Corona mit allen Einschränkungen für Handel und Weihnachtsmärkte oder der Trend zum Online-Einkaufen hin oder her: Das, was sich in diesen Tagen in Leer zeigt, ist eine deutliche Botschaft. Die Menschen in und um die Ledastadt stehen zur ihrem Handelsstandort, leben eine tiefe Verbundenheit.
Deutlich macht das vor allem eine Zahl: Wie schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert, ist die Weihnachtsverlosung der Renner. Insgesamt wurden damit über eine Million Euro für die Lebenshilfe und den Kinderschutzbund „eingespielt“ und mehrere Dutzend Autos unters Volk gebracht. In gut drei Wochen sind bereits wieder über 250.000 Lose an den Buden in der Innenstadt und in zwei Verbrauchermärkten verkauft worden. Eine Viertelmillionen in so kurzer Zeit, 400.000 werden es am Ende sein – und das in einer Kleinstadt wie Leer. Darüber hinaus war am ersten langen Samstag die Fußgängerzone wieder gut gefüllt. Nicht so voll, wie in den Jahren vor Corona, aber – wie zu vernehmen ist – trotzdem mit viel Umsatz und Zufriedenheit. Gelobt wird auch, dass die Schausteller den Weihnachtsmarkt mehr weihnachtlicher als je zuvor gestaltet haben.
Ist der Zulauf, die gute Resonanz ein Grund, sich in Leer zurückzulehnen? Mitnichten. Der digitale Wettbewerb nimmt immer mehr Fahrt auf. Die Werbegemeinschaft hat deshalb ein digitales Portal www.leer-erleben.de auf den Weg gebracht. Hier präsentieren sich im ersten Schritt kostenlos Firmen aller Art, die das Rückgrat der Wirtschaft und des Handels in der Kreisstadt sind. Weitere Überlegungen, wie mit Service und Qualität den reinen Online-Konkurrenten begegnet werden kann, stehen auf der Agenda, wenn – hoffentlich – Corona 2022 überstanden sind.
Fest steht auch: Ganz allein werden die Unternehmen in Leer die Veränderungen, die sich für Innenstädte abzeichnen, nicht meistern können. Attraktivität hat neben Preis und Service auch weitere Aspekte. Aufenthaltsqualität, Wohlfühlatmosphäre, attraktive Veranstaltungen, gute Erreichbarkeit – nur vier von vielen weiteren Faktoren, auf die es ankommt. Der Erneuerung eines ersten Teils kann nur der Anfang sein.
Der nächste Schritt ist die Umsetzung des Förderprogrammes „Perspektive Innenstadt“ des Landes Niedersachsen. 755.0000 Euro fließen dafür nach Leer. Der Zeitplan steht, sagt Bürgermeister Claus-Peter Horst. Bis Ende März 2022 sollen alle Überlegungen im Dialog mit Bürgern und Kaufleuten durchdacht werden und ann innerhalb der vorgegebenen neun Monate im Schnelldurchgang investiert werden. Im Fokus dabei: die Verzahnung des Hafens mit der Fußgängerzone. Denn genau diese Kombination ist für Leer das Pfund, mit dem sich wuchern lässt. Jedenfalls ist kaum ein Urlauber in Leer gewesen, der nicht von diesen Faktoren begeistert war. Was bei den Investitionen herauskommt? Kluge Ideen warten darauf, von jedem Leeraner ins Rathaus getragen zu werden.
Was dann mit der aktuellen Landesförderung nicht realisiert werden kann, steht auf der Agenda der kommenden Jahre. Die klamme Kasse der Stadt macht die Aufgabe nicht einfacher. Es wird auch auf die Eigentümer ankommen, die erkennen werden, dass jeder Euro, den sie mit in den Topf für Modernisierung und Aktivitäten geben, dafür sorgt, dass der Handel floriert – und damit die Erlöse für den vermieteten Quadratmeter stabil bleiben.
Es wird zu beobachten spannend sein, wie die Verwaltung um ihren neuen Chef Claus-Peter Horst das Miteinander angehen wird. Und noch spannender wird es, ob es in der Folge gelingt, eine gute Strategie mit entsprechender Finanzausstattung und schnellen Entscheidungswegen auf den Weg zu bringen. Denkverbote, sei es beispielsweise über eine gemeinsame Gesellschaft mit Wirtschaft und Stadt, darf es nicht geben. Das Leer mehr kann, wenn gemeinsam – und in diesem Fall auch mit dem Engagement ehrenamtlicher Losverkäufer – gemacht wird, zeigt beispielhaft der Erfolg der Weihnachtsverlosung.
Es wird darauf ankommen, dass Immobilieneigentümer, Einzelhändler, Politik und Verwaltung im Einklang agieren und jeder seinen finanziellen Anteil an der Weiterentwicklung übernimmt. Dann wird die Antwort auf die Frage „Wer bietet mehr?“ auch in den nächsten Jahren weiterhin lauten: Leer bietet mehr!