„Auf einen Tee mit …“ – Heute Thomas Memering, Leiter der Polizeiinspektion Leer/Emden
LEER Seit etwas mehr als einem Jahr ist er der Chef der Polizeiinspektion Leer/Emden: Thomas Memering. Der 57-Jährige spricht in der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ über die Bedeutung seiner Mutter bei seiner Berufswahl, erklärt, warum die Polizei nicht gerne mit dem traditionellen Spruch vom „Freund und Helfer“ arbeitet. Er begründet, warum bei Delikten oft auf die Nennung der Nationalität der Täter verzichtet wird, und spricht über die Herausforderung, die die Digitalisierung im Alltag für die Polizisten mit sich bringt. Weitere Themen: die Aufklärungsquote, der letzte Strafzettel für den Polizeichef und der der Anstieg der Straftaten im Bereich des Verbreitens, Herstellens und des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Inhalten, der vor allem bei Kinder und Jugendlichen zu verzeichnen ist.
Polizist bin ich geworden, weil …
… meine Mutter mir das vorgeschlagen hat. Sie hat mir geraten, mich bei der Polizei zu bewerben. Ich wollte damals lieber zur See fahren. Dann habe ich den Test bei der Polizei bestanden – und bald war dann der Wunsch da, zur Wasserschutzpolizei zu gehen. Dort konnte ich beides miteinander verbinden. Ich habe meinen beruflichen Weg bis heute nicht bereut.
Der Einsatz, der mich am meisten bewegt hat, war…
Das kann ich nicht genau sagen. In beinahe 40 Jahren Polizeidienst habe ich viele bewegende Momente und einprägsame Augenblicke erlebt. Auf intensivere Beschreibungen würde ich aber lieber verzichten, weil es immer um Menschen geht und dann vielleicht bei Betroffenen wieder etwas aufgewühlt wird.
Im Einsatz eine Waffe zu tragen, ist…
… eine Notwendigkeit.
Die Polizeiuniform ist für uns…
… ein äußeres Zeichen, dass wir zu einer Institution gehören, die den Staat repräsentiert. Wir sind im Einsatz- und Streifendienst für jeden Bürger sofort erkennbar. Die Uniform ist zudem heute sehr ausgefeilt, damit wir alles bei uns haben, was wir im Soforteinsatz benötigen. Bei den Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei ist es hingegen sinnvoller, dass sie zivil unterwegs sind.
Mein letzter aktiver Einsatz war …
… vor einigen Monaten. Das kommt vor, wenn wir größere Einsatzlagen oder Demonstrationen zu bewältigen haben. Wenn es um kleinere Einsätze geht, das ist das sicherlich schon etwas länger her -aber man verlernt das nicht. Mir ist es wichtig, dass ich jeden Morgen von meinem Dienstschichtleiter einen Überblick bekomme, welche Ereignisse und Einsätze es gegeben hat. Damit stelle ich sicher, dass ich informiert bin, auch wenn ich nicht direkt beteiligt bin.
Plattdeutsch als Polizeisprache im Einsatz ist…
… manchmal ganz hilfreich. Man findet oft schneller einen Zugang. Die meisten Kolleginnen und Kollegen verstehen es, wenige sprechen es auch noch. Grundsätzlich müssen Polizisten heute gut in der Kommunikation sein, weil neben Plattdeutsch auch viele andere Sprachen gesprochen werden. Insgesamt funktioniert die Verständigung recht gut – oft auch ohne Dolmetscher.
Wenn ich einen jungen Menschen für die Polizei begeistern will, dann motiviere ich ihn mit…
… den vielen Möglichkeiten des Berufes. Da ist von der Wasserschutzpolizei über den Einsatz- und Streifendienst, kriminalpolizeilicher Ermittlungsarbeit bis hin zur Kriminaltechnik für jede Neigung etwas dabei. Mich beeindruckt es übrigens immer wieder, wenn Bewerberinnen und Bewerber sagen: „Wir gehen zur Polizei, weil sie froh sind, in einer Demokratie zu leben und dafür einen Beitrag leisten zu können.“
Wenn ich die Formulierung „Dein Freund und Helfer“ höre, dann…
… sind wir sicherlich Helfer, wenn es darum geht, dass unsere demokratische Gesellschaft mit ihren Regeln und Gesetzen funktioniert. Dabei sind wir dann nicht jedermanns Freund, weil wir keine pers. Sympathien hegen, sondern nach Recht und Gesetz handeln. Insofern nutzen wir diesen Spruch nicht, um für Vertrauen zu werben.
Von der Bevölkerung würde ich mir im Umgang mit der Polizei wünschen, dass …
… sie so respektvoll mit uns umgeht, wie es auch von uns erwartet wird. Wir erwarten keine ausgesprochene Freundlichkeit. Was mich zunehmend nachdenklich macht, ist der Umstand, dass die Anzahl der tätlichen Angriffe gegen uns ansteigt.
