Von Holger Hartwig*
Jeder kennt die Situation. Es ist etwas nicht so gut gelaufen. In der Familie, am Arbeitsplatz oder im Verein. Die Worte sind zu hart gewesen oder es ist schlichtweg ein Fehler passiert. Aus Unachtsamkeit, fehlender Sensibilität oder warum auch immer. Die Gründe sind mannigfaltig. Und wie lässt sich eine solche Situation dann lösen?
Meist ist dann die Rede davon, dass eine Entschuldigung „fällig“ ist. Wohl jeder kennt diese Situation: Wie oft wollen beispielsweise Chefs, dass sich der Mitarbeiter bei ihnen entschuldigt?
Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann hat das auch oft etwas von „zu Kreuze kriechen“. Vielen Menschen fällt es schwer, sich zu entschuldigen. Das Wort „Entschuldigung“ ist eine Herausforderung, die manchmal zu groß ist, weil jemand damit meint, sein Gesicht zu verlieren. Was nun?
Als langjähriger Redaktionschef habe ich nur selten darauf bestanden, dass sich einer meiner Mitarbeitenden entschuldigen musste. Warum? Für mich erfordert eine Entschuldigung ein bewusstes Handeln. Es muss mit Vorsatz gehandelt oder gesprochen worden sein. Dabei fallen vor allem oft Worte aus einer Emotionalität heraus. Niemand ist frei davon.
Was nützt am Ende eine Entschuldigung? Für ein Verhalten, das nicht mit Vorsatz geschieht, ist es viel wichtiger, dass die Beteiligten aus der Situation etwas Positives mitnehmen, etwas dazulernen. Bei meinen Mitarbeitern habe ich dann immer gefragt: Tut Ihnen das leid? Würden Sie das wieder so machen? Die Antwort war immer Nein. Wir kennen die Formulierung nur zu gut: „Es tut mir leid, das war nicht meine Absicht.“ Außerdem fiel es mir immer leichter, dann das „tut mir leid“ anzunehmen. Denn es gehören in diesen Situationen ja immer zwei dazu: Der eine, der die Worte spricht, der andere, der die Worte annimmt.
Die Schlussfolgerung daraus: Wenn jemand etwas nicht vorsätzlich macht, dann reicht es aus, wenn er/ sie sagt: Es tut mir leid! Es muss nicht die (formale) Entschuldigung sein. Verbunden mit der Erkenntnis, dass es keine Wiederholung geben sollte.
Eine emotional viel schwierigere Entschuldigung ist aber auf jeden Fall fällig bei „Wiederholungstätern“. Wer sich zweimal verbal „vergaloppiert“ oder einen Fehler wiederholt, der muss sich entschuldigen. Allerdings ist da dann auch meist die größte Herausforderung, dass die Entschuldigung mit der Hoffnung auf Besserung angenommen werden muss…
Wie immer gilt: Es sind halt im Miteinander immer die gewählten Worte und dazu noch der Ton, die den kleinen, aber feinen Unterschied machen.
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.
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