Anspruchsvolle Unterhaltung mit menschlichem Charme

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8. Konzert  2023/24: The King Singers zu Gast in Leer

Von Barbara Fischer*

LEER Ein kluger Mann gab einst zu bedenken, dass die Gesellschaft lieber unterhalten als belehrt sein möchte. Die vergangene Konzertsaison des Vereins junger Kaufleute in Leer hat nicht belehrt, aber oft zum Nachdenken angeregt: mit ungewöhnlichen Formaten, mit selten gehörten oder schwierigen Werken, mit nahezu experimentellen Instrumentenkombinationen. Eines jedoch einte alle Konzerte: die hohe Qualität der Künstler und ihre Musizierfreudigkeit. Hören, genießen, verstehen, staunen, schwelgen, mitgehen, auch mal ablehnen, Kopfschütteln, schmunzeln, Melancholie. Musik regt die Sinne auf unterschiedlichste Weise an und will und soll doch immer auf ebenso vielfältige Art berühren und unterhalten.

Da passte der letzte Abend mit den King’s Singers am Samstag genau hinein. Unter dem Titel „Northern Lights“ präsentierte das sympathische Sextett ausgesuchte skandinavische Vokalmusik zwischen traditionellen „Folketoner“, Klassik und zeitgenössischer Literatur, zwischen Hugo Alfvén, Edvard Grieg und Jean Sibelius, zwischen Ola Gjeilo, Anders Edenroth, Jaakko Mäntyjärvi und Einojuhani Rautavaara. In (nahezu) absoluter Perfektion, wie es sich für das weltberühmte Aushängeschild britischer Gesangskunst gehört, denn selbst die Stimmen der King’s Singers sind ein hochempfindliches Instrument, das live eben auch einmal mit etwas zu tief angesetztem Ton oder unbeabsichtigter Unausgewogenheit reagieren kann.

Der Genuss wurde dadurch nicht geschmälert, dazu war die Intensität des Gesamteindruckes und der weitgespannten tonalen Welten zwischen fröhlicher Festmusik und kalten Polarnächten zu groß. Insbesondere die älteren Kompositionen von Grieg oder Alfvén lebten in dem weichen Klang der Männerstimmen von der Klangschönheit nordischer Melodien, die neben inniger Wärme immer zugleich etwas Großartiges in sich tragen. Und wären die King’s Singers nicht so sprachgewandt, wie sie es auch in den Anmoderationen unter Beweis stellten, wäre dem Publikum die Begegnung mit den fremden Sprachmelodien des Finnischen oder Schwedischen entgangen. So selbstverständlich sie den jeweiligen „Tonfall“ wechseln, wechseln sie ebenfalls zwischen Epochen und Stilen.

Jazzeinlagen nach Fjord-Romantik? Kein Problem. Walt Disney nach Sibelius? Die King’s Singers machen es möglich, mit kleinen Performances und täuschend echt imitierter Perkussion und gedämpften Posaunen. Köstlich! Waren ihnen die Hörer schon vorher zugetan, wuchs der Beifall immer mehr, um in publikumswirksamen Zugaben wie dem kleinen grünen Kaktus oder „When I’m sixty-four“ von den Beatles in ausgelassenen Jubel umzuschlagen. Anspruchsvolle Unterhaltung mit ebenso musikalischem wie menschlichem Charme entließ ein entspannt-begeistertes und hochzufriedenes Publikum in den Abend. 

The King’s Singers: Edward Button und Patrick Dunachie (Countertenor), Julian Gregory (Tenor), Nick Ashby und Christopher Bruerton (Bariton), Jonathan Howard (Bass) mit den VJK-Verantwortlichen. Fotos: Engel

* Hinweis: Diese Konzertkritik wird auf Hartwig am Sonntag veröffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein unter www.vjk-leer.de

Holger HartwigAnspruchsvolle Unterhaltung mit menschlichem Charme