Leer wird wachsen: Bauprojekte sorgen für mehr Einwohner

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Es ist bereits der dritte konkrete Anlauf, am Kopf des Leeraner Handelshafen eine interessante Bebauung zu realisieren. Der Plan 2008, ein großes Hotel zu bauen, scheiterte. Dann wurde es ruhig. Nun wird seit fast sechs Jahren erneut geplant, der Baubeginn für 2020 angekündigt. Passiert ist bisher nichts. Scheitert das millionenschwere Vorhaben etwa erneut? Nein – heißt es dazu kurz, knapp und eindeutig vom Investor, der Terfehr Projektentwicklung GmbH aus Rhede (Ems), die das Gebäudeensemble mit Blick aufs Wasser gemeinsam mit der Leda Immobilien Leer realisieren will.

Auf jeden 70. Einwohner ein neues Gesicht

In Leer tut sich – positiv – was. Denn das emsländische Unternehmen Terfehr dreht derzeit gleich an zwei großen Rädern in der Ledastadt. Zweites Projekt ist die Erschließung und Bebauung des ehemaligen Bünting-Zentrallagers an der Groninger Straße, das vor mehr als zwei Jahrzehnten im Jahr 2000 abgebrochen wurde. Beide Projekte umfassen zusammen ein Investitionsvolumen von – geschätzt, weil die Investoren keine offiziellen Zahlen nennen – von etwa 50 Millionen Euro. Und beide Projekte werden zusammen neuen Wohnraum für etwas mehr als 500 Menschen bringen. Das bedeutet: Allein diese Projekte – dazu noch aktuell ein weiteres im Vaderkeborg, wo Terfehr mitten in der Innenstadt zwei Gebäude mit insgesamt 17 Wohneinheiten und damit Wohnraum für etwa 40 Menschen (Projekttitel: Villa Harms) errichtet – bescheren der Stadt einen Einwohnerzuwachs wie zuvor im Zeitraum von knapp fünf Jahren. Heute hat die Stadt bereits eine Rekordeinwohnerzahl von 35.279 (Stand Ende 2018). Durch die beiden Großprojekte kommt bald auf jeden 70. Einwohner ein neuer Leeraner hinzu. Zur Einordnung: Seit 1998 ist die Einwohnerzahl der Ledastadt von 34.005 angestiegen. Auffällig dabei: Es gab. zwei Dellen. 2004 war der niedrigste Stand mit 32.098, von 2009 bis 2014 verlor die Stadt noch einmal sogar 248 Einwohner. Die Entwicklung der Einwohnerzahl ist – neben dem Ausdruck der Attraktivität für die Menschen – auch insofern wichtig, weil auf Basis der Einwohner finanzielle Zahlungen, beispielsweise vom Land Niedersachsen (Schlüsselzuweisungen), erfolgen.

Startschuss noch in 2021?

Zurück zu den Projekten. Johannes Kirchner, Geschäftsführer der Terfehr Projektentwicklung GmbH (Rhede), hält sich bedeckt zu den Gründen, warum der Bau des Ensembles in bester Lage am Hafen noch nicht begonnen hat. Der Bauantrag – so hat das Unternehmen im Internet vor Jahren veröffentlicht – ist bereits vor mehr als drei Jahren gestellt worden. Kirchner sagt: „Das steht fest: Wir bauen auf jeden Fall.“ Wann der Startschuss fällt? „Das steht noch nicht fest“. Nachfrage: Noch in 2021? „Das ist unser Ziel.“

Warum seit der ersten öffentlichen Ankündigung des Projektes im August 2015 noch kein Kubikmeter Erde bewegt wurde, darüber kann somit nur spekuliert werden. Die erforderlichen Genehmigungen – sowohl für den Bau als auch aufgrund der Lage die wasserrechtlichen Zustimmungen – liegen nach Kirchners Worten zwischenzeitlich vor. Es war dafür ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erfoderlich. Allerdings gibt es für die Investoren Terfehr und die Leda-Gruppe einige, noch nicht genau kalkulierbare wirtschaftliche Risiken, die mit dem Bau am und um das Wasser zusammenhängen. Auch dazu will sich Kirchner nicht im Detail äußern. „Wir klären weitere Faktoren“, sagt er.

Maroder Untergrund mögliches Zusatzrisiko

Eines dieser Risiken könnte der Zustand der vorhandenen Promenade und Böschungen sein. Angesprochen auf die Probleme und erhöhten Kosten, die die Stadt Leer bei der Erneuerung der Hafenpromenade nur wenige Meter entfernt hat, weicht er aus. Klar dürfte sein, dass die beiden Investoren nun erst einmal weitere Untersuchungen des Baugrunds etc. durch Experten vornehmen, um kein Risiko einzugehen. Unter anderem ist auch eine große Tiefgarage geplant. Anders, als eine Kommune, könnten – so wie bei der städtischen Promenade – Mehrkosten von bis zu einer halben Million Euro ein komplettes Projekt zum wirtschaftlichen Problem werden.

