„Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Babyboomer in die Vereinsarbeit einbinden“

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 Auf ein Tee mit… – Heute: Theo Douwes, Bürgermeister der Gemeinde Westoverledingen

IHRHOVE Vom Auszubildenden zum Bürgermeister – das beschreibt den Weg, den Theo Douwes gegangen ist. Der Chef im Rathaus der Gemeinde Westoverledingen spricht in der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ über die Bedeutung der Friesenbrücke und des neuen Bahnhaltepunktes, über die Unsicherheit, die mit den Maßnahmen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit verbunden ist, und über die Höhe der Kreisumlage. Zudem geht der 59-jährige Verwaltungsfachwirt, der nach Studium und Zwischenstationen 1990 wieder nach Ihrhove zurückkehrte, auf die Fragen der Herausforderungen des Umgangs mit der Babyboomer-Generation auf kommunaler Ebene, der dritten Amtszeit, seiner Parteilosigkeit und die der Bessermacher statt Besserwisser ein.

Westoverledinger Bürgermeister zu sein, ist für mich…

… eine Aufgabe, die mich mit Freude, aber auch oft mit Begeisterung, durchs Leben gehen lässt.

Wenn mir jemand als Kind gesagt hätte, dass ich einmal Bürgermeister sein werde, dann…

…hätte ich gesagt: Nein, ich will Fußballer werden. Heute sage ich: Schön, dass es so gekommen ist. Als Fußballer bin ich heute nicht mehr aktiv, erinnere mich aber gerne an diese Zeit zurück und auch an meine Tätigkeit als Trainer, die für meinen Werdegang viele wichtige Erfahrungen gebracht hat.

Die größte Herausforderung ist für mich aktuell…

… alle Fragen, die mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu tun haben. Wir kennen heute noch nicht die Dimensionen, vor allem auch die finanziellen, in diesem Bereich. Es geht schon längst nicht mehr nur um Photovoltaik auf den Dächern. Von Windenergie über Radwegeausbau bis hin zur Wiedervernässung von Moorflächen sind wir in vielen Bereichen gefordert. Daneben ist ein weiteres großes Thema für mich die Babyboomer-Generation, die nun sukzessive in den Ruhestand geht. Nachdem wir über die letzten 10 bis 15 Jahre vor allem das Thema Kinderbetreuung im Mittelpunkt gerückt hatten, werden zukünftig die Babyboomer Ansprüche an ihre Kommune formulieren. Die meisten sind noch sehr fit nach dem Motto „70 ist das neue 50“, aber was passiert, wenn sie barrierefreien und anderen Wohnraum benötigen. Zudem müssen wir uns Gedanken machen, wie es gelingen kann, sie mit ihren Fähigkeiten in die Vereins- und Gesellschaftsarbeit oder auch in die Arbeitswelt nach dem Berufsleben einzubinden. Viele haben noch Lust ihre Erfahrungen einzubringen. Wir brauchen für dieses Thema kommunale Antworten, da wir die Menschen vor Ort kennen. Das ist Chance und Herausforderung zugleich.

Mein größter bisheriger Erfolg als Bürgermeister ist, dass …

… wir es geschafft haben, einen Bahnhaltepunkt auf der Linie Groningen- Bremen zu bekommen. Gleichsetzen würde ich damit auch, dass wir es geschafft haben, dass in unserer Gemeinde für jedes Kind ein Platz in der Kindertagesstätte bereitsteht. Und stolz bin ich darauf, dass wir trotz erheblicher Investitionen in den vergangenen Jahren immer positive Jahresergebnisse präsentieren konnten.

Meine größte Fehlleistung als Bürgermeister ist bisher, dass ….

… ich nach der Corona-Pandemie unheimlich gerne in den Ortschaften mehr Präsenz zeigen würde, und dass das zeitlich leider zu selten klappt. Nicht gut ist auch, dass ich für die Mitarbeitenden in der Gemeinde manchmal nicht so viel Zeit und Aufmerksamkeit habe, wie sie es verdient hätten.

Mein größtes Sorgenkind ist mit Blick auf die Gemeinde …

… die künftige dauerhafte finanzielle Stabilität von uns Gemeinden und gesellschaftlich die Frage, wie wir den Zusammenhalt, der gefühlt an einigen Stellen bröckelt, stärken und erhalten können.

Das wichtigste Ziel für das Jahr 2024 muss sein, dass …

… die Friesenbrücke fertig wird, zumal es damit auch einen tollen Fuß- und Radweg entlang der Brücke geben wird.

