Die Wortwahl und die Codierung, Teil 2

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Von Holger Hartwig*

Wer im Alltag genau hinhört, der stellt fest: Es sind sehr häufig dieselben Formulierungen und Worte, die unser Miteinander kennzeichnen. Nachfolgend Teil 2 einer Auswahl an typischen Sätzen und was hinter den gewählten Worten steckt:

„Das ist nichts Besonderes. Das kann jeder“: Hinter diesem Satz versteckt sich meist die Botschaft, dass der Betroffene schon im Kindesalter nicht gelernt hat, mit Komplimenten umzugehen. Möglicherweise, weil es diese überhaupt nicht oder selten gab, sondern immer das elterliche Motto galt „Das geht noch besser“. Der/Diejenige geht hart mit sich ins Gericht, weist die Anerkennung zurück, obwohl im tiefsten Innern eine Sehnsucht danach ist. Da hilft nur: Immer wieder das Gute loben, darauf hinweisen, dass das Lob ruhig angenommen werden darf und irgendwann macht es bei dem Betroffenen „Klick“.

„Das schaffe ich doch sowieso nicht“ oder „Jeder, aber ich doch nicht“: Stimmt. Wer das so sagt, der hat nicht einmal in seinen Gedanken die Vorstellung, dass eine Aufgabe erfolgreich umgesetzt oder ein Ziel erreicht werden kann. Es ist die „Königsformulierung“ für diejenigen, die gerne scheitern. Der erste Schritt ist, in Gedanken die mögliche Lösung anzugehen, sich vorzustellen, dass es „klappt“. Dann mit Achtsamkeit ans Werk zu gehen. So mancher ist schon über sich selbst überrascht gewesen, wozu er in der Lage ist, wenn er Aufgaben annimmt.

„Ich will…“: Im Gegensatz zu „Ich werde…“ ist „Ich will…“ zunächst nur eine Absichtserklärung, die noch nichts darüber sagt, ob der Mensch, der das sagt, auch tatsächlich seinen Willen umsetzt. Sobald aus dem „will“ ein „werde“ wird, ist der feste Vorsatz gegeben und das Umsetzen steht kurz bevor. Manche gehen sogar soweit, dass ein immer wieder gebrauchtes „ich will…“ eine andere Form von „ich werde nicht“ ist.

„Das sollte man so machen…“ oder „Man müsste mal“ oder „Man ist der Auffassung“: Immer, wenn ein Mensch einen Satz mit „Man“ spricht, ist das Ausdruck, dass er entweder zu feige ist, direkt zu sagen, dass „ich“ etwas mache, „ich“ etwas so sehe oder „ich“ mir etwas wünsche. Oder es drückt aus, dass ich eine Vorstellung habe, was gemacht werden müsste, aber selbst keinen Handschlag dafür tun möchte.

„Eigentlich möchte ich ja…“ oder „Eigentlich ist das ja so und so“: Ok, aber tatsächlich ist der Wille oder die Situation eine andere, aber es fehlt der Mumm zu sagen, was tatsächlich „Sache ist“. Oder wie sagte mal ein Coach: „Das Wort eigentlich ist meist das Signalwort für eine besondere Form fehlender Offenheit, Klarheit oder im schlimmsten Fall unbewusster Verlogenheit.“

„Das Problem ist…“: Diese Aussage verrät das Denken. Das Glas ist immer halbleer statt halbvoll. Denn statt Problem könnte es auch Herausforderung oder Aufgabe heißen, die es zu lösen gilt. Wer von Problem spricht, denkt nicht in Lösungen und hält gerne an der Situation fest, statt neue Wege zu wagen.

Holger HartwigDie Wortwahl und die Codierung, Teil 2