H2-Ostfriesland: „Nicht nur reden, sondern in die Umsetzung gehen“

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AURICH Der Landkreis Aurich hat innerhalb der Wasserstoffiniative Ostfriesland die Federführung übernommen. Seit 15. September 2022 leitet Birte Ricklefs die Geschäftsstelle „H2-Ostfriesland“ in den Strukturen des Amtes für Kreisentwicklung beim Landkreis Aurich. Nachfolgend lesen Sie die Antworten auf Fragen zur aktuellen Arbeit und zu den Perspektiven der Initiative

Die Wasserstoffinitiative Ostfriesland ist jetzt ein Jahr alt (offizieller Start war am 23. Mai 2022). Der Kreis Aurich ist federführend in der Initiative für die Kreise in der Region. Was ist die genaue Aufgabe des Kreises? Was sind die Ziele, die bis wann erreicht werden sollen?

  1. H2-Ostfriesland: Die Geschäftsstelle der Initiative „H2-Ostfriesland“ beim Landkreis Aurich ist seit dem 15. September 2023 besetzt. Die Initiative erhält eine finanzielle Förderung vom Land Niedersachsen, Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Die Übergabe des Förderbescheids durch Olaf Lies erfolgte im August 2022 in Aurich (die NZWZ berichtete: https://www.nwzonline.de/landkreis-aurich/wasserstoff-in-ostfriesland-foerderung-fuer-h2-ostfriesland-initiative_a_51,9,367466925.html#).

Ziele der Initiative sind im ersten Jahr a) der Aufbau eines Akteursnetzwerks, b) die Entwicklung von Projektideen zu Wasserstoff/Brennstoffzellentechnologie, c) der Aufbau eines Wasserstoffentwicklungslabors und d) die Vernetzung mit Wasserstoffnetzwerken aus anderen Regionen.

2. HyStarter Ostfriesland: Die Region Ostfriesland hat sich erfolgreich im Wettbewerb „HyLand“- Wasserstoffregionen in Deutschland“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) beworben. Der Wettbewerb ist Teil des nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) und verfolgt einen dreistufigen Ansatz: HyStarter, HyExperts, HyPerformer. Im Rahmen von HyStarter werden Kommunen und Regionen fachlich und organisatorisch beim Aufbau eines Akteursnetzwerks und bei der Identifizierung der Wasserstoff-Potenziale vor Ort unterstützt. Die Umsetzung erfolgt in Form von sechs „HyStarter Strategiedialogen“. Am 23. Mai 2023 fand der 1. HyStarter Strategiedialog statt. Inzwischen haben wir alle sechs Strategiedialoge in Präsenz (16.9.2022, 24.11.2022, 12.01.2023, 09.03,2023, 24.03.2024) sowie zwei Online-Informationsveranstaltungen (06.12.2023 und 20.04.2023) durchgeführt. Die Ergebnisse der Strategiedialoge (Wasserstoff-Potenziale) haben wir in Arbeitsgruppen weiter verdichtet. Zu den daraus entstanden Projektvorhaben s. 2.

Was waren die wichtigsten Akzente, die im vergangenen Jahr durch die Initiative und dabei auch durch wen der Beteiligten gesetzt wurden?

Diese o.g. Ziele wurden wie folgt umgesetzt:

a) Akteursnetzwerk:

    • Aufbau eines Netzwerks aus regionalen Akteurinnen und Akteuren. Insgesamt 33 Unternehmen und Institutionen aus Ostfriesland und dem angrenzenden Ammerland (die Zahl ist eine Momentaufnahme, da das Netzwerk stetig wächst) haben im Rahmen der Strategiedialoge Projektideen entwickelt arbeiten aktuelle in den Arbeitsgruppentreffen gemeinsam mit den sechs Initiatoren an deren Umsetzung.
    • Gespräche mit potenziellen Akteurinnen und Akteure vor Ort in den Unternehmen oder online.
    • Mitarbeit in der Taskforce Energiewende der Landesregierung, Projektgruppe Wasserstoffinfrastruktur, Erzeugung und Speicherung.
    • Teilnahme am „Gespräch Wasserstoff/Brennstoffzelle“ im MW, im Rahmen dessen sich Minister Olaf Lies über die Aktivitäten der nds. Wasserstoff-Akteurslandschaft informiert
    • Teilnahme an Vernetzungsveranstaltungen (Wirtschaftsabend der IHK, Unternehmerstammtisch Stadt Aurich, Netzwerktreffen der niedersächsischen Netzwerkmanager in Hannover, u.a.)

b) Projektideen:

    • Die Projektideen wurden in drei Themenfelder geclustert:
      • Mobilität und maritime Anwendungen (z.B. Tankstelleninfrastruktur, ÖPNV, Lückenschluss Bahnstrecken, Abfallsammelfahrzeuge, Kraftstofferzeugung für die Schifffahrt)
      • Produktion und Speicherung (z.B. Elektrolyseprojekte, Speicherung, Vermeidung der Abschaltung von Windenergieanlagen, Nutzungskonzepte für Biogasanlagen)
      • Standortenergieversorgung (z.B. Energiesystemmodellierung, Wärmeversorgung Industriebetrieb, Transportinfrastruktur, neue Gewerbegebiete/Erweiterung bestehende Gewerbegebiete, Standortenergieversorgung Industriebetrieb/kommunale Einrichtungen)

