Bloem: Karriere in Hannover? Vor Verantwortung bin ich noch nie zurückgeschreckt

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„Auf einen Tee mit…“ – Heute: Nico Bloem, neuer Landtagsabgeordneter aus dem Kreis Leer

WEENER/HANNOVER Die ersten Wochen in Hannover und der damit verbundene Wechsel von der Aufgabe als Betriebsratschef der Meyer Werft zum Abgeordneten im Landtag liegen hinter ihm. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht Nico Bloem (SPD) über seine ersten Eindrücke, sein Selbstverständnis als Berufspolitiker und die wichtigsten Ziele in den kommenden fünf Jahren. Zudem äußert sich der Rheiderländer, der gelernter Schiffbauer ist und auf kommunaler Ebene im Kreistag und in der Stadt Weener Politik macht, zu den Fußstapfen seiner Vorgängerin Johanne Modder, seinen Karrierezielen und zur Fußball-WM in Katar.

 Wenn mir jemand am Ende der Schulzeit gesagt hätte, dass ich Berufspolitiker werde, dann …

… hätte ich diesen Menschen für verrückt erklärt. Das war für mich wirklich nicht vorstellbar. Heute bin ich für diese Aufgabe dankbar und freue mich auf jeden Arbeitstag.

 Als ich das erste Mal auf meinen Stuhl im Landtag Platz genommen habe, ging mir durch den Kopf…

Sehr viel. Das war ein sehr bewegender Moment mit einer Mischung aus Freude, Dankbarkeit und zusätzlicher Motivation.

 Mein (politisches) Vorbild ist…

… mein Vater. Er ist Maurer und hat mir von Kindesbeinen deutlich gemacht, dass ich nie vergessen soll, wo ich herkomme. Von ihm habe ich mit auf den Weg bekommen, dass ich mich für soziale Gerechtigkeit und Respekt im Umgang miteinander einsetze. Dabei habe ich mir nie denken können – und er sicherlich auch nicht – dass ich das einmal als Berufspolitiker mache. Mich hat dieses Denken früh motiviert und die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und mich für Generationengerechtigkeit einzusetzen sind seit meiner Zeit als Jugendvertreter, Betriebsratsvorsitzender auf der Werft und dem Beginn meines politischen Engagements eine Herzensangelegenheit.

 Berufspolitiker zu sein, bedeutet für mich…

… in eine neue Welt zu kommen, andere Sichtweisen zu erhalten, Verantwortung zu übernehmen und mich für die Menschen einzusetzen. Es ist eine Ehre und Motivation zugleich.

Für den Kreis Leer im Landtag zu sitzen, bedeutet für mich …

…  mich für die Region auf Landesebene stark zu machen und dazu beizutragen, dass von Hannover aus die Menschen, die hier das Leben gestalten, Unterstützung bekommen und der Kreis vorankommt. Alle Entscheidungen, die wir im Landtag treffen, haben Auwirkungen auf meine Heimat. Es geht darum, Zukunftssicherung zu schaffen und eine gute finanzielle Ausstattung zu sichern.

Die großen Fußstapfen meiner direkten Vorgängerin Johanne Modder sind…

… in der Tat groß. Ihre Arbeit für die Region und der Fraktion hat viele Spuren hinterlassen. Das verdient Respekt. Ich setzte meine eigenen, neuen Fußstapfen. Wir sind verschieden Typen. Ich habe eine andere Persönlichkeit. Ganz ehrlich: Ich mag solche Vergleich nicht so gerne.

Politik in Hannover und Politik im Rheiderland auf kommunaler Ebenen unterscheidet sich durch…

… in vieler Hinsicht wenig, aber doch schon entscheidend. Die Abläufe sind enger getaktet, alles ist größer, es geht um zukunftsweisende Landesthemen, die Auswirkungen auf die Region haben und auch um höhere Summen. Dennoch hängt alles in Hannover auch unmittelbar mit den Aufgaben vor Ort zusammen. Ich bin überzeugt, dass die Erfahrungen aus meiner Arbeit in den kommunalen Ämtern auf Kreisebene und in Weener wichtig sind für alle Diskussionen und Entscheidungen in Hannover.

Über meine Mitstreiter in Hannover aus dem Kreis Leer denke ich…

… nur Gutes. Mit den Grünen sind wir Regierungspartner. Im politischen Geschäft geht es um Respekt im Miteinander. Letztlich verfolgen wir ein gemeinsames Ziel: Wir wollen die Region nach vorne bringen. Ein konsequenter Austausch ist für mich dafür zieflührend und selbstverständlich..

