Von Holger Hartwig*
Sie kennen die Fernsehsendung „Wer wird Millionär?“ mit Günther Jauch? Bestimmt. Dann werden Sie sich auch in ihrem Leben schon einmal die Frage gestellt haben, ob Sie auch die Möglichkeit haben, Millionär zu werden. Die meisten beantworten diese Frage mit „Ich spiele doch kein Lotto“, „Ich doch nicht“ oder „Wie soll ich das denn machen?“.
Grundsätzlich ist an diesen Einschätzungen etwas Wahres dran. Die Wahrscheinlichkeit, einmal Millionen zu besitzen, ist nicht sehr groß. Das schaffen nur wenige. Aber: Den allerersten Schritt zur Million verbauen sich die meisten Menschen bereits in ihrem Kopf.
Von Kindesbeinen an werden uns Grenzen im Handeln gesetzt. Ob in der Schule oder im Elternhaus – es gehört dazu, die Grenzen auszutesten bzw. auszuloten. Wir lernen so – bewusst oder unbewusst – in welchem Rahmen wir uns bewegen und handeln dürfen. Und so manch einer freut sich sogar innerlich über diese Grenzen, denn sie erleichtern es, sich vor Verantwortung zu „drücken“, Herausforderungen nicht anzunehmen und sich der Bequemlichkeit hinzugeben.
Doch diese Grenzsetzungen – meist von Kindesbeinen an – hat auch Nebenwirkungen. Denn die uns gesetzten und dann auch akzeptierten Grenzen beeinflussen nicht nur unser Handeln. Sie sorgen auch für Muster in unserem Denken. Beispiel gefällig? Nehmen wir wieder die Frage nach dem Millionär. Die meisten werden sofort Nein antworten. Warum? Weil ihr Handeln das Denken und damit ihre Vorstellungskraft beeinflusst.
Was spricht denn dagegen, Millionär zu werden? Jeder Mensch kann eines Morgens aufstehen, aus dem Haus gehen, eine Situation erleben – und einen Geistesblitz haben mit der Idee seines Lebens. Sei es ein Produkt, eine Dienstleistung oder was auch immer – eine Idee, die den Weg zum Millionär ebnet. Sprechen Sie mal mit Millionären. Die wenigsten konnten sich vorstellen, dass sie einmal zum Millionär werden…
Oder blicken wir auf die Schule. Kinder wachsen vom ersten Tag mit Grenzen auf. Das hat Nebenwirkungen. Beispiel gefällig? Wenn ein Kind in einem Fach maximal eine Drei als Note in einer Arbeit geschrieben hat und es gefragt wird, was sein Ziel ist, wird es antworten: Vielleicht mal eine 2. Dabei beginnt jede Arbeit bei null. Dabei kann – wenn es gut läuft und die für den Moment optimalen Fragen gestellt werden – auch eine 1 dabei herauskommen. Aber um was wollen wir wetten: Wer als Ziel nicht die 1 als das größte Ziel vor Augen hat, der wird am Ende auch nicht die 1 erreichen.
Natürlich gilt das nicht immer. Keine Regel ohne Ausnahme. Ein bißchen Realismus schadet nie. Ein übergewichtiger Mensch wird z.B. niemals den Weltrekord im Marathonlauf aufstellen. Dafür braucht es nun einmal auch körperliche Voraussetzungen besonderer Art, die vorzugsweise Afrikaner mitbringen. Aber: Wenn er sich im Kopf nicht selbst „begrenzt“, weil er die Möglichkeit ausschließt, das Ziel zu erreichen (weil ihm auch schon als Kind gesagt wurde, dass er ja unsportlich ist) der wird seinen Weg machen. Der wird Stück für Stück vorwärtskommen und selbst gesetzte Grenzen überschreiten…
Kurzum: Wer sich selbst Grenzen im Handeln setzt oder von anderen – ob als Eltern, Vorgesetzter, Lehrer, Trainer usw. – gesetzt bekommt, der sollte sich bewusst sein, dass Grenzen im Handeln auch zu schnell zu Grenzen im Denken und in der Vorstellungskraft werden.
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.
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