Aktuell erstellen wir das HyStarter Regionenkonzept, das im Juni veröffentlicht wird. Darin werden alle Projektideen ausführlich beschrieben.

c) Wasserstoffentwicklungslabor „HyLab“

    • Hierzu finden Sie im Anhang eine Präsentation von Prof. Dr. Gerhard Illing von der Hochschule Emden/Leer, Fachbereich Technik/Verfahrenstechnik. Prof. Illing hat dem aktuellen Stand im Rahmen der HyStarter Informationsveranstaltung am 20. April 2023 vorgestellt.d) Vernetzung mit anderen Regionen:
      • Organisation und Moderation der Hydrogen Cross Border Conference am 22. und 23. März 2023 gemeinsam mit: MARIKO GmbH (DE), OLEC e.V. (DE), H2 Region Emsland (DE), FME (NL), New Energy Coalition (NL). Programm und After Movie unter: https://hydrogen-cross-border.eu/
      • Engagement im Niedersächsischen Wasserstoffnetzwerk NWN (https://www.wasserstoff-niedersachsen.de/)
      • Direkter Kontakt zum Energy Hub Wilhelmshaven über den Landkreis Wittmund als Mit-Initiator von H2-Ostfriesland und STORAG ETZEL GmbH als H2-Ostfriesland Akteur.
      • Engagement im IH2K-Netzwerk der IHK (Sie finden uns z.B. bei der Auftaktveranstaltung der “Wasserstofftage Nordwest 2023“, 10. Juni 2023, STORAG ETZEL GmbH). Weitere Informationen zu der Veranstaltung finden Sie hier: https://www.wasserstofftage-nordwest.de/

Welche konkreten Projekte gibt es zwischenzeitlich für die Förderung des Wasserstoffes in Ostfriesland? Wie beteiligt sich die Initiative an diesen Projekten? welche Erfolge gibt es ganz konkret beim Aufbau der ostfrieslandweiten Wasserstoff-Infrastruktur (was gehört genau zu dieser Struktur?)?

Eine künftige Wasserstoff-Infrastruktur sollte alle Stufen der Wertschöpfungskette abbilden: Erzeugung – Transport – Speicherung – Nutzung – Forschung & Entwicklung. Nur so kann es gelingen, nicht bloß als Erzeugungsstandort und „Durchleitungsregion“ dazustehen, sondern aus dem in Ostfriesland hergestellten Wasserstoff Wertschöpfung zu erzeugen.

In der Umsetzung befinden sich in Ostfriesland bereits:

  • Wasserstoff-Tankstellen (durch SCORE). Über die Arbeitsgruppe „Mobilität“ wird eine enge Abstimmung zwischen den Akteuren insbesondere auch hinsichtlich der zeitlichen Abstimmung sichergestellt.
  • H2Nord:
    • Förderbescheide für Elektrolyse, 21 Brennstoffzellen LKW und Werkstattausstattung erhalten
    • LK Aurich ist Gesellschafter bei H2Nord
    • H2Nord wirkt aktiv in unseren Arbeitsgruppen mit
  • ÖPNV: Zunächst fünf Wasserstoffbusse im LK Leer und zwei Wasserstoffbusse im LK Aurich ab 2024. Zeitgleich wird die erste Tankstelle in Betrieb gehen, um eine Tankmöglichkeit vor Ort sicherzustellen. Über die Arbeitsgruppe „Mobilität“ wird eine enge Abstimmung zwischen den Akteuren insbesondere auch hinsichtlich der zeitlichen Abstimmung sichergestellt.
  • Elektrolyseure von EWE (320 MW), H2Nord (10 MW) und Statkraft (10 MW) in Emden. Sowohl für den produzierten Wasserstoff als auch für die Abwärme der Elektrolyseure untersuchen wir aktuell konkrete Nutzungsmöglichkeiten (z.B. Wärmeversorgung Industriebetrieb; Ausweisen von Flächen für ein neues Industrie-/Gewerbegebiet, das mit Wasserstoff versorgt wird; Ausweitung eines bestehenden Industrie-/Gewerbegebietes und ebenfalls Anschluss an das Wasserstoffnetz). Wir sind mit EWE in enger Abstimmung, insbesondere hinsichtlich Verlauf der geplanten Rohrleitungen und den konkreten Einsatzoptionen. Ziel ist die Nutzung des Wasserstoffs vor Ort in Ostfriesland, um Wertschöpfung in der Region zu halten und auch zusätzliche Potenziale zu erschließen.
  • Verschiedene Projekte zur Standortenergieversorgung und Speicherung, die der Öffentlichkeit auch bereits kommuniziert wurden. Eine Kooperation mit diesen Projekten ist über die Zusammenarbeit in den H2-Ostfriesland Arbeitsgruppen und über gemeinsame Veranstaltungen gegeben.

Wie ist das weitere Vorgehen? Welche Ziele hat die Initiative bis Ende 2024? Welche Projekte werden weiterverfolgt bzw. neu angeschoben?

