Aufgeschnappt – 27. Februar 2022

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Von der Trümmertruppe

 Seit Wochen und Monaten ist aus den Reihen der CDU-Stadtratsfraktion in Leer immer wieder von heftigen internen Querelen zu hören. Die Fraktionsvorsitzende Ursel Nimmrich steht unter Beschuss. Ihr wird aus dem wohl dem mittlerweile größeren Teil der Fraktion vorgeworfen, ihr Amt unzulänglich auszuführen. Der Informationsfluss funktioniere wenig bis gar nicht. Vertrauen innerhalb der Fraktion – an vielen Stellen nicht gegeben. Seit dem Start im Oktober, der nach der Lagerbildung im Bürgermeisterwahlkampf mit Unterstützern und Gegnern der abgewählten Bürgermeisterin Beatrix Kuhl schon schwer belastet und mit Zwist bei der Besetzung von Ämtern verbunden war, ist es keinen Deut besser geworden.

Der Ausfall anderer Führungskräfte hat zudem auch die Situation im Stadtverband der CDU noch verschärft. Jetzt hat die neue Ratsfrau Susanne Smit wohl mit einer langen internen Nachricht auf den Putz gehauen. Auch Austritte aus der Fraktion waren bereits ein Thema. Eines scheint wohl klar zu sein: Unter der Führung Nimmrichs wird es wohl kaum ein vertrauensvolles Miteinander geben. Aber ebenso ist klar, dass sich niemand aus der achtköpfigen Fraktion sicher sein kann, dass er oder sie bei der Übernahme des Fraktionsvorsitzes die Rückendeckung hat. Wie das bei den Christdemokraten weitergehen soll? Es muss ein Wunder her – oder sie schließen sich ein Wochenende irgendwo ein, hängen im Raum ein großes Schild auf mit der Aufschrift „Wir sind gewählt von den Bürgern für die Bürger“ auf (damit sie das nicht aus den Augen verlieren), sprechen sich aus und schaffen es dann, das zu sein, was die Wähler erwarten können: eine starke Opposition, die inhaltlich top arbeitet, die richtigen Fragen stellt und Leer so mit voranbringt. Ach ja, wie gut nur, dass im Stadtrat seit der Kommunalwahl für stabile Mehrheiten die CDU nicht benötigt wird. So kann der neue Bürgermeister Claus-Peter Horst in Ruhe mit der mehrheitlichen Rückendeckung der SPD, der Grünen und der Linken-Ratsfrau agieren. Und: Der Dauerzwist in der CDU gibt allen Fraktionen auch immer schön Gesprächsstoff. Man kann auf andere zeigen. Das senkt – so wissen nicht nur Experten für Gruppenpsychologie – die Bereitschaft, sich intern zu streiten. Insofern hat der CDU-Zoff auch etwas Gutes…

 Von den Weststadtbuddys

 Was meinen Sie, was sind „Weststadtbuddys“? Klingt nach Großstadt und auch ein wenig zwielichtig. Nein, diese „Weststadtbuddys“ sollen bald in Leer unterwegs sein. Sie sind Teil der Stadtteilarbeit in der „Sozialen Weststadt“ rund um den Pastorenkamp. Die „Buddys“ sollen als Kumpels für Menschen da sein, die sich alleine fühlen und gerne im Alltag begleitet oder einen Austausch suchen. Das Angebot richtet sich vor allem auch an Menschen im fortgeschrittenem Alter. Ebenso haben die Verantwortlichen festgestellt, dass es im Stadtteil an Begegnungsmöglichkeiten fehlt. Ok, es gibt seit über 25 Jahren die Stadtteilarbeit der Nachbarschaftshilfe des Bauverein Leer, die sich ausdrücklich nicht nur an Mieter der Genossenschaft wendet. Sogar einen Treff gibt es, auch der Sportverein bietet viel an und die Kirche, Schule und Kindergarten sind auch vor Ort. Aber wenn der Bedarf an nachbarschaftlicher Vernetzung darüber hinaus gesehen wird – was soll´s. Allerdings: Warum immer mit englischen Begriffen arbeiten? Meint wirklich jemand, dass „Buddys“ als Begriff erstens verständlich für ältere Mitbürger und zweitens auch mit positiven Gefühlen besetzt sind? Wohl kaum. Und ob sich jemand gerne als „Weststadtbuddy“ bezeichnen lässt? Früher waren das ganz einfach ehrenamtliche Nachbarschaftshelfer. Aber das hätte wahrscheinlich wohl nicht genug nach neuem Konzept geklungen, für das es die gewünschten Fördermittel für Konzept, Schulung und Betreuung gibt…

