Aufgeschnappt – 10. Oktober 2021

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Von der Wahlbotschaft, die einen einholt

Der neue Leeraner Bürgermeister Claus-Peter Horst, der ab 1. November 2021 auf dem Chefsessel im Rathaus sitzt, hat einen erfolgreichen Wahlkampf mit viel Aufwand, vielen Botschaften und vielen schönen Fotos gemacht. Eine Botschaft war: „Städtische Häuser wieder bewohnbar machen und so den Mietmarkt entlasten!“. Eine klare Ansage. Abbilden ließ sich „CPH“ dann vor den Schlichtwohnungen im Leeraner Weidenweg(*). Soweit so gut. Dumm nur, dass die Zukunft genau dieser Wohnungen auf der aktuellen Agenda für einen politischen Beschluss steht.

Die Verwaltung kommt in ihrer internen Beurteilung zu dem Ergebnis, das die ca. aus den 1950er Jahren stammenden Einheiten teilweise baufällig sind, erhebliche Mängel haben und nicht mehr instand zu setzen sind. Die Verwaltung um die Noch-Bürgermeisterin Beatrix Kuhl empfiehlt eindeutig, eines der beiden Häuser in den nächsten Monaten – und damit dann unter der Führung von Horst – abzureißen. Da würden Wahlkampf-Werbung und Realität nicht so ganz zusammenpassen, hat sich zumindest ein Ratsherr gedacht. Sven Dirksen (FDP) und bis vor kurzem selbst Kandidat für das Bürgermeisteramt, hat dann prompt im Namen von FDP/BfL reagiert und darum gebeten, den Punkt „Abriss Weidenweg“ von der Tagesordnung der entsprechenden Sitzung zu nehmen. Wer so einen Antrag stellt, der muss ihn begründen. Das tat Dirksen natürlich nicht nur mit dem Faktor der CPH-Wahlwerbung, sondern auch inhaltlich. Der Tagesordnungspunkt sei bereits einmal beraten und wurde mit dem Hinweis vertagt worden, dass es erst wieder diskutiert werde, sobald es neue Kenntnisse zu dem Thema gebe. Die gibt es aber nach Dirksens Meinung nicht. Sein nachvollziehbarer Rückschluss: Lieber in einer späteren Sitzung und dann mit den gewünschten Informationen neu beraten, statt jetzt Fakten zu schaffen, die schwer rückgängig zu machen sind. Klingt logisch – und ist mit Sicherheit eine vertrauensbildende Maßnahme für die künftige Zusammenarbeit zwischen FDP, Dirksen und dem neuen Bürgermeister. Und das kann ja nie schaden.

(*) Ergänzung zum Beitrag am Montag, 11. Oktober 2021: Der neue Bürgermeister Claus-Peter Horst weist darauf hin, dass das Foto im Zuge des Wahlkampfes nicht vor den Häuser im Weidenweg, sondern in Eisinghausen gemacht wurde. 

Von Problemen bei der Sanierung

Und noch einmal das Thema Wohnen. Das hat sich bisher alles richtig gut angehört, was die Stadt Leer mit der Modernisierung der kommunalen Wohnungen im Leeraner Hermann-Lange-Ring gemacht hat. Es geht zügig voran, viel ist erreicht. Nun zum Ende hin erlebt die Stadt aber das, wovon viele Vermiete, die modernisieren wollen, ein Lied singen können: Zwei Mietparteien – so ist zu vernehmen – stehen der Sanierung bzw. Modernisierung aktiv im Weg. Sie wollen aus ihrer Wohnung nicht für eine Übergangszeit ausziehen. Klar, da besteht für die Stadt bzw. die städtische KWL nun die Möglichkeit, auf dem juristischen Weg zu agieren. Das jedoch vdauert und kostet viel Zeit. Zeit, die die Stadt und die Baufirmen nicht haben. Es soll ja zügig weitergehen. Nachdem nur wohl die letzten Chancen auf einen einvernehmlichen Weg nicht genutzt werden konnten, bleibt nur eine Lösung: Die Sanierung des Mehrfamilienhauses muss um die in der Wohnung verbleibenden Mieter herum vorgenommen. Juhu, freuen sich die Handwerker. Juhu, sagt die Stadt, denn so zu sanieren, ist mit deutlich mehr Aufwand verbunden und am Ende bleiben zwei Wohnungen unsaniert, die dann irgendwann – wenn ein Auszug einmal erfolgen sollte – noch einmal in Angriff genommen werden müssten. Juhu, sagt auch der Steuerzahler bzw. Leeraner Bürger. Unnötige Ausgaben aus einer Stadtkasse, die sowieso schon leer ist. Und das alles für attraktiven, bezahlbaren Wohnraum. Den Mietparteien sei zugerufen: Warum auch immer ein zeitweiser Auszug nicht in Frage kommt – soziales Verhalten, wie es die Kinderstube lehrt, geht anders…

