Leeraner Krankenhaus steht vor schweren Zeiten – Prüfung durch Zoll ohne Beanstandungen
LEER Dem traditionsreichen Leeraner Borromäus-Hospital (Borro) stehen schwere Zeiten bevor. Während die Klinik auf Anfrage offiziell davon spricht, dass noch keine Aussagen zum Jahresergebnis 2021 getroffen werden können, wird in den Gremien, in Teilen der Belegschaft und in internen Dokumenten seit Wochen über ein Minus von über 1,9 Mio. Euro gesprochen. Das haben umfangreiche Recherchen in den vergangenen Wochen ergeben. Zudem weist die Klinikleitung Gerüchte über Schwarzarbeit, die sich seit Wochen halten, zurück. Es handele sich um routinemäßige Kontrollen und es habe keinerlei Beanstandungen gegeben.
Einnahmen coronabedingt zurückgegangen
Angesichts der Ergebnisse der Recherchen hatte HARTWIG am SONNTAG um ein Gespräch mit der Geschäftsleitung des Borro gebeten. Dieses wurde kurzfristig krankheitsbedingt abgesagt, tags darauf hieß es dann, dass es kein Interesse an einem persönlichen Gespräch gebe und alle Fragen schriftlich eingereicht werden könnten (hier alle Fragen und die Antworten des Borro). Der umfangreiche Fragenkatalog wurde dann umgehend in Teilen beantwortet. Zu der Frage, ob es zutreffe, dass für das Jahr ein Minus von knapp unter zwei Millionen Euro bei einem geplanten Jahresumsatz von etwa 62 Mio. Euro für die Klinik prognostiziert wurde, hieß es: „2021 sind die Einnahmen im Wesentlichen coronabedingt zurückgegangen. Detaillierte Betrachtungen der Abteilungen geben keine anderen Rückschlüsse. Natürlich gibt es auch im Borromäus Hospital coronabedingte Mehrkosten. Mit Blick auf die gesamte Krankenhauslandschaft hat die Corona-Pandemie die wirtschaftliche Problematik erhöht. Wie das Ergebnis 2021 im Borromäus-Hospital genau ausfallen wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.“ Intern ist das Haus bereits weiter. Bereits zu Jahresbeginn war ein Minus von etwas mehr als einer Million Euro prognostiziert, konkret wird nun ein Minus von 1,9 Mio. Euro bis zum Jahresende erwartet. Dies wird unter anderem, so ergaben die Recherchen, auf einen Rückgang der Patienten-Fallzahlen um etwas mehr als zehn Prozent sowie Mehrkosten im Bereich des Medizinischen Bedarfs zurückgeführt. Die gestellten detaillierten Fragen, zu den Ertrags- und Kostenentwicklungen und auch mit welchen Maßnahmen die Klinikleitung der wirtschaftlichen Entwicklung entgegenwirken wolle, blieben unbeantwortet.
Auf die Frage, ob es bereits in 2020 einen Verlust von etwa 500.000 Euro aus dem laufenden Betrieb gegeben habe, hieß es, dass „das Borromäus-Hospital in 2020 auf ein ausgeglichenes Jahresergebnis zurückblicken“ kann (Anmerkung der Redaktion: Die Frage bezog sich konkret auf das laufende Betriebsergebnis in 2020. Ein Jahresergebnis kann hingegen auch Auflösungen von Rückstellungen enthalten).
Brünink oder Veer – wer leitet das Haus?
Für Verwirrung sorgt aktuell in der Belegschaft auch, wer die Leitung des Hauses hat. Auf Anfrage, ob das Borro von Ansgar Veer (bisher zweiter Geschäftsführer und Hauptgeschäftsführer der St. Bonifatius Hospitalgesellschaft in Lingen) geführt werde, hieß es: „Geschäftsführer Dieter Brünink wechselt zum Ende des nächsten Jahres in die passive Phase der Altersteilzeit. Konkret bedeutet dies, dass die aktive Arbeitsphase Ende 2022 ausläuft und zum 1. Januar 2023 die Freistellungsphase beginnt. Mitte des kommenden Jahres soll eine Nachfolgeregelung realisiert werden, die dann von Dieter Brünink noch eingearbeitet werden könnte.“ Intern wurde hingegen durch den scheidenden Brünink publiziert: „Die Führung des Borromäus-Hospital wird bis auf weiteres von meinem Geschäftsführerkollegen Ansgar Veer übernommen. Hierbei werde ich ihn aktiv unterstützen und begleiten. Vielen Dank für Ihr Verständnis für meine persönliche Entscheidung, die mir nicht leichtgefallen ist.“
Auch Kaufmännische Leitung wechselt
Im kommenden Jahr wird neben dem aktuellen Geschäftsführer Dieter Brünink auch der langjährige kaufmännische Direktor des Borros und Geschäftsführer der Borromäus-Hospital Service GmbH Leer, Markus Tholen, aus dem Unternehmen ausscheiden, bestätigte die Klinik. Eine entsprechende Altersteilzeitvereinbarung sei bereits vor einigen Jahren „auf seinen eigenen Wunsch auf den Weg gebracht“ worden. Der kaufmännische Direktor gehe, so schreibt die Klinik, in 2022 regulär in die Freistellungsphase.
Zollprüfung ergibt keine Beanstandungen
Hartnäckig haben sich während der dreimonatigen Recherche zur Situation des Hospitals auch die Gerüchte gehalten, dass die Zollfahndung wegen des Verdachts der Schwarzarbeit seit einigen Monaten Gespräche mit Mitarbeitenden halte. Nachgefragt zu diesem Umstand, antwortete die Klinik: „Grundsätzlich finden routinemäßig Kontrollen durch die Zollbehörde in Unternehmen und damit auch im Borromäus Hospital und der Service GmbH statt. Dies ist auch in diesem Jahr unangekündigt erfolgt. Es gab keinerlei Beanstandungen.“
Betriebsklima ist „nach wie vor gut“
Ebenso ein Thema war bei den Gesprächen mit Mitarbeitenden immer wieder Arbeitsklima, was sich seit einem Jahr in der Wahrnehmung der Angestellten deutlich verschlechtert habe. In dem Zusammenhang wurde wiederholt auf den Wechsel in der Personalleitung hingewiesen. Es hagele Abmahnungen und es könne nicht mehr die Rede davon sein, dass es sich um ein christliches Krankenhaus handele. Auch zu diesem Punkt hat sich die Klinik schriftlich geäußert: „Diese Darstellungen sind nicht zutreffend. Wir verfolgen einen wertschätzenden Umgang mit unseren Mitarbeitenden und freuen uns, wenn diese möglichst lange unserem Borro die Treue halten. Wir schätzen jeden Mitarbeitenden gleichermaßen.“ Und weiter: „Das Betriebsklima ist nach wie vor gut, allerdings sind unsere Mitarbeitenden durch die Coronalage besonders gefordert und angespannt.“
Keine Engpässe beim Pflegepersonal
Eindeutig Stellung bezogen hat die Klinik-Leitung auch zur Personalsituation im Pflegebereich. Während viele Kliniken eine Herausforderung mit der Frage nach ausreichend Personal haben, ist das in dem katholischen Haus kein Thema. „Aktuell sind nahezu alle Stellen gemäß Stellenplanung besetzt und damit keine Qualitätseinbußen zu erwarten. Es gibt somit momentan auch keinen Personalmangel durch unbesetzte Stellen in der Pflege“, heißt es. Mit Blick auf die Zukunft des Hospitals seien „Abteilungsschließungen oder betriebsbedingte Kündigungen nicht vorgesehen“.
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