Fest steht, was gebaut wird. „Daran hat sich nichts geändert“, so Kirchner. Realisiert werden insgesamt 21 Eigentumswohnungen – darunter 3 Penthouse-Wohnungen – sowie 21 Mietwohnungen, alle mit großzügigen Balkonen, Terrassen und Loggien mit großflächiger Verglasung und zehn Gewerbeeinheiten, davon 3 zum Kauf sowie weitere 7 zur Anmietung.

Hoher Preis schreckt Interessenten nicht ab

Noch nicht fest steht, was der Quadratmeter Fläche für Käufer kosten wird. Auch hier hält sich Kirchner bedeckt. Schaut man auf das Umfeld der Nesse, dürfte der Quadratmeter angesichts der gestiegenen Baukosten in den zurückliegenden Jahren knapp an die 4.000 Euro heranreichen. Lässt sich in der Kreisstadt so ein Preis vermarkten? Kirchner ist optimistisch. Auch wenn es bisher – logischerweise – noch keine Verkäufe gegeben hat, „freuen wir uns bereits heute über das große Interesse“. Erste Vertriebsaktivitäten hätten eine sehr gute Resonanz gebracht. Für ihn sei das keine Überraschung. Die Lage mit Blick auf den Hafen sei einzigartig. Kirchner: „Was gibt es Schöneres, als mitten in der Stadt und unmittelbar am Wasser zu wohnen? Bei unserem Projekt verbinden sich Architektur, Wohn- und Lebenskultur in einer eigenen, unverwechselbaren Art.“ Er schaue nach vorne und wolle sich nicht in Debatten verzetteln lassen, wer oder was das Anrollen der Bagger verzögert haben könnte. „Das bringt uns nichts. Ich wünsche mir, dass in der Stadt insgesamt mehr positiv gedacht wird, denn es bewegt sich was.“

Neues Zuhause für über 400 Menschen

Diesen Gedanken hat der Projektentwickler auch im Kopf, wenn er an das Konzept des Wohngebietes in der Groninger Straße denkt. Man merkt ihm – auch dazu schweigt er natürlich – an, dass z.B. die Diskussionen um gefällte Bäume auf dem Grundstück die Freude etwas trüben. „Auch für dieses Projekt muss man einfach feststellen dürfen: Hier entstehen innenstadtnach 120 bis 130 Wohneinheiten für alle Generationen.“ Geplant sind Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser sowie zur Groninger Straße Eigentums- und Mietwohnen mit Gewerbeflächen im Erdgeschoss. Diese könnten – so die Planungen – alternativ auch als Wohnraum genutzt werden. Allein auf dieser 35.000 Quadratmeter großen Fläche, auf der derzeit die Versorgungsleitungen verlegt und die Baustraßen geschaffen werden, werden „in absehbarer Zeit bis zu 400 Leeranerinnen und Leeraner ihr neues Zuhause haben.“ Wer in die Häuser – sie werden allesamt von Terfehr gebaut – einzieht, steht ebenfalls noch nicht fest. Auch hier gebe es viele Anfragen, vor allem für junge Familien sei das das Areal, das eines von fünf herausragenden Wärmepumpenquartieren Niedersachsens werde, interessant. Kirchner: „Die Verkaufsmodalitäten stehen noch nicht fest, aber wir haben bereits eine lange Liste mit Interessierten“.

Mehr positives Denken in der Stadt

Für ihn sei das Interesse an beiden Millionenprojekte absolut nicht verwunderlich. „Leer ist mit seiner Struktur einfach schön“, sagt er, und man merkt, dass er sich wünscht, dass mehr Leeraner positiv über ihre Stadt denken und sprechen.  So, wie es das Unternehmen im Werbefilm für das Projekt in höchsten Tönen macht … (klicken Sie hier).

Fazit: Ein emsländisches Unternehmen ist überzeugt von der Lebensqualität und dem hohen Wohnwert der Ledastadt – und scheint sich auch durch Diskussionen über gefällte Bäume, belastete Grundstücke oder langwierige Genehmigungsverfahren und unvorhersehbare Entwicklungen nicht vom Ziel abbringen zu lassen – und wird damit für ein Wachstum der Stadt sorgen, dass Leer gebrauchen kann. Und es wird dem Handelshafen nach der Bebauung der Nesse den letzten städtebaulichen Schliff geben.

 

 

Aktuelle Informationen unter www.terfehr.de

Wohn- und Geschäftshaus Hafenkopf in Leer

und www.groninger-strasse.de

 

Der Blick auf den Handelshafen von der Stelle, wo der Neubau entstehen wird.
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