Von Holger Hartwig*
Wer im Moment auf die Welt blickt, der wird zustimmen: Wir befinden uns in einer ernsthaften Krise. Krieg mit Waffen, Rohstoffen, Lebensmitteln und Cyberangriffen. Dazu noch die Corona-Pandemie. In dieser Lage fühlen sich viele Menschen überfordert. Manches ist nicht zu überblicken, manches scheint aussichtslos.
Mit den großen Weltkrisen ist es nichts anders als mit den Krisen, die jeder einzelne für sich im Alltag immer mal wieder erlebt. Sie kommen manchmal aus dem Nichts und sind dann wie eine große Klippe auf dem Weg des Lebens, die es zu bewältigen gilt.
Der Umgang mit Krisen beginnt mit einer großen Herausforderung: mit der Grundeinstellung. Krisen will keiner, Krisen sind gefährlich, Krisen machen Angst – so denken viele. Dabei bieten Krisen auch genau das Gegenteil – eine große Chance. Sie können zur Kraftquelle werden.
Wer in einer Krise steckt, der fängt automatisch an, genauer hinzusehen. Wer in einer Krise steckt, der agiert mit größerer Konzentration. Wer in einer Krise steckt, der weiß, das der nächste Fehler der letzte sein kann. Krisen fördern Aufmerksamkeit, Flexibilität und die Fähigkeit, nach neuen Möglichkeiten und Wegen zu suchen, statt auf ausgetrampelten Pfaden gedankenlos weiter zu gehen.
Häufig sind es Krisen, die den größten Wandel oder Fortschritt nach sich ziehen. In Unternehmen, deren Produkte nicht mehr zeitgemäß waren. Für Ehen, die „eingeschlafen“ sind im Alltagstrott. Oder auch für Sportmannschaften, die nach vielen Erfolgen heftige Niederlagen erleiden. Allen ist gemeinsam, dass nach der Annahme der Krise (gerne wird ja auch über längere Zeit weggeschaut) mit mehr Achtsamkeit ergebnisorientiert agiert wird.
Um das Bild der Klippe noch einmal aufzunehmen. Wie bei allen Krisen besteht die Möglichkeit, sie zu meistern und auf dem angestrebten Weg weiter zu schwimmen. Oder durch den Blick in alle Richtungen neue und vielleicht sogar bessere Wege zur Lösung und zum Ende der Krise zu finden.
Sie glauben das nicht? Dann denken Sie mal daran, warum es heißt „Er oder Sie oder das Unternehmen ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen“. Hervorgegangen steht für „vorwärts gegangen“ bzw. in Bewegung geblieben. Deshalb ist der Schlüssel für die Bewältigung: aus Überzeugung in Bewegung bleiben statt zu erstarren und sich dem Schicksal aus Angst zu ergeben.
Und wenn doch das Erstarren vor Angst droht? Dann gehört etwas Mut dazu, sich umzuschauen nach Freunden, Kollegen oder ggf. auch Experten, die genau das zu verhindern wissen. Sie setzen gezielt Impulse im Denken und Handeln – kurz Motivation genannt – und sorgen so dafür, dass Bewegung in die Situation kommt. Bewegung auf dem Weg in die nächste Chance. Bewegung, die neue Kräfte freisetzt.
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.