HARTWIG am MITTWOCH ist eine Kolumne, die immer zuerst mittwochs in der Ostfriesland-Ausgabe der Nordwestzeitung und der Emder-Zeitung erscheint.
Unbestritten ist: Wer sich politisch auf kommunaler Ebene im Wahlkampf und bei Erfolg dann im Rat oder Kreistag engagiert, der investiert viel Zeit und Engagement. Und das alles ehrenamtlich, denn die schmalen Sitzungsgelder, von denen in der Regel auch noch ein Teil an die Fraktion bzw. Partei abgeführt werden, sind nicht mehr als eine kleine Anerkennung für die Arbeit bzw. Ausgleich der Telefon-, Fahrt- und sonstiger Kosten.
In diesen Tagen nun werden in den neuen Fraktionen die Posten verteilt. Vieles steht vorher fest, um manchen Ausschusssitz wird heftig gerungen. Im Fokus stehen bei dieser Postenvergabe die ganz besonderen Aufgaben: die Tätigkeiten in den Aufsichts- oder Verwaltungsgremien, z.B. von Sparkasse und Energieversorgern oder auch die bezahte Aufgabe als Behindertenbeauftragte(r), so wie im Emsland. Warum? Ganz einfach: Bei manchem dieser Posten wird aus dem Ehrenamt schnell mal ein „Nebenamt“. Gerne werden bis zu kleine fünfstellige Beträge für einfache Gremienmitglieder pro Jahr gezahlt und es gibt ab und an auch noch kleine sonstige Vergünstigungen – wie einstmals die preiswerte „Ferienwohnung“ der Sparkasse auf Borkum.
Was bei diesen Postenvergaben herauskommt, ruft jedes Mal wieder die verantwortlichen Vorstände auf den Plan. Denn: Wer über etwas die Aufsicht bekommt, der sollte über (Fach)Kenntnisse verfügen, sonst ist die Kontrolle der Arbeit der Vorstände – beispielsweise bei der Komplexität einer milliardenschweren Bank – nicht möglich. Da es offenbar für die Parteien immer wieder eine echte Herausforderung ist, die passenden Leute zu finden und es immer noch auch zu fachlichen Fehlbesetzungen kommt, haben aktuell wieder die Vorstände der Sparkassen reagiert. Die beiden Vorstände der Sparkasse LeerWittmund, Heinz Feldmann und Carsten Rinne, haben kurz vor der Wahl die Fraktionen mit einem deutlichen Appell angeschrieben. Zitat aus dem Schreiben: „In Folge der anstehenden Kommunalwahl werden sich die Fraktionen mit der Verteilung der verschiedenen Mandate befassen. Ein bedeutendes – auch im bankenaufsichtsrechtlichen Sinne – Mandat ist die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Sparkasse. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen und die Deutsche Bundesbank verbinden mit der Mitgliedschaft hohe Anforderungen an die Mandatsträger.“ Dann folgt eine siebenseitige Darstellung des Sparkassenverbandes Niedersachsen zu den Anforderungen an die Mitglieder eines Verwaltungsrates sowie Ausschließungsgründe. Paragraf 2 widmet sich der Sachkunde. Es sollten „nur Vertreter entsandt werden, die wirtschaftliche Erfahrung und Sachkunde besitzen“. Im Klartext: Am besten eine kaufmännische Ausbildung oder ein passendes Studium und keine Sozialpädagogen oder Kommunikationstrainerinnen, wie zuletzt bei der Sparkasse LeerWittmund mit Engeline Kramer von den Grünen/CDL geschehen. Und falls es dann doch mal jemanden gibt, der noch fachlichen Nachholbedarf hat, wird gleich auf das Fortbildungsangebot der Sparkassenakademie hingewiesen.
Man darf gespannt sein, wer dieses Mal landauf landab die im Verhältnis zum Aufwand gut dotierten Posten bekommt. Im Interesse der Politik sollte es sein, dass Schreiben, wie das aktuelle der Sparkassenvorstände, künftig erst gar nicht mehr verfasst werden müssen, weil immer Sach- und Fachkompetenz und nicht ein Dankeschön für „langjähriges Parteiengagement“ für die Posten entscheidend sind. Und vielleicht wird es ja auch mal Usus, dass die Einnahmen aus Politikposten wie diesen selbstverständlich nicht in das eigene Portemonnaie wandern, sondern grundsätzlich mit allen Mitgliedern der Fraktion geteilt bzw. an die Kommune, aus denen die Vertreter kommen, abgegeben werden. Spätestens dann ist ein „Geschacher“ Geschichte.