadt Leer passiert. Steht die am Ende wirtschaftlich besser da, wird die jetzige Beschlussvorlage nur kurze Zeit Bestand haben. Bei der Kostenübernahme für Kinderbetreuung wird in den nächsten Jahren richtig „Musik“ mit teilweise auch schrillen Tönen drinbleiben. Denn: Einerseits geht es um viel Geld, andererseits auch darum, dass die Bürgermeister und Ratsmitglieder die Zuständigkeit für die Kinder und die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten, z.B. durch subventionierte Beiträge als Attraktivitätsfaktor für die Kommune, auch gerne bei sich behalten wollen.