Vom Promi-Architekten und Kosten

Haben Sie es schon gehört? Die Zentralklinikum, das die Stadt Emden und der Kreis Aurich in Uthwerdeum in der Gemeinde Südbrookmerkand bauen wollen, wird deutlich teuer als es die ersten Planungen vorgesehen haben. Statt 250 Millionen Euro, wie es 2017 noch hieß, werden es nach der Präsentation  in der vergangenen Woche nun wohl realistisch eher bis zu 720 Millionen Euro. Das Dreiffache! Na ja, wenn man dann damit hinkommt und auch den Zeitplan für die Großklinik mit über 800 Betten, die die Standorte Emden, Aurich und Norden in der medizinischen Versorgung ersetzen soll, einhält. Denn: Das Architektenbüro gmp international, das den Zuschlag für seinen Entwurf bekommen hat, hat an führender Stelle einen erfahrenen Planer in seinen Reihen, den man in Berlin und Brandenburg bestens kennt:  Prof. Dr. h.c. mult. Dipl.-Ing. Meinhard von Gerkan. Dieser besagte Gerkan hat den neuen Berliner Flughafen BER als Architekt auf den Weg gebracht. Wenn das man kein schlechtes Omen ist für die durchaus umstrittene Zentralklinik ist…

Von der alten Bünting-Zentrale

Was der Sturm nicht erledigt, macht der Bagger? Nein, das scheint nicht die Devise gewesen zu sein bei dem, was diese Woche an der Onno-Klopp-Straße in Leer passiert ist. Die gemauerte „Einfriedung“ der alten Bünting-Zentrale sowie ein größerer Baum wurden per Bagger platt gemacht. Was dahinter steckt? Das wird sich zeigen. Der neue Eigentümer – die Bünting AG hat ihm bis auf das Traditions-Haupthaus an der Brunnenstraße das Areal verkauft – hat wohl Pläne, Teile der Freiflächen für eine Bebauung – vorzugsweise Wohnungen – zu nutzen. Was genau vorgesehen ist, weiß offenbar noch keiner so genau. Erste Pläne gibt es wohl. Ach ja, und den Abriss und das Fällen des Baumes (Stichwort Baumschutzsatzung) ließen sich auch nicht behördlicherseits unterbinden. Immerhin, so ist zu vernehmen, stehen Teile der vorhandenen Gebäude unter Schutz, so dass es wohl „nur“ beim Abriss der Mauer, die irgendwie zum Bild der Altstadt dazu gehörte, bleiben dürfte…

Vom Neuzugang

Frischer Wind in der Leeraner Fußgängerzone. Der Umstand, dass die weltweit mit Geschäften von Saudi-Arabien bis in die USA agierende Handelskette „rituals“ in der oberen Mühlenstraße auf Höhe von ceka derzeit in ein neues Ladengeschäft investiert, ist ein positives Signal für die Einkaufsstadt Leer. Was das Unternehmen aus Münster anbietet? Zitat von der Homepage: „Inspiriert von der Weisheit und den alten Traditionen fernöstlicher Kulturen haben wir eine umfassende Kollektion luxuriöser und dennoch erschwinglicher Produkte für die Körperpflege und das Zuhause kreiert.“ Los gehen soll es am 30. März. Schön, dass dann ein Leerstand weniger zu finden ist und durch die Investitionen in das Ladengeschäft (ehemals bonita) auch zu erwarten ist, dass es sich um ein längerfristiges Engagement in der Kreisstadt handelt.

Vom Jemgumer Gazprom-Speicher

 Das größte Kapital im Kreis Leer liegt tief im Boden. Seit Jahrzehnten werden die ehemaligen Salzkavernen tief im Grund von Nüttermoor und seit 2007 auch von Jemgum aus gezielt mit Gas befüllt. Verantwortlich dafür: ein Tochterunternehmen der EWE und seit 2015 auch das Tochterunternehmen astora des russischen Staatsunternehmens Gazprom bzw. Gazprom Germania Gruppe. Wer sich selbst ein Bild über die eingelagerten Gasmengen, die seit Monaten stark rückläufig sind machen will, der kann die Mengen tagesaktuell abrufen auf den Seite mit folgenden Links: https://agsi.gie.eu/#/ oder www.ewe-gasspeicher.de. Die Daten zeigen dann auch sehr deutlich im Vergleich zu den bundesweiten Mengen auf, wie bedeutsam die Kavernen im Kreisgebiet sind. Und angesichts der traurigen Ereignisse in der Ukraine wird die Frage der Menge nicht mehr nur wie in den vergangenen Wochen mit Blick auf die Preisentwicklung für Gas, sondern vor allem unter der Fragestellung der Versorgungssicherheit interessant sein. Auf jeden Fall ist es gut, das jetzt bald das Frühjahr beginnt und wir nicht vor dem Beginn des Winters stehen…

Digitaltipp: Fernmeldemuseum Leer

Kennen Sie das Fernmeldemuseum in Leer? Nein, dann befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Denn dieses Museum in der Bavinkstraße 23 im ehemaligen Gebäude der Telekom bzw. der Post ist nur Insidern bekannt. Etwa 40 Mitglieder eines Vereins haben unter dem Motto „Nur wer die Vergangenheit bewahrt, kann die Zukunft gestalten“ auf etwa 300 Quadratmetern viel Wissenswertes und zum Thema Technik und Kommunikation Exponate von den Anfängen bis in die 1990er Jahre zusammengestellt. Mehr über den Verein, zu Besichtigungsmöglichkeiten sowie eine Diashow der Exponate finden Sie hier:

www.fermeldemuseum-leer-ev.de

Einen schönen Sonntag – trotz der unvermeidbaren Gedanken an den laufenden Krieg in der Ukraine – und munter holln… HH

Holger HartwigAufgeschnappt – 27. Februar 2022