Können Sie mit SG Ostfrisia Leer und SG Ems-Dollart etwas anfangen? Wenn ja, dann sind Sie neben der kommerzialisierten Fußball-Bundesliga interessiert am lokalen Fußball. Die beiden Bezeichnungen stehen für einen Trend, der sich seit Jahren abzeichnet. Immer mehr Vereine aus der Region „verschwinden“ namentlich von der Fußball-Landkarte. Warum? Ganz einfach: Die Zahl der Kicker nimmt stark ab. Das hat Auswirkungen – nicht nur auf dem grünen Rasen. Fußballplätze und Sport-Strukturen kosten Geld – teilweise auch Steuergelder. Geld, das oft nicht mehr ausreichend vorhanden ist. In Leer hat der Sportausschuss jüngst die Stadtverwaltung aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie Sportstrukturen und -förderung in der Ledastadt langfristig aussehen können. Ein überfälliger Prozess. Veränderungen sind unvermeidbar.
Zurück zum Fußball: Die Teams bereiten sich gerade auf die neue Saison vor. Dabei wird beispielsweise der älteste Fußballverein Ostfrieslands, der SC 04 Leer, nach fast 120 Jahren keine eigenständige Herrenmannschaft mehr stellen. Aus Personalmangel wird der SC04 eine Spielgemeinschaft (SG) mit den Resten einer zweiten Mannschaft vom BSV Bingum, VfR Heisfelde und Borussia Leer eingehen. Bei der SG Ems-Dollart sorgt die Personalnot dafür, dass der TuS Ditzumerverlaat, der MTV Ditzum und die zweite Vertretung vom SV Ems Jemgum zum „Kunstnamen“ verschmelzen. Weitere Beispiele gibt es auch zum Start der Saison 2023/24 ausreichend. So wird es in Leer neben dem SG-Ostfrisia-Team auch eine SG Leer geben. Da machen Germania Leer II, Kickers Leer II und Frisia Loga II gemeinsame Sache. Derbys, die jahrzehntelang das Salz in der Suppe waren, verschwinden…
Der Niedergang, der immer mehr Fahrt aufnimmt, war absehbar. Bis Ende der 1980er hatte fast jeder Club durchgängig in jeder Altersklasse ein oder sogar mehrere Teams – in Leer ein Verein so viele Mannschaften wie es heute in der gesamten Stadt gibt. Der letzte herausragende Erfolg liegt fast vier Jahrzehnte zurück, als Germania Leer bei den 14- bis 16-jährigen Niedersachsenmeister war. Es wird weniger gekickt – auch, weil es immer weniger Ehrenamtliche gibt. Mancherorts wären zwar interessierte Kinder da, aber es fehlt an Trainern und Betreuern. Lediglich der Boom des lange gescholtenen Frauen- und Mädchenfußballs wirkt dem Trend entgegen und lässt die Verbandsstatistiken mit der Anzahl der gemeldeten Mannschaften „gut“ aussehen. Zahlenmäßig stimmt beim Verband alles, aber in den Statistiken werden halt alle ausgewiesen, die nach Ende ihrer aktiven Laufbahn als Kicker als Mitglied in den Clubs verbleiben.
Jammern hilft bekanntlich nicht weiter. Es ist gut, dass in Leer mit Jugendfußballverein für die älteren Jugendspieler – in den 1980er Jahren bereits auf den Weg gebracht, damals vom Verband unterbunden – seit einigen Jahren Kräfte konzentriert werden. Hier wird noch mehr Miteinander erforderlich sein. Noch besser und wichtiger ist, dass in Leer in den kommenden Monaten auf die Sportsituation – nicht nur Fußball, auch andere Sportarten haben massive Nachwuchs- und Strukturprobleme – intensiv geschaut wird. Der Sportausschuss hat der Stadtverwaltung diesen Auftrag in seiner letzten Sitzung erteilt. Vor Monaten saßen die Vereinsvertreter bereits auf Einladung im Rathaus zusammen und es wurde über viel gesprochen – Taten werden folgen müssen. So wissen die Fußball-Funktionäre längst: Es muss zu Strukturveränderungen kommen. Sie wissen, dass Sportplätze schon nur noch betrieben werden, wenn Sponsoren oder Mitglieder nicht so kostenintensiver anderer Sparten diese mitfinanzieren. Die heute elf (!) Fußballplätze in der Kreisstadt – genau so viele Fußballvereine gab es übrigens 1980 in der Hochphase des so genannten Leeraner „Thekenfußballs“ mit den sechs Traditionsvereinen, den damals neu gegründeten FC Kickers und BC Ringfrei (heute Borussia) und zusätzlich noch Konya, Rot-Weiß und RSV Grün-Weiß“ – sind so mancher zu viel. Kurzum: Es bedarf einer grundlegenden Betrachtung. Nur neue Förderregelungen für Kinder- und Jugendzuschüsse bzw. die Pflege der Anlagen werden nicht ausreichen.
Auf die Vereinsvorstände – und die Verwaltung – kommt viel Arbeit zu, die am Ende zu zukunftsfähigen, an den Bedarf angepasste Strukturen und vielleicht auch zu dem fehlende Allwetter-Fußballplatz, wie er in anderen Städten längst Standard ist, führen könnte. Dann könnten zumindest die immer weniger werdenden Fußballer auch bei schlechterem Wetter ihrem Sport nachgehen und landen nicht so schnell auf der Couch oder in einem kommerziellen Fitnessstudio. Mal abwarten, wie ehrlich die Bestandsaufnahme für den Leeraner Sport am Ende ausfällt.
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