Von Holger Hartwig*
Für das Miteinander unter Menschen gibt es eine Grundlage, die sich in einem Wort ausdrückt: Vertrauen. Vertrauen ist existenziell, zieht sich durch das gesamte Leben. Es beginnt ab dem Moment der Geburt, wenn das Vertrauen des Babys in Richtung Mama und Papa gegeben ist. Ob in der Familie, im Kindergarten, in der Schule, in der Sportmannschaft, später im Berufsleben oder in der Partnerschaft – ohne Vertrauen läuft nichts.
Die große Herausforderung beim Vertrauen besteht darin, dass es immer einen Menschen geben muss, der einem anderen sein Vertrauen schenkt. Wenn kein Vertrauen geschenkt wird, kann es nicht wertgeschätzt, geachtet und erwidert werden.
Haben Sie mal überlegt, wie und wann Sie in ihrem Leben „Ich vertraue Dir“ gesagt oder gedacht haben? Haben Sie bewusst wahrgenommen, wenn ihnen Vertrauen geschenkt wurde? Oder ist das in vielen Lebenslagen zu selbstverständlich für Sie? Sie werden feststellen, dass geschenktes Vertrauen dazu führt, dass Sie sich wohlfühlen in ihren jeweiligen Situationen.
Es gibt auch Menschen, die sehr selten das Geschenk des Vertrauens geben können. Meist sagen diese Menschen, dass ihr Vertrauen zu oft missachtet oder missbraucht worden und sie halt skeptisch durch die Welt gehen. Aber: Die gemachten negativen Erfahrungen sind nur das eine. Oft steckt auch ein anderer Aspekt dahinter, wenn Menschen nicht vertrauen können: ihr eigenes Selbstvertrauen. Sich selbst zu vertrauen und damit seinen persönlichen Leitlinien und Fähigkeiten im Leben zu folgen, ist die Basis für eine gesunde Beziehung zu anderen bzw. Vertrauen zu anderen. Oder können Sie sich vorstellen, dass Sie anderen Vertrauen schenken ohne sich selbst zu vertrauen?
Wer bemerkt, dass sein Vertrauen in oder zu anderen immer weniger wird, dem kann es helfen, im ersten Schritt auf sich selbst, seine Worte und sein Handeln zu schauen. Wer sich selbst vertraut, der hat auch die Kraft in sich, mit Situationen, in denen andere einen enttäuschen, gut umzugehen. Er hat die Kraft, im direkten Gespräch seine Enttäuschungen zu benennen und nachzufragen, ob und was sich andere Menschen durch ihr Verhalten gedacht haben. Manchmal wird dann das Gespräch zeigen, dass nicht jeder Vertrauensbruch auch als solcher bewusst geschehen ist.
Und noch eines ist im Geben und Nehmen von Vertrauen wichtig: Wer eine Unsicherheit im Umgang und Geben von Vertrauen spürt, der sollte das benennen. Der sollte klar und deutlich sagen, dass diese Äußerungen im Vertrauen geschehen. Und denken Sie daran, wenn Sie erreichen wollen, dass Informationen vertraulich behandelt werden sollen. Sagen Sie: „Bitte nicht darüber reden“. Dann passiert oft das Gegenteil. Unser Gehirn kann mit Nicht- bzw. Nein-Aussagen nur schwer klarkommen. Formulieren Sie positiv: Ich vertraue Dir und bin mir sicher, dass die Informationen bei Dir bestens aufgehoben sind…
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.