  • Weiterentwicklung/Ausarbeitung der erarbeiteten Projektideen zu umsetzungsfähigen Projekten. Die Projektideen sind bereits vorselektiert und werden alle weiterverfolgt.
  • Netzwerktreffen/Exkursionen/Informationsveranstaltungen/Öffentlichkeitsarbeit (z.B. eine Veranstaltung mit politischen Akteuren in Vorbereitung/3. QT 2023)
  • Teilnahme an Veranstaltungen zur Erweiterung des Netzwerks (z.B. Borkumer Energietage im September 2023)
  • Organisation der 4. Hydrogen Cross Border Conference 2024 in Aurich (finale Abstimmung mit den Partnern im Juni)

Gibt es in der Region gezielte Förderprogramme für den Einsatz von Wasserstoff (beispielsweise für den Bau von Tankstellen, die Nutzung als Wärmequelle)?  

Entsprechende Förderprogramme existieren auf Landes- und Bundesebene. So konnten Antragsteller beispielsweise bis zum 10. Mai 2023 Anträge für den Bau öffentlicher Wasserstofftankstellen im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP II) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) stellen. Es gibt zahlreiche Programme, die nicht zwingend auf den ersten Blick mit Wasserstoff zu tun haben. Deshalb hatten wir hierzu am 06.12.2022 eine separate Information für unser Akteursnetzwerk (Online-Informationsveranstaltung), leiten aktuelle Förderaufrufe über unseren Email-Verteiler an die Akteurinnen und Akteure weiter und stehen selbstverständlich für Fragen zur Verfügung.

Was hat es zu bedeuten, dass auf der Homepage unter AKTUELLES keine Einträge seit einem Jahr zu finden? In der aktuellsten Mitteilung vom 23.05.22 heißt es „Schon im Vorfeld wird deutlich: Sowohl die Erwartungen als auch die Motivation sind auf allen Seiten hoch.“    Was ist aus dieser Motivation geworden? Wo sind die Erwartungen „geblieben“, wenn es seit einem Jahr nichts zu vermelden gibt?

Das sind zwei Fragen:

1. (Website):

    • Die Website diente bislang tatsächlich lediglich als niedrigschwellige Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit der Geschäftsstelle über das Kontaktformular. Die Geschäftsstelle ist erst seit Mai 2023 voll besetzt. Die neue Mitarbeiterin, die zur Unterstützung der Geschäftsstellenleitung im November 2022 eingestellt wurde, arbeitet sich aktuell ein und hat bereits spannende Ideen für die Außendarstellung entwickelt. Es gibt also bald Neuigkeiten auf der Website zu entdecken.
    • Über den Stand von H2-Ostfriesland und HyStarter habe ich im Laufe des letzten Jahres mehrfach berichtet und auch die regionalen Zeitungen über das Büro des Landrats dazu eingeladen. Zu erwähnen ist hier insbesondere die HyStarter Informationsveranstaltung vom 20. April 2023. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden die Geschäftsstelle sowie die Initiatorinnen und Initiatoren dahinter, das Förderprogramm sowie der aktuelle Stand der Projektideen vorgestellt. Leider hat keine der eingeladenen Zeitungen teilgenommen.
    • Auch die Hydrogen Cross Border Conference 2023 mit über 200 Teilnehmern war eine tolle Plattform, um unsere Aktivitäten vorzustellen und mit Unternehmen in Kontakt zu treten. Die Veranstaltung hatten wir über die E-Mail-Verteiler aller Partnernetzwerke und über LinkedIn beworben.
    • Darüber hinaus wurde die Geschäftsstelle in folgenden Ausschüssen vorgestellt (Presse war z.T. vor Ort, hat aber nicht berichtet):
      • Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und ÖPNV, LK Aurich, 15.11.2022
      • Vollversammlung der IHK für Ostfriesland und Papenburg, 07.03.2023, Wittmund.
      • Ausschuss für Wirtschaft, Handwerk, Tourismus und Digitalisierung, LK Leer, 10. Mai 2023
    • Die Kontaktaufnahme zu potenziellen Akteurinnen und Akteuren erfolgt darüber hinaus in der direkten Ansprache bilateral.

2. (Motivation):

    • Die Anzahl an Themen und Projektideen sowie die kontinuierliche aktive Beteiligung der Akteurinnen und Akteure spricht für sich. Es herrscht ein großer Umsetzungswille. Dieses Engagement ist für die Region von immensem Wert.
    • Das Fehlen dieser Informationen auf der Projekt-Website ist dem Umstand geschuldet, dass die Geschäftsführung aufgrund der Tatsache, dass die Geschäftsstelle noch nicht vollständig besetzt war, priorisieren musste und den Fokus daher auf den Netzwerk-Aufbau, die Themenfindung und den schnellen Übergang in die Umsetzung gelegt hat. Die Akteurinnen und Akteure wollen „nicht nur reden“, sondern in die Umsetzung gehen.

Symbolfoto: www.pexels.com

Holger HartwigH2-Ostfriesland: „Nicht nur reden, sondern in die Umsetzung gehen“