2027 nach fünf Jahren im Landtag möchte ich sagen können, dass …

… ich mein Versprechen, die starke Stimme der Region zu sein, eingehalten habe. Ich hoffe, dass die Menschen dann sagen: Wir haben mit seiner Wahl alles richtig gemacht und für mich in der Landeshauptstadt die nächsten fünf Jahre folgen.

Wenn ich mir für die  Zukunft eine bedeutsame Position für das Land in Hannover wünsche könnte, dann würde ich gerne…

(lacht). So etwas kann man nicht planen. Ich werde gute Arbeit machen und auf dem Boden bleiben. Was sich dann ergibt? Das wird sich zeigen. Ich habe keine Glaskugel. Soviel kann ich sagen: Vor Verantwortung bin ich noch nie zurückschreckt.

Wenn ich an meine Zeit als Betriebsratschef bei der Meyer Werft, denke, dann …

… blicke ich Demut zurück und bin rückblickend dankbar für den Rückhalt der Kolleginnen  und Kollegen. Ich würde alles wieder so machen. Na ja, in den ersten Zeiten hätte ich vielleicht hin und wieder mal etwas länger nachdenken sollen – aber nur in den allerersten Wochen. Ich denke es ist wichtig, in dieser Aufgabe klare Positionen zu beziehen.

 Mein größter bisheriger Erfolg ist…

… den Stellenabbau in dem geplante Ausmaß auf der Werft verhindert zu haben. Wir haben es geschafft, dass nicht eine rechtskräftige Kündigung ausgesprochen wurde.

 Meine größte Fehlleistung bisher ist….

… mir sicherlich tendenziell immer zu wenig Zeit für meine Frau und die Freunde genommen zu haben, d.h. mir waren Termine manchmal zu wichtig und ich habe das private Umfeld zu weit hintenan gestellt. Ehrgeiz und Pflichtbewusstsein sind halt immer da – umso dankbarer bin ich für den Rückhalt zuhause.

 Politiker in Zeiten von Corona und Krieg zu sein ist…

… schwierig. Es ist eine große Verantwortung. Es ist extrem wichtig, dass die Menschen spüren, dass der Politiker weiß, was seine Aufgabe ist: sich für die Menschen und ihre Herausforderungen zu engagieren und gute Lösungen zu finden.

Die Tatsache, dass die Fertigstellung der Friesenbrücke erst fast zehn Jahre nach der Beschädigung erfolgt, ist für mich…

… unbegreiflich und macht mich wütend.

 Die SPD ist meine politische Heimat, weil…

…die Partei für Arbeitnehmer und soziale Gerechtigkeit steht. Wir müssen es schaffen, dass wir wieder zum alten Profil der SPD zurückfinden.

Wenn ich mir ein großes Projekt für die Region wünschen könnte, dann…

… ist es, dass die Bahnlinie „Wonderline“ endlich den Dienst aufnehmen kann. Der Ausbau des ÖPNV- für den ländlichen Raum ist für mich wichtig und wir sollten mehr Bürgerwindparks mit Blick auf den Klimawandel auf den Weg bringen.

Über die WM in Katar denke ich…

… vieles. Aber nur negatives. Das Turnier in dieses Land zugeben, war ein schlimmer Fehler und es unverständlich, dass dieser nicht rechtzeitig korrigiert wurde. Trotzdem drücke ich der Nationalelf die Daumen und schaue auch die Spiele der Nationalmannschaft,denn die Spieler können nichts dafür. Doch: Selbst wenn die DFB-Elf sportlich den Titel holt, bleibt der Schatten riesengroß.

 Joggen bedeutet für mich…

… den Kopf frei zu bekommen und zu entspannen.

 Mein Lebensmotto ist…

…niemals aufgeben.

Mein Lieblingsplatz im Kreis Leer ist…

 … der alte Hafen in Weener und natürlich mein Zuhause.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

…Ungerechtigkeit.

Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler sein könnte, dann würde ich gerne…

… für eine Sicherung aller Arbeitsplätze sorgen und vernünftigen Lohn ermöglichen, von dem jeder sein Leben finanzieren kann.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir..

… mehr soziale Gerechtigkeit, jeder von seiner Arbeit leben kann und dass wir für ein gutes Leben aller sorgen vom Kind auf bis ins hohe Alter.

Mit 28 Jahren vertritt er die Interessen der Menschen aus dem Kreis Leer im Landtag in Hannover: Nico Bloem (SPD). / Foto: privat

Holger HartwigBloem: Karriere in Hannover? Vor Verantwortung bin ich noch nie zurückgeschreckt