Die „Weg-von-Hin-zu“-Herausforderung

Artikel teilen

Von Holger Hartwig*

Jeder Mensch kennt die Situation: Es ist Zeit, etwas zu verändern. Das kostet manchmal Überwindung, meist Kraft und Zeit. Entscheidend für den Erfolg einer Veränderung kann die Motivation sein, aus der sie geschieht. Und vor allem, mit welchen Bildern im Kopf – wir denken immer in Bildern – sie vorgehen.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Sie kommen zu der Überlegung, dass die Körperwaage Ihnen einige Kilos zu viel anzeigt. Dann heißt es oft: Ich will oder ich muss abnehmen. Nur selten sagt jemand: Ich möchte sportlicher werden oder ich möchte gesund und munter das Leben genießen. Wenn die Umstellung der Ernährung und das weniger Essen Erfolg haben, ist es egal, welchen Gedanken Sie im Kopf hatten. Aber, wer der Autor dieser Zeilen viele Jahre seine Erfahrungen mit „Ich muss abnehmen“ und dem Jo-Jo-Effekt gemacht hat, der sollte nun weiterlesen.

Ob eine anstehende Veränderung (z.B. auch der Wechsel des Arbeitsplatzes) erfolgreich ist, hängt maßgeblich davon ab, aus welchem Antrieb heraus Sie handeln. Denn bei genauerer Betrachtung gibt es zwei Möglichkeiten, die zu einer angestrebten Veränderung führen können: Weg von oder Hinz zu…

Was ist damit gemeint? Nehmen wir das Beispiel des Arbeitsplatzwechsels. Sehr häufig wird der angestrebt, „weil ich das da echt nicht mehr aushalten kann“. Das ist der Klassiker der „Weg-von“-Motivation. Die Veränderung wird angestrebt, um – wie die Worte es aussagen – um einer Situation zu entkommen Man möchte fliehen aus dem, was ist, Bloß weg hier – das ist die Devise. Alles, was kommt, kann nur besser werden…

Natürlich ist dieser „Weg-von“ ein Antrieb, zum Teil sogar ein sehr intensiver. Aber ist dieser auch zielführend, wenn ich nur weiß, wovon oder woraus ich weg will? Aber nicht genau weiß, wohin ich will? Oft wird dann die einfachste bzw. jede Art der Veränderung akzeptiert, nur um weg zu kommen. Und dann sind sie weit weg von dem Alten – und kommen aus dem Regen in die Traufe. Dieses „Weg-von“ allerdings einfach zu verteufeln, wäre falsch. Auch diese Motivation ist nützlich und ein sehr starker Antrieb, den es zu nutzen gilt.

Diese „Weg-von“-Motivation ist ein guter Ausgangspunkt für jede Veränderungen. Sie gilt es, als Auslöser für neue Wege an zu nehmen. Und dann kommt wieder einmal unser Kopf, unser Denken ins Spiel. Denn um nach dem „Weg-von“-Gedanken erfolgreich zu etwas Neuem zu gelangen, das für Zufriedenheit, Ausgeglichenheit und damit auch Gesundheit sorgt, ist es ratsam, einen Schritt weiter zu denken. Das ist oft eine Herausforderung, denn bei diesem Denken geht es darum, ein Ziel zu definieren. Dabei ist die Beantwortung dieser Fragen wichtig: Wo will ich hin? Was ist dort besser? Was verspreche ich mir davon? Wie geht es mir, wenn ich mir vorstelle, dass ich dieses Ziel erreiche?

Ein Autohersteller hat einmal Werbung gemacht mit dem Slogan „Umparken im Kopf“. Das trifft es ganz gut. Denn wenn es Ihnen gelingt, das Ziel, das Sie anstreben, genau zu definieren und mit einem Bild im Kopf zu hinterlegen, dann haben Sie aus der „Weg-von“-Motivation für sich die „Hin-zu“-Motivation geschaffen. Das „Hin-zu“ sorgt dafür, dass Sie nicht aus falschen Gründen handeln, bei dem neuen Ziel etwas übersehen. Bei einer „Hin-zu“-Motivation wollen Sie etwas erreichen, sich zu einem gesteckten Ziel hin entwickeln und haben klar vor Augen, wohin der Weg Sie führen soll.

Für das „Umparken im Kopf“ hin zu einer zielführenden Motivation hilft es, in mehreren Schritten vorzugehen. Machen Sie zuerst eine genaue und vor allem sehr ehrliche Bestandsaufnahme („Was stört mich? Was bin ich bereit, dafür zu tun?“). Dann suchen Sie sehr genau danach, was anders und besser werden soll (Identifikation des Veränderungswunsches). Im dritten Schritt dann Blick nach vorne mit der Konzentration auf die Zukunft, d.h. Sie verschwenden keine Energie mehr mit dem Hadern über die aktuelle Situation). Und dann als vorletzten Schritt – der ist fast der Wichtigste – das Ziel genau definieren und am besten die wichtigsten Gründe aufschreiben. Und zu guter Letzt: Aufmachen in Richtung des Ziels, nach den Möglichkeiten und Alternativen schauen.

Veränderungen können letztlich beide Motivationen herbeiführen. Bei der „Hin-zu“-Motivation ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie genau das bekommen, was Sie sich bildlich vorstellen, allerdings deutlich größer, da Sie wissen, was Sie wollen und eben nicht nur, was Sie nicht wollen.

Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.


Schreiben Sie einen Kommentar:

    Ich bin mit einer Veröffentlichung (nach vorheriger tel. Kontaktaufnahme) einverstanden:

    Holger HartwigDie „Weg-von-Hin-zu“-Herausforderung