Über die Höhe der Kreisumlage denke ich, dass …

… wir dort auf jeden Fall Spielraum für Verhandlungen mit dem Landrat und der Kreisverwaltung haben. Wir benötigen aus meiner Sicht eine Regelung über einen längeren Zeitraum, damit die Kommunen und der Kreis die Entwicklung im gesamten Kreis Leer zielorientiert voranbringen können und alle Beteiligten Handlungsspielräume behalten. Vielleicht sind es am Ende auch Ideen, die sich ähnlich wie bei der Vereinbarung bezüglich der Kostenteilung im Bereich der Kindertagesstätte, nicht nur an den nackten Umlagepunkten festmachen lassen. Auf jeden Fall ist die Entscheidung über die Kreisumlage immer eine politische Entscheidung des Kreistages.

Die Friesenbrücke ist für Westoverledingen …

… elementar, weil sie das Nadelöhr in Richtung Weener darstellt. Da gibt es viele familiäre und berufliche, aber auch touristische Verbindungen, die über Jahre deutlich eingeschränkt wurden. Und erst mit ihrer Fertigstellung bekommt der Bahnhaltepunkt Ihrhove natürlich auch eine ganz andere Wertigkeit.

Von der Wunderlinie erhoffe ich mir, dass …

… viele Menschen aus unserer Gegend als Fahrgäste die Züge nutzen und es damit auch grenzüberschreitend mehr Verbindungen gibt. Die Linie ist ein wertvolles Signal der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit und es ist bemerkenswert, wie unsere Nachbarn bei der Bahnlinie die treibende Kraft gewesen sind.

Mit einem großen Sack mit unvorstellbar viel Geld würde ich für meine Gemeinde als mein größtes Projekt umsetzen…

… mehr Begegnungsmöglichkeiten für alle Generationen in allen Ortschaften schaffen.

Parteilos bleibe ich, weil…

… es Grundlage meines Auftrages durch die Bürger ist und ich in der Verwaltung lange gearbeitet habe und weiß, dass ich zwar eine Meinung haben kann, aber aus meiner Funktion heraus in der Sache ideologiefrei agieren sollte.

Eine dritte Amtszeit als Bürgermeister ist…

… zum Glück dauert die Wahlperiode noch einige Zeit, so dass ich mich nicht auf eine Antwort festlegen lassen muss. Ausgeschlossen ist nichts. Mir macht diese Aufgabe jedenfalls heute noch sehr viel Freude.

Fußball ist für mich…

…nach wie vor die schönste Nebensache der Welt. Und der größte Teil meines Freundes- und Bekanntenkreises rührt aus meiner Zeit als Fußballer und Trainer.

Meine Bildbände und die Bücher über die Historie der Gemeinde sind…

… etwas, auf das ich gerne blicke und das Schreiben über Historisches möchte ich auch gerne noch einmal intensivieren. Mich begeistert das Eintauchen in die Heimatgeschichte und ich sehe hier noch viel Potenzial zum Entdecken.

Die erste bürokratische Vorschrift, die ich abschaffen würde, ist…

die Notwendigkeit, dass jeder einen Lohnsteuerjahresausgleich machen müsste.

Mein Lebensmotto ist…

Man braucht keine Besserwisser, sondern Bessermacher.

Mein Lieblingsplatz in Westoverledingen ist…

… die Bank auf dem Deich beim Muhder Sieltief mit Blick auf die Ems und die Leda. Ein ganz toller Platz, um für sich ein wenig Ruhe zu finden.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Shitstorms in den sozialen Medien. In diesen Netzwerken nimmt das Gegeneinander mit Aggressivität, Hass und Polemik immer mehr Platz ein. Da bleibt für das Miteinander immer weniger Raum. Eine Gesellschaft ist aus meiner Sicht immer stark, wenn sie gemeinsam an einem Strang zieht. Und da ist uns viel verloren gegangen.

Ich kann mich so richtig freuen, wenn

… einfach mal Danke gesagt wird.

Kraft tanke ich, wenn ich…

… auf meinem Fahrrad sitze und beispielsweise durch die Gemeinde fahre.

Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler sein könnte, dann würde ich als erstes…

…zum einen meinen Einfluss für mehr Frieden auf der Welt geltend machen und in Deutschland selber würde ich Maßnahmen ergreifen, die die Integration, Wiedereingliederung in die Arbeitswelten deutlich verbessern. Mir sind die Arbeitslosenzahlen in Zeiten von Fachkräftemangel einfach deutlich zu hoch. Und hier finde ich, ist insbesondere der Bund mit Ideen und Konzepte gefordert. Ich persönlich fand z.B. die frühere Möglichkeit, über Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Menschen wieder in Berufe einzugliedern sehr erfolgreich. Ehrlich gesagt, bin ich aber froh nicht Bundeskanzler in der heutigen Zeit zu sein.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… wünsche ich mir mehr Frieden auf Erden anstatt Krieg und Terror, deutlich mehr Zuversicht und positive Ausstrahlung in der Gesellschaft, und für mich und mein Umfeld ganz viel Gesundheit.

Führt die Gemeinde Westoverledingen als Bürgermeister seit 2016 an: Theo Douwes.

Foto: Privat

Holger Hartwig„Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Babyboomer in die Vereinsarbeit einbinden“