Von der Stadtwerke-Nachfolge

Dienstag ist der Tag einer ersten wichtigen Personalentscheidung, die nach der Wahl von Claus-Peter Horst zum Bürgermeister getroffen wird. Horst will ein bestelltes Feld hinterlassen, wenn er zum Monatsende als Vorstand der Stadtwerke Leer AÖR aufhört. Dem Vernehmen nach wird es – was ja auch angesichts der Kurzfristigkeit sinnvoll ist und wahrscheinlich auch alternativlos war – eine interne Lösung geben. Gleich vier Namen aus dem Leitungsteam der Stadtwerke – Timo Kramer, Thomas Keller, Uwe Felgenträger und Jörg Kuhls – waren in den vergangenen Tagen im Umlauf. Hinaus laufen wird es auf Kramer, der dann durch den Aufsichtsrat am Dienstag bestellt werden könnte. Kramer ist Rechtsassessor und bei den Stadtwerken unter anderem für die Städtischen Dienstleistungen (Baubetriebshofleitung) verantwortlich. Bleibt die Frage, ob es sich dann um eine dauerhafte Vorstandsbesetzung handelt. Angesichts der Frage, wie es mit den Stadtwerke der Umsatzsteuerproblematik (mehr dazu lesen Sie hier https://hartwig-am-sonntag.de/immerwiedersonntags/kolumne-wenn-ein-berliner-ministerium-im-wahlkampf-hilft/) weitergeht, könnte die Position allerdings sinnvollerweise erst einmal befristet 2022 vergeben werden. Dann kann sich Kramer bewähren und bis Ende des nächsten Jahres wird auch klar sein, wie die Stadtwerke der Zukunft – möglicherweise aus steuerlichen Gründen ohne den Baubetriebshof, den Kramer ja aktuell leitet –  aussehen könnte. Eines dürfte auf jeden Fall feststehen: Egal, ob es Kramer oder doch ein anderer aus dem Leitungsteam wird – die Chemie zwischen Stadtwerken und Rathaus-Chef dürfte auf jeden Fall stimmen. Und das kann nur dienlich sein.

Von der Geschlossenheit

Die Leeraner CDU ist im vergangenen Jahr durch das Thema Kuhlsche Bürgermeisterkandidatur hinreichend in mindestens zwei Lager zerlegt worden. Nun wird sich zeigen, ob wenigstens die geschrumpfte Stadtratsfraktion den ersten „Geschlossenheitstest“ besteht. Viel spekuliert wird hinter den Kulissen, was da in der anstehenden konstituierenden Fraktionssitzung passiert. Öffentlich schweigen die Christdemokraten bis nach der Sitzung am morgigen Montag. Mal abwarten, wie der Tenor der ersten Personalnachricht dann lautet: Die bisherige Fraktionsvorsitzende Ursel Nimmrich ist nicht wieder angetreten, ist wiedergewählt worden oder hat eine Kampfabstimmung verloren? In jedem Fall, so ist im politischen Leer nicht zu überhören, sondiert der Stadtverbandsvorsitzende Michael Weber das Terrain hinsichtlich einer mehrheitliche Zustimmung für seine Kandidatur als Fraktionschef intensiv. Lassen wir uns überraschen, wer am Ende antritt und dann auch die Abstimmung gewinnt. Für die Stadt und die Bürger wäre es jedenfalls das Beste, wenn sich die Christdemokraten – wie auch immer – wieder einiger werden. Personellen „Salat“ mit Rücktritten hat es genug gegeben. Und die Quittung durch die Wählerinnen und Wähler auch. Es ist Zeit für einen geschlossenen CDU-Neuanfang im neuen Rat – als dann künftig fraktionell größter Gedankenlieferant im Wettstreit mit „Bürgermeister-Horst-Unterstützungsbündnis Rot-Grün“ kann das nicht schaden…

 Digitaltipp der Woche: www.suedliches-ostfriesland.de

Wie jeden Sonntag, zum Abschluss auch heute ein Tipp für das Surfen in der digitalen Welt. Wer mal wissen möchte, wie sich die ostfriesisch Heimat für Fremde präsentiert, der klickt sich bei www.suedliches-ostfriesland.de rein. Das Ergebnis fällt eindeutig aus: Das „platte Land“ hat echt viel zu bieten…

Munter holln … und dann bis spätestens nächsten Sonntag. Und noch ein Tipp: Wer keine Nachrichten – auch unter der Woche – aus meiner Feder verpassen will, der sollte bei Facebook #hartwigamsonntag liken. Das war´s erstmal für heute…HH

Holger HartwigAufgeschnappt – 10. Oktober 2021