LEER Die Breitband-Offensive im Kreis Leer geht 2022 in die nächste Runde. Mit einem Aufwand von 82 Millionen Euro werden weitere etwa 6.000 Haushalte und 1.000 Gewerbetreibende in Regionen des Kreisgebietes, die sonst nicht wirtschaftlich durch einen Betreiber mit Leitungen versorgt würden, per Glasfaser an das schnelle Internet angeschlossen. Und: Für die Immobilieneigentümer ist der Anschluss bis zur Haustür kostenfrei. Gleichzeitig besteht weiterhin die freie Wahl, welcher Anbieter für die Bereitstellung der Datenübertragung gewählt wird. Wie ist es zu den etwa 500 Ausbaugebiete gekommen? Warum werden durch Bund, Land und die Kommunen insgesamt etwa 62 Millionen Euro der Ausbaukosten übernommen? Wer nimmt den Ausbau vor? Nachfolgend dazu die Erläuterungen des Kreises Leer.
Welche Gebiete bekommen den geförderten Ausbau?
Straßen und Gewerbegebiete, in denen eine Unterversorgung (Datenleitung < 30 MBit/s ) vorliegt und wo sich gemäß Markterkundung kein Telekommunikationsunternehmen bereit erklärt, auf eigenwirtschaftlicher Basis eine Versorgung vorzunehmen. In diesen Fällen liegt ein sog. Marktversagen vor, um welches sich die öffentliche Hand unter Zuhilfenahme von Förderkulissen kümmert. Der Landkreis Leer und seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden tun dies unter den jeweils aktuellen Förderkulissen seit 2009.
Wie wurden die Ausbaugebiete festgelegt?
Die Ausbaugebiete werden vom Kreis in enger Abstimmung mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden festgelegt. Zudem hatten die Bürger im Vorfeld die Möglichkeit, ihre „Unterversorgung“ beim Landkreis „vorzumerken“. Aufgrund von förder- und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben musste die Ausbauplanung wie auch die Beantragung der Fördermittel und die Vergabe für das zweite große Breitbandprojekt in 14 getrennte Verfahren (eines für private unterversorgte Adressen (ca. 6.000) und dreizehn für Adressen in Gewerbe- und Industriegebieten (ca. 1.000) gesplittet werden.
Wie wird der steuerliche Zuschussbedarf ermittelt?
Für die festgelegten Gebiete wurden Förderanträge bei Bund und Land gestellt und das notwendige EU-weite Auswahlverfahren gestartet. Im ersten Schritt wurden auf Basis der ausgewerteten Markterkundung über einen bundesseitig hinterlegten Algorithmus das zu erwartende Investitionsvolumen und die voraussichtliche Wirtschaftlichkeitslücke durch den Bund automatisiert errechnet und auf dieser Grundlage die vorläufigen Förderungen in Aussicht gestellt.
In der Folge wurde die tatsächliche aufgerufene Wirtschaftlichkeitslücke über ein vergaberechtlich konformes EU-weites Auswahlverfahren ermittelt.Auf dieser Basis konnten dann in einem weiteren Schritt die verbindlichen Förderzusagen von Bund und Land beantragt und eingeworben werden.
Auf Grundlage der der Ausschreibung zugrunde gelegten Wertungsmatrix obsiegte das Angebot der EWE TEL GmbH, das für den Ausbau aller in Rede stehenden Adressen eine Wirtschaftlichkeitslücke in Höhe von 62.068.242 Euro aufruft und nun bezuschlagt werden soll. Bei Investitionskosten von ca. 82 Mio. € übernimmt die EWE selbst 20 Mio. €. Von der aufzubringenden Wirtschaftlichkeitslücke (62 Mio. €) übernimmt das Land 25 % (15,5 Mio. €).Der Bund finanziert mit 37 Mio. € knapp 60 %. Landkreis und kreisangehörige Kommunen zusammen leisten (je zur Hälfte) mit 9,5 Mio. € die verbleibenden 15 %.
Wer prüft wann die Verwendung der Förderzuschüsse?
Gemäß der Förderbedingungen ist festgelegt, dass nach einem Zeitraum von sieben Jahren nach Fertigstellung des Netzes geprüft wird, ob die Bemessungsgrundlage der Zuwendung (also die Höhe der Wirtschaftlichkeitslücke) in ihrer Höhe gerechtfertigt war. Gemäß der Förderrichtlinie ist dann unter Umständen auch eine Rückforderung geleisteter Förderung vorzunehmen.
Hätte der Kreis den Ausbau auch selbst als Betreiber gemeinsam mit den Kommunen machen können?
Ja. Der geförderte Ausbau kann per Betreibermodell oder per Wirtschaftlichkeitslückenmodell stattfinden. Dazu heißt es vom Kreis:
Welches der Modelle geeignet ist, ist von der jeweiligen lokalen Ausgangslage (z. B. den bereits bestehenden Netzstrukturen) in einem Landkreis abhängig. Vor dem ersten geförderten Glasfaserausbau hat der Landkreis Leer in 2017 – als Voraussetzung für die Förderungen – eine Szenario- und Sensitivitätsanalyse beauftragt, um passgenau festzustellen, welches Modell für den Landkreis Leer das geeignete ist. Die Analyse zeigte deutlich das Modell der Wirtschaftlichkeitslücke als wirtschaftlicher für die hiesigen Gegebenheiten auf. Die auf Basis der Szenario- und Sensitivitätsanalyse getroffene Entscheidung wurde auch seitens der Fördermittelgeber mitgetragen.Nachdem das erste Ausbauprojekt im Rahmen der grundsätzlichen Entscheidung für das Wirtschaftlichkeitslückenmodell gebaut wurde, war die Weichenstellung für das jetzige Folgeprojekt bereits klar und wurde 2018 nochmals manifestiert.
Wie geht es jetzt weiter?
Bei dem jetzigen geförderten Ausbau, den die EWE TEL GmbH vornimmt, werden – wie beim ersten Projekt auch -Glasfaseranschlüsse bis ins Gebäude verlegt. Jeder Adressat innerhalb der aktuellen Ausbaugebiete (im Detail hier zu finden, auf dem Foto oben die gelben Flächen) kann sich während der Ausbauphase kostenlos einen Hausanschluss legen lassen.
Es ist damit nach Darstellungen des Kreis Leer keinerlei Verpflichtung zum Abschluss eines entsprechenden Produktvertrags bei der EWE TEL GmbH verbunden. Der geförderte Ausbau müsse zwingend per „open access“ erfolgen. Dies bedeutet, dass sich jedes andere Telekommunikationsunternehmen auf diesem der EWE Tel gehörenden Netz zu Vorleistungspreisen einmieten darf. Diese Preise sind bereits im Vorfeld von der Bundesnetzagentur genehmigt und entsprechend marktgerecht. Hier ist anzumerken, dass dieses Prinzip auch heute schon Anwendung findet, da sich die Telekommunikationsunternehmen auch für DSL-Produkte auf der Kupferleitung der Telekom einmieten.
- Lesen Sie dazu auch die Kolumne Breitbandoffensive im Kreis Leer: Doppelter Glücksfall für den Steuerzahler