5. Konzert des Vereins Junger Kaufleute 2023/24: Eric LeSage und Olivier Latry überzeugen
Von Barbara Fischer*
LEER Mond, Seele, Liebeszauber, Herzeleid, Wald und Nachtigall – und fertig ist die Romantik. Die lässt sich natürlich nicht auf diese wenigen Begriffe beschränken, doch im Kern trafen sie den Inhalt von ganzen 29 (Kunst-)Liedern, an denen außer 18 Dichter/-innen noch drei Komponisten beteiligt waren, sowie Mojca Erdmann (Sopran) und Malcolm Martineau (Klavier) als Interpreten. Ein Liederabend ist an sich nichts Ungewöhnliches, doch ein „bunter“ Abend wie dieser, sprengte den Rahmen des Hergebrachten, und damit setzte der Verein junger Kaufleute in Leer auch im fünften Konzert der Saison die Reihe besonderer Hörerlebnisse fort.
Mit ebenbürtiger Ausdrucksstärke, Delikatesse, sowohl in der Behandlung einer warmen, vollen Stimme wie im Pianistischen schütteten die beiden Künstler ein wahres Füllhorn mit selten gehörten Preziosen aus der Romantik aus. Allesamt sehr kurz, jeweils wenige Zeilen unbekannter Texte von Elisabeth Kulmann, Titus Ullrich, Franz Kugler, Gottfried Kinkel oder anderen umfassend, mit angemessenen Vor- und Nachspielen von Robert und Clara Schumann, Johannes Brahms dann in klingende Form gebracht, ergaben sie farbige Mosaiksteinchen, die sich im Großen zu einem vielfarbigen Bild der Empfindungswelt des 19. Jahrhunderts zusammenfügten.
Das Kunststück, alle drei Minuten ein völlig neues Kolorit in Klang und Stimmung zu treffen, war für die beiden Interpreten ein müheloses Unterfangen. Mit Erdmann und Martineau traten zwei Routiniers mit jahrzehntelanger Bühnenerfahrung auf, deren selbstbewusste Ruhe, Gelassenheit, Könnerschaft ins Publikum hineinstrahlten und vermittelten: hier kann man ganz entspannt zuhören, denn jeder Ton wird an seinem Platz sein und jede Feinheit auf den Punkt abgerufen werden. Durchaus mit Empathie, dabei in sehr gepflegtem, ausgefeilten Stil, doch in Distanziertheit zum Publikum und ohne Hang zu experimenteller Interpretation, die den steten Fluss gediegener Klangerlebnisse durchbrochen hätte, reihten sie die Lieder wie eine Perlenkette aneinander. Ein angenehmer Kunstgenuss; aber keines davon trug man im Ohr mit nach Hause, eher die Erinnerung an besonders schöne Töne des Instrumentes Stimme, eindrückliche Klavierpassagen, effektvolle Momente. Einzige Ausnahme: die Zugabe. „Guten Abend, gut‘ Nacht“, das konnte wirklich jeder mitsingen. Heimlich versteht sich, um die Schönheit auf, bzw. von der Bühne nicht zu stören.
Foto: Fabian Engel/ VJK
* Hinweis: Diese Konzertkritik wird auf Hartwig am Sonntag veröffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein unter www.vjk-leer.de