Die größte Herausforderung für unsere Polizeiinspektion Leer-Emden ist…
Eine große Herausforderung hängt mit dem Wandel durch die zunehmende Digitalisierung und der Verarbeitung von Massendaten zusammen. Wir werden unsere Kompetenzen bei der Nutzung der sozialen Medien, im Bereich des Darknets und der Beweissicherung aus den smartfähigen Geräten ständig weiterentwickeln müssen. Der Aufwand und die Datenmenge steigen stetig. Bei fast jedem Delikt spielt heutzutage das Handy eine Rolle. Vor wenigen Jahren wurden per Handy beispielsweise nur Textnachrichten geschickt, heute sind es ganz überwiegend Sprachnachrichten. Die müssen wir uns alle anhören und manchmal ist die Sprache – auch die der Jugendlichen- schon eine Herausforderung. Zudem steigt die Datenmenge, die wir bearbeiten müssen, exponentiell. Das trifft vor allen Dingen auf die Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Inhalte zu. Die Kolleginnen und Kollegen müssen sich alle Inhalte, Bilder und Filme anschauen und die illegalen kinder- und jugendpornografischen Darstellungen von den legalen Bildern trennen. Wir arbeiten zwar mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz, trotzdem bleibt der Aufwand enorm hoch.
Wenn ich Politiker wäre, dann würde ich als erstes für die Polizei…
… mich für eine jederzeit gute personelle und materielle Ausstattung einsetzen.
Wenn die Polizei einen Täter mit ausländischer Herkunft ermittelt, dann wird das nicht immer veröffentlicht, weil …
… die Herkunft nur ganz bedingt mit dem Sachverhalt zu tun hat. Die Herkunft, der Wohnort oder andere Informationen müssen für das Verständnis eines Sachverhaltes unerlässlich sein, damit diese Informationen veröffentlicht werden. Wir wissen, dass die Herangehensweise gelegentlich für Diskussionen sorgt. Wir werden an diesem Grundsatz weiter festhalten.
Kriminalität auf dem Lande ist längst nicht so schlimm wie in einer Großstadt…
Was die Qualität und die Bandbreite der Delikte betrifft, gibt es zwischen Ostfriesland und einer Großstadt sicher keine gravierenden Unterschiede. Aber wir haben eine deutlich geringere Kriminalitätsbelastung als in den Großstädten. Gemessen an der Einwohnerzahl liegt die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, in unserer Region sogar erkennbar unter dem Durchschnitt in Niedersachsen. Außerdem haben wir 2021 einen erneuten Anstieg bei den aufgeklärten Straftaten verzeichnen können.
Wenn ich in unsere Täter- bzw. Taten-Statistiken schaue, dann macht mir bzw. uns am meisten Sorgen…
… der Anstieg im Bereich des Verbreitens, Herstellens und des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Inhalten. Auffällig ist, dass vermehrt Kinder und Jugendliche als Tatverdächtige erfasst werden. Die bei Schülerinnen und Schüler sehr beliebten sogenannten Whats-App-Sticker spielen dabei eine zentrale Rolle. Mit nur wenigen Klicks ist ein solcher Sticker, beispielsweise mit dem Nacktbild eines Kindes, fertiggestellt. Kinder und Jugendliche sind sich oftmals nicht bewusst darüber, dass sie strafrechtlich relevante Inhalte teilen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt unserer Arbeit auch darin, gemeinsam mit dem Landkreis und der Stadt Emden die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen, aber auch der Erziehungsberechtigten zu stärken.
Der Dorfpolizist von einst wäre heute…
… derselbe wie heute. Wir ziehen uns – anders als vielleicht die eine oder andere Wirtschaftsbranche mit ihren Filialen – nicht aus der Fläche zurück. Im Gegenteil: Wir haben die Zahl der Kontaktbeamtinnen und -beamten sogar erhöht. Das ist uns wichtig. Wir wollen eine bürgernahe Polizeiarbeit leisten.
Meine Oldtimer-Motorräder sind für mich…
… eine schöne Entspannung und Ausgleich. Es gibt nicht Schönere, als den Motor nach einer erfolgten Restaurierung zu hören – wenn er dann läuft.
Mein Lebensmotto ist…
Das Kunststück ist nicht, dass man mit dem Kopf durch die Wand rennt, sondern dass man mit den Augen die Tür findet.
Ich habe das letzte Mal gelogen, als…
… ich in einem Restaurant war. Es ging um die Frage, ob das Essen geschmeckt hat. Ich glaube, es hätte niemanden geholfen, wenn ich gesagt hätte, dass es mir nicht geschmeckt hat.
Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…
… zu schnelles Fahren vor zwei Jahren in Collinghorst. Das passiert auch mir – aber laufen musste ich deswegen nicht.
Ich kann mich so richtig aufregen über…
… egoistische Menschen, die sich in den Mittelpunkt stellen oder nicht kompromissbereit sind – sowohl im Miteinander als auch im Straßenverkehr.
Ich kann mich so richtig freuen über, …
… Dinge, die so funktionieren, wie ich es mir vorgestellt habe. Über Zeit mit Freunden, schöne Musik und erfolgreiche Sportler.
Mein größter Fehler ist, dass …
… ich manchmal zu moderarte Formulierungen wähle, die die Relevanz oder Dringlichkeit nicht erkennen lassen. Da muss ich dann gelegentlich nachlegen.
Wenn ich einen Tag lang in meinen Leben ein anderer sein könnte, dann wäre ich gerne…
… Musiker, z.B. Mick Jagger oder Bruce Springsteen. Es muss fantastisch sein, so viele Menschen mit einer tollen Musik über Jahrzehnte zu begeistern.
Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…
… wünsche ich mir beruflich, dass die Polizeiinspektion Leer/Emden weiterhin als professionelle und bürgernahe Polizei wahrgenommen wird und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger hat. Ich wünsche mir Gesundheit für meine Familie und mich und eine friedlichere und gerechtere Welt.
Thomas Memering, Leiter der Polizeiinspektion Leer/Emden. Foto: Polizei