Sommer 1986: Die ersten Wochen als freier Mitarbeiter des General-Anzeiger (GA) liegen hinter mir. Die ersten Texte erscheinen. Meine Freude ist groß, dass ich nach Beiträgen über den SC 04 Leer nun auch von der Redaktion die ersten Aufträge aus Rhauderfehn erhalten habe. Mit dem Fahrrad bei Wind und Wetter geht es hin zum Termin und bereits auf dem Rückweg überlegen – und dann ran an die Schreibmaschine (das war damals noch so… man musste den Text fertig im Kopf haben, bevor man einfach lostippte wie heute im PC-Zeitalter). Früh morgens bis um 4 Uhr muss dann eine Tüte mit Manuskript und Filmrolle an der Haustür hängen, die vom Zeitungswagen abgeholt wird.
Alles läuft gut an. Die Texte erscheinen in fast unveränderter Form. Doch dann klingelt an einem Mittwoch – ich war gerade erst von der Schule nach Hause gekommen – das Telefon. Meine Mutter ruft „Da ist jemand vom GA dran, der Dich sprechen möchte“. Ich hatte den Namen noch nie gehört. Erst fragte er mich, wie es mir geht und ob mir das Schreiben Spaß macht. Dann die entscheidende Frage: „Kannst Du mir dann bitte noch Deine Kontonummer geben?“. Mein Puls geht in die Höhe. Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Also frage ich direkt (das sollte ein Redakteur ja beherrschen): „Wie, muss ich etwas dafür bezahlen, dass Sie meine Texte abdrucken?“. Der Mann am anderen Ende fängt laut an zu lachen. Pause. Schweigen. Was hatte ich denn nun falsch gemacht, dass er mich auslacht. Nach einer Zeit dann die Auflösung. Natürlich will er nicht die Nummer haben, um von meinem Konto etwas abzubuchen, sondern um darauf Honorar für meine Texte zu überweisen.
Ich kann es kaum glauben: Ich schreibe Texte, mache Fotos, weil ich richtig „Bock“ drauf habe, die werden dann veröffentlich ich bin stolz wie Bolle – und dann soll ich dafür dann auch noch Geld bekommen? Nein, das war zu schön, um wahr zu sein… Heute würde man sagen: Was für eine WIN-WIN-WIN-Situation.
Wenige Tage später kommt dann wirklich das erste Geld auf meinem Konto an. Und das ist schon deutlich mehr, als ich an Taschengeld bekomme. Kurzum: Mit dem Schreiben habe ich ein zweites Hobby gefunden, dass neben dem Job als Fußball-Schiedsrichter „einträglich“ ist.
Kaum ist das erste Honorar auf dem Konto, steht für mich fest: Das Geld wird gespart. Das Ziel ist klar: Führerschein machen und ein Auto kaufen, um dann in der gesamten Region Termine für die Zeitung machen zu können. Gesagt – getan… und von Woche zu Woche mehr Texte geschrieben. Anfang Dezember 1987 kaufe ich mir dann vom dem Ersparten mein erstes Auto – einen VW Käfer. Ich kann den 18. Geburtstag kaum erwarten. Ab diesem Tag bin ich dann als „rasender Reporter“ mit Führerschein auf Probe unterwegs…
PS: Nach meiner Kontonummer bin ich im Laufe der Journalistenjahre noch zweimal gefragt worden. Damals wollten mir Menschen mit einer kleinen Zuwendung „helfen“, dass ich die richtigen Worte für den Bericht finde. Dann war es jedoch nicht mehr so lustig, wie im Telefonat 1987. Ich habe die Gespräche ganz schnell beendet. Meine Freiheit im Denken und Schreiben – das ist und bleibt das höchste Gut.
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