Dieter Eilts und das weinrote Jackett

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Es ist einer der Tage, die du als Reporter nicht vergisst. 1991. Berlin. Das DFB-Pokalfinale steht an. Schon die Fahrt mit dem Auto von Wolgast in Vorpommern nach Berlin ist ein Abenteuer. Navigationssysteme gibt es noch nicht. In Berlin ist die Beschilderung noch durch die nicht einmal zwei Jahre zuvor niedergerissene innerdeutsche Grenze geprägt. Es gibt keine Hinweise, wie man aus dem Osten durch die Stadt zum Stadion kommt.

Als einige Tage zuvor die Karten und das Programm zu dem Finale zwischen SV Werder Bremen und dem 1. FC Köln in die Redaktion eintrudeln, mache ich einen Plan. Erster Step in der Hauptstadt der Empfang des DFB mit den Vereinsfunktionären im noblen Hotel Steigenberger. Da geh´ ich mal hin – denke ich. Rein ins Hotel, einmal gefragt und schon bin ich bei dem Empfang dabei. Das Werder-Präsidium ist da, die Kölner Chefetage und dazu noch die DFB-Spitze und der Bundestrainer. Eine kleine Runde. Irgendwie ist das aber was komisch. Außer mir keine Journalisten. Immerhin treffe ich noch einen Kollegen von der WELT. Er fragt noch, wer ich bin und dann schnappen wir uns den damaligen DFB-Präsidenten Hermann Neuberger. Der Kollege moderiert an. Er sei von der WELT und ich ein junger Reporter von einer Lokalzeitung aus Wolgast. Es wird ein netter Austausch, weitere Dialoge folgen noch. Dann geht es für die Herren zum Menü in den Saal. Der Kollege fragt mich noch, wie ich denn „reingekommen“ sei. Ich wunde mich und sage nur: Über die Treppe. Er lacht und meint, dass normalerweise hier ja keine Journalisten dabei sind. Gut gelaufen – denke ich und auf dem Weg Richtung Olympiastadion erinnere ich mich, dass da ja auch Security gestanden hatte. Des Rätsels Lösung: Ich hatte an diesem Tag ein weinrotes Jackett an. Rein zufällig die Offiziellen des DFB auch. Glück muss man haben…

Auf das Spiel freue ich mich. Und ich hoffe, dass es mir gelingt, Werders „Ostfriesen-Alemao“, Dieter Eilts, zu treffen. Mit ihm habe ich früher mit meinem Onkel auf dem Sportplatz des TSV Lütetsburg gekickt, wenn ich bei meinen Großeltern zu Besuch war. Vor zwei Jahren haben wir uns das letzte Mal gesehen. Das Spiel ist spannend bis ins Elfmeterschießen. Und Dieter Eilts, der vom SV Hage aus einige Jahre zuvor nach Bremen gegangen war, ist ein Spieler des Tages. Er schießt mit dem 1:0 in der 48. Minute eines seiner wenigen Tore. Nach einem spannenden Elfmeterschießen holt Werder den Pott.

Nach dem Abpfiff ist mein Ziel klar: Ab in die Katakomben des Stadions. Das Ziel: Ein Exklusiv-Interview mit dem Ostfriesen. Wir begegnen uns sehr schnell. Interview? „Das machen wir etwas später“, sagt er. Ich solle an ihm dran bleiben. Mache ich. Ja und was soll ich sagen? Wenig später bin ich mit in der Werder-Kabine. Nur der Töpperwien vom ZDF ist auch da und darf wenige Bilder drehen. Nach kurzer Zeit geht es wieder hinaus. Wer genau hinsieht, kann mich auch im sportstudio sehen. Na und dann warte ich vor der Kabine, bis die Spieler herauskommen. Das Interview hat Dieter ja versprochen. Dann kommt er. Erster Satz von ihm: „Lass uns mal hinter einen Pfeiler gehen. Ich möchte eine rauchen“. So machen wir das. Wir haben wenige Minuten für uns. Er raucht gemütlich, ich stelle meine Fragen und dann geht es für ihn Richtung Bus… und für mich ins Auto nach Hause. Berlin – immer eine Reise wert, denke ich…

Der Kontakt zu Dieter Eilts ist über viele Jahre geblieben. 2004 hat der SC 04 Leer – mein Heimatverein – 100-jähriges Jubiläum. Ich bin an der Organisation beteiligt und habe eine Idee: Dieter nach Leer holen! Er ist zu diesem Zeitpunkt beim DFB Trainer der U-21-Nationalmannschaft. Ich erreiche ihn in Moskau am Flughafen. Kurze Frage, kurze Antwort. „Kommst Du und machst bei uns ein Training mit Kindern?“ – „Na klar, das machen wir.“ Die Details besprechen wir später. Es klappt. Er kommt zum Jubiläum, macht noch zwei Sponsorentermine für uns (der Verein konnte das Geld gut gebrauchen), hat Spaß am Training mit den Jungs aller Vereine aus der Stadt (und trifft mit Uwe Welzel einen alten Bekannten). Als das Training vorbei ist, schreibt der Mittelfeldstratege geduldig unzählige Autogrammes und sitzt anschließend noch mit den Ehrenamtlichen des Vereins zusammen. Und als ich in frage, was er dafür bekommt, schaut er mich verständnislos an: „Nix!“.

Heute ist „Eisen-Dieter“, der ostfriesische Fußball-Rekordnationalspieler und Europameister von 1996, nicht mehr im Fußball-Business. Er arbeite an einer Schule in Bremen und ist glücklich und zufrieden. Ob er auch heute noch ab und an eine „smökt“? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall ein feiner Kerl… und eine der schönsten Erinnerungen an die Reporterzeit und an den großen Fußball.

Dieter Eilts
Dieter Eilts
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