Aufgeschnappt – 24. Oktober 2021

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Von HeroldInnen

Die drei Herolde des Gallimarktes wollen aus persönlichen Gründen nicht mehr weitermachen. Das bedeutet, dass gleich drei „Planstellen“ bei der Stadt frei sind. Nur gut, dass das keine klassischen Stellen sind, sonst hätte es auch beim Journalisten in allen Texten „Herold m/d/w gesucht“ heißen müssen. Ganz ehrlich: Wenn jetzt die Forderungen aus der Politik – geoutet hat sich als erstes die Grünen-Stadtchefin Mechthild Tammena – kommen, dass es ja auch weibliche Herolde sein können, dann fällt mir dazu nichts mehr ein.

Klar, die Gleichberechtigung sollte überall selbstverständlich sein. Aber muss das auch bei allem gelten, was Tradition hat? Denn es sind gerade die Traditionen, die eine Kultur ausmachen. Und ich glaube nicht, dass irgendeine Frau wirklich ein Problem damit hat, dass es nur männliche Herolde in Leer gibt. Na warten wir mal, wie das Trio 2022 heißen wird. Streng genommen müssten es ja die nächsten hundert Jahre zur Gleichberechtigung drei Frauen sein. Ich bin gespannt, wer sich bewirbt und wie Rat und Verwaltung dann entscheiden.

Von der Wahrnehmung

Als Journalist schüttelt man manchmal nur den Kopf über Politiker. Vor allem, wenn es um die Zeit nach einer Wahl geht. Normalerweise sollte man ja meinen, dass es dazugehört, ein Wahlergebnis mit Größe anzunehmen und sich zu fragen, was man selbst zum Sieg oder eben zur Niederlage beigetragen hat. Komischerweise funktioniert das bei den Siegern immer ganz gut, bei den Verlierern ist die Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht selten ein kaum erklärbares Phänomen. Da werden dann gerne die Medien und die Stimmungsmache in den Sozialen Medien angeführt, externe Faktoren, die nicht zu beeinflussen waren oder oder oder. Und es wird in langen Interviews auf alles hingewiesen, was geleistet wurde. Dabei würde es ausreichen zu sagen: Mir ist es nicht gelungen, die Wähler durch meine Arbeit und mein Auftreten zu überzeugen. Stattdessen wird schön geredet und gerne auch auf andere mit dem Finger gezeigt. Schade. Aber einen Vorteil hat das ja: Die meisten Verlierer treten – egal ob im Bund oder eben auch im beschaulichen Leer – von der politischen Bühne ab und widmen sich dann gerne nach anstrengenden Jahren ihren Hobbys und Freunden, sprich sie genießen das Leben. Der eine macht viele Reisen, der andere freut sich über kulinarische Genüsse aus der heimischen Küche. Und das ist dann auch gut so.

Von Personalbeben

Na das sind ja heiße Zeiten in den beiden höherklassigen Fußballvereinen in Leer. Erst das Beben bei Frisia Loga mit dem sofortigen Abgang des Trainers Attila Özge und des Sportlichen Leiters Christian von Hoorn zum Jahresende, nun wenig später ein ähnliches Bild bei Germania Leer. Dort kommt Ex-Trainer Michael Zuidema (er ist aus familiären Gründen erst in diesem Jahr ausgeschieden) zurück – allerdings als Teammanager, was immer das dann auch in der Landesliga sein soll. Hörte sich auf jeden Fall gut an – und sorgt umgehend dafür, dass sein wenig erfolgreicher Nachfolger Christian Rosendahl die Sachlage wohl blickt, seine Sachen packt und zurücktritt. Warten wir mal ab, was das am Ende für die beiden Vereine bedeutet. Letztlich müssen die Spieler die Tore erzielen – und da muss man einfach feststellen, dass beide Clubs Zeiten hatten, in denen sie zahlungskräftiger und -williger waren. Denn auch wenn es nur die Landesliga bzw. Bezirksliga ist – auch dort schießt seit Jahren Geld Tore. Geld, das nicht durch Einnahmen von Zuschauern kommt, denn die gibt es in reichlicher Zahl nur noch selten. Aber wahrscheinlich muss das heute so sein. Und der „Erfolgsdruck“ ist dann halt auch der Garant dafür, dass personelle Wechsel wie in der Profi-Bundesliga immer mehr an der Tagesordnung sind. Dabei geht es doch eigentlich nur um die Freude am Kicken, oder?

Von tollen Verlosungen

Respekt hat in dieser Woche die Werbegemeinschaft Leer verdient. Trotz Corona mit so manchen Herausforderungen wie monatelangen Schließungen gebeutelt, wird auch in diesem Jahr wieder eine Weihnachtsverlosung auf die Beine gestellt, die für eine Stadt der Größe Leers wohl deutschlandweit einmalig ist. 10 Autos und 10 E-Bikes, dazu etwa 30.000 Kleingewinne werden ab dem 4. November unters Volk gebracht. Der Reinerlös – geplant sind wieder 120.000 Euro – geht je zur Hälfte an den Kinderschutzbund und die Lebenshilfe Leer, die mit vielen ehrenamtlichen Helfern den Losverkauf „stemmen“. Klar kann man sagen, dass das wirtschaftliche Risiko überschaubar ist bei einer Verlosung, bei der Geld für gute Zwecke übrigbleibt – aber es ist halt auch viel Arbeit damit verbunden. Insofern schon mal ein Danke an alle Beteiligten – und drücken wir die Daumen, dass der Weihnachtsmarkt trotz Corona stattfinden kann und die Kaufleute dann zum Jahreswechsel einen Grund zu Anstoßen haben, weil das Geschäft gebrummt hat und die Pandemie-Krise überstanden ist.

Digitaltipp der Woche: www.organeum.org

Wann sind Sie zum letzten Mal im beschaulichen Weener gewesen? Neben dem Hafen lädt vor allem das Organeum zu einem Besuch sein. Das historische Haus in der Norderstraße ist in den 1990er Jahren als Zentrum für die Orgelkultur in Ostfriesland geschaffen worden. Dort findet sich eine beispielhafte Sammlung spielbereiter historischer Tasteninstrumente. Etwa zwei Dutzend Tasteninstrumente, Orgeln, Cembali, Clavichorde, Tafelklaviere und Harmonien repräsentieren ein Klangspektrum von der Renaissance bis zur Spätromantik. Bevor Sie hinfahren – erstmal auf die Seite klicken, denn die Öffnungszeiten sind überschaubar.

Schönen Sonntag wünscht HH

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Reaktion von Mechthild Tammena  zum Beitrag „Von HeroldInnen“ (24. Oktober 2021, 10.07 Uhr):

„Herolde sind Kunstfiguren und andere Orte machen es vor“
„Die Herolde sind Kunstfiguren des 20.Jahrhunderts. Sie führten 1907 zum ersten Mal zu zweit den Festumzug zur vierhundertsten Wiederkehr des Gallimarktes durch die Stadt Leer an. Zu der Zeit regierte Kaiser Wilhelm und es gab noch kein Frauenwahlrecht. Zum Glück hat sich das Frauenbild gewandelt. Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen und auch wenn es einigen Gestrigen immer noch schwer fällt, diese Veränderungen zu akzeptieren, muss dem Rechnung getragen werden und erkannt werden,  dass auch Frauen diese Posten bekleiden können.
Andere Orte machen es vor. Was für die Stadt Leer der Gallimarkt ist, ist für die Stadt Goch in Nordrhein- Westfalen der Karneval. Im Gocher Karneval ist der Herold der „Ausrufer“ , der dem Prinzenpaar vorauseilt und die Tollitäten ankündigt. Seit 2008 hat eine Frau diese Aufgabe übernommen und hat als Heroldin damit ein Stück  Gocher Karnevalsgeschichte geschrieben. Was in Goch umgesetzt wurde,  sollte in der Stadt Leer auch möglich sein.“

 

 

Holger HartwigAufgeschnappt – 24